10.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 199 / Tagesordnungspunkt I.14

Esther DilcherSPD - Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen Geld in die Hand, auch im Haushalt der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. In unserem Haushalt geht es nicht vorrangig um die Bekämpfung der Pandemie. Und – die Justizministerin hat bereits einige Schwerpunkte genannt – wir haben Geld in die Hand genommen, um überwiegend unseren Rechtsstaat zu stärken.

Die Digitalisierung der Justiz – die Kolleginnen und Kollegen haben auch schon darauf hingewiesen – wird weiter ausgebaut. Ich möchte noch mal betonen, dass wir auch Geld für Forschung investieren, um Bürgerinnen und Bürgern einen digitalen und schnelleren Zugang zu den Dienstleistungen der Gerichte zu schaffen; das ist uns 1,4 Millionen Euro wert.

Auf die Marktwächter ist auch schon eingegangen worden. Ich möchte nur noch dem Kollegen Gehring und Ihnen mal vorrechnen: Wir hatten den Ansatz für den Verbraucherzentrale Bundesverband ursprünglich um 600 000 Euro gekürzt, haben dann aber über 840 000 Euro für Projekte dazugegeben. Also, wer rechnen kann, ist klar im Vorteil: Das ist ein Zuwachs von über 200 000 Euro.

(Beifall bei der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber institutionell eben nicht!)

Gewalt gegen Frauen geschieht täglich. Diese Situation hat sich in der Pandemie weiter zugespitzt. Die Frauenhäuser platzen aus allen Nähten. Bis die Frauen ihr häusliches Gewaltumfeld verlassen, sind sie Opfer vielfacher Übergriffe geworden. Aus Scham und aus Beweisnot werden die Täter aber oft nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Hier nehmen wir – auch darauf ist schon hingewiesen worden – 1,7 Millionen Euro in die Hand, um ein Werkzeug zur Sicherung von Beweisen und für eine integrierte Notruffunktion zu entwickeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in einem gut funktionierenden Rechtsstaat müssen Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.

Die Ministerin hat auch bereits auf einen weiteren Schwerpunkt hingewiesen, nämlich die Stärkung der Zivilgesellschaft gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus. Dafür erhält zum Beispiel die Amadeu-Antonio-Stiftung 250 000 Euro.

(Beatrix von Storch [AfD]: Stasi-Stiftung!)

Sie ist benannt nach einem der ersten Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990. Gefördert wird diese Stiftung auch durch das BMFSFJ im Rahmen von „Demokratie Leben!“.

(Beifall bei der SPD)

Es ist wichtiger denn je, Zivilgesellschaft zu stärken und Rechtsextremisten mit ihrer Ideologie keinen Raum in unserer Gesellschaft zu geben und – ganz wichtig! – rechtsextremen Äußerungen und Aktionen gegenüber Widerstand zu leisten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])

Rechtsextremisten dürfen nicht abtauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie dürfen sich hier mit ihrer Ideologie und ihren Agitationen nicht heimisch fühlen. Ich erwähne das deshalb, weil ich dazu ein ganz neues Beispiel aus meinem Wahlkreis habe. Dort sind mutige Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde Wesertal im Norden meines Wahlkreises mit circa 500 000 Einwohnern aktiv geworden. Sie organisieren sich und werben ganz offensiv damit: „Wesertal ist bunt“. Dort hat sich nämlich kürzlich der bereits zweimal rechtskräftig wegen Volksverhetzung und Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda verurteilte Meinolf Schönborn in einem Hotelkomplex niedergelassen.

Wir werden nicht einfach hinnehmen, dass er dort, abgelegen in einem Waldgrundstück, seine bisherigen Tätigkeiten fortführt: Vertrieb seiner rechtsextremen Zeitung „Recht und Wahrheit“, eventuell Aufbau einer Druckerei für rechtsextremistisches Propagandamaterial und Schulungsveranstaltungen. Wir machen es diesen Ideologen ungemütlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Danke nach Wesertal – ich habe es versprochen – für dieses bürgerschaftliche Engagement.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das werden mein Landtagskollege Oliver Ulloth und ich auch weiterhin unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss möchte ich auch auf eine Begebenheit aus meinem Wahlkreis hinweisen. Wir erinnern uns alle an Dr. Walter Lübcke. Er hatte den Mut, rechtsextremen Äußerungen und Anfeindungen von Flüchtlingen entgegenzutreten, wofür er mit seinem Leben bezahlen musste. Aber sein Mut und seine christliche Überzeugung ist vielen anderen Vorbild geworden. Der Strafprozess läuft, und der Rechtsstaat funktioniert. Die Familie tritt dort als Nebenkläger auf, und ich wünsche Frau Braun-Lübcke sowie den Söhnen von hier aus weiterhin viel Kraft und hoffe, dass ihre Fragen von den Angeklagten endlich wahrheitsgemäß beantwortet werden. Das ist auch ein Zeichen, wie wir Zivilgesellschaft stärken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dilcher. – Als nächster Redner erhält das Wort Stephan Brandner, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7489328
Wahlperiode 19
Sitzung 199
Tagesordnungspunkt Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht
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