Bettina Stark-WatzingerFDP - Haushaltsgesetz 2021
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Gleich zu Beginn: Man lernt ja nie aus. Ich habe in diesem Haushaltsjahr den Herdenschutzesel kennengelernt, den wir fördern.
(Heiterkeit des Abg. Otto Fricke [FDP])
Ich würde mich aber noch mehr freuen, wenn wir diesen Herdenschutzesel nicht nur gegen Wolfsangriffe nutzen würden, sondern wenn wir ihn gegen Angriffe von Minister Scholz auf unseren Haushalt nutzen würden. Dann hätte er nämlich wirklich einen Sinn.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deutschland befindet sich in einer Notsituation, das ist unbestritten. Der Staat musste schnell handeln, er musste eine Brücke bauen. Aber das entbindet Sie, liebe Bundesregierung, nicht von der Verpflichtung, in der Notsituation die Maßnahmen – nur für die wirklichen Ausnahmetatbestände – auf das Nötigste zu reduzieren – zur Bekämpfung der Pandemie – und alle Konsolidierungskräfte auszuschöpfen.
Über 70 Milliarden Euro haben Sie, Herr Scholz, im Haushalt geparkt, davon allein 22 Milliarden Euro Ausgabenreste. Statt diese Milliarden zu nutzen, schreiben Sie lieber ungedeckte Schecks auf die Zukunft derer, die heute noch keine Stimme haben. Das ist falsch, Herr Minister.
(Beifall bei der FDP)
Der Fraktionsvorsitzende der Union, Ralph Brinkhaus, hat bei der Einbringung des Haushalts gesagt: Wir werden uns einer Ausgabenkritik stellen müssen. – In über 1 000 Änderungsanträgen wurden praktisch keine substanziellen Einsparpotenziale vorgelegt: Herr Brinkhaus, ein bisschen mehr Durchsetzungsvermögen hätte ich Ihnen in dieser Koalition schon zugetraut.
Alle Kritik am Haushalt bezeichnen Sie als „Kaputtsparen“. Dabei hat Ihr Haushalt eine Schlagseite. Nur 4 Prozent werden in Bildung und Forschung eingesetzt. In 2021 werden unter 30 Millionen – nicht Milliarden – Euro ins Mobilfunknetz gesteckt und weniger als 450 Millionen Euro in den Giganetzausbau. Hubertus Heil gibt an einem Tag mehr aus als die Bundesregierung im ganzen Jahr für den digitalen Ausbau.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist auch gut so! Wir haben 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner!)
Das ist kein Ausdruck von Zukunftsfähigkeit. Die Leidtragenden sind die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Regionen, in den strukturschwachen Regionen. Und das ist falsch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nicht das eine gegen das andere ausspielen, Frau Kollegin!)
Mit der Begründung der fehlenden Investitionsmöglichkeiten – dahinter steckt aber mehr – soll die Schuldenbremse aufgelöst werden, weil sie Investitionen verhindert. Seit Einführung der Schuldenbremse sind Investitionen, zumindest die, die im Haushalt stehen, aber gestiegen. Die Milliarden fließen aber nicht ab. Ob die A 49 in Hessen, ob die Fehrmanbeltquerung
(Zurufe von der CDU/CSU sowie von Abgeordneten der AfD: Fehmarnbeltquerung!)
– Fehmarnbeltquerung, danke schön –,
(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: So viel Zeit muss sein!)
unser Planungsrecht ist für eines nicht geeignet: Es ist nicht geeignet, Projekte zu fördern, es ist nur geeignet, Projekte zu verhindern, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Sie fordern lautstark öffentliche Investitionen, vernachlässigen dabei aber private Investitionen. Dabei kommen von 10 investierten Euro in Deutschland, ob in Bildung, ob in Infrastruktur, ob in Arbeitsplätze, 9 Euro aus dem privaten Bereich. Die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands hängt vor allen Dingen von den privaten Investitionen ab.
(Beifall bei der FDP)
Deshalb ist es genau richtig, jetzt zu entlasten. Und genau deshalb wollen wir die Menschen und die Unternehmen um 36 Milliarden Euro entlasten. Das sind keine Unternehmer, die im Liegestuhl liegen, wie sich die SPD das vorstellt, oder die mordenden Unternehmer im „Tatort“,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Den „Tatort“ anzugreifen, ist keine gute Idee!)
sondern das sind die Mittelständler, die in strukturschwachen Gebieten Arbeitsplätze schaffen oder zu erhalten versuchen; und die müssen entlastet werden.
(Beifall bei der FDP)
Was mir aber noch mehr Sorge macht, ist die mittelfristige Finanzplanung für die nächsten Jahre, also nach 2021; denn schon vor Corona lagen die Ausgabewünsche der Großen Koalition über den Einnahmen, die Sie prognostiziert haben. Man kann jetzt fragen: Wie wollen Sie das Problem lösen? Ich glaube – das ist ja schon von der SPD ins Spiel gebracht worden –, Sie werden die Steuern erhöhen. Ich glaube, das wäre Gift für die Menschen, das wäre Gift für die Heilungskräfte in unserem Land. Man kann das ja politisch ins Spiel bringen, aber dann muss man es auch vor der Wahl und bei der Einbringung des Haushaltsplans ehrlich sagen.
(Dennis Rohde [SPD]: Wie wollen Sie denn die 80 Milliarden nächstes Jahr finanzieren, die Sie jetzt verschenken? Wie wollen Sie denn für 2022 einen Haushalt aufstellen?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie haben, wenn Sie diesem Haushalt zustimmen, diesen Steuererhöhungen dann auch schon zugestimmt.
Ich komme zum Ende. Die finanzielle Größe eines Haushalts sagt nichts darüber aus, ob er die Größe hat, die Herausforderungen, die vor uns liegen – Digitalisierung, Demografie und Klimawandel –, auch zu stemmen. Statt sich in der Höhe der Ausgaben, die Sie tätigen, zu sonnen, brauchen wir eine gezielte Entlastung für Wachstum, treffsichere Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen, zum Beispiel negative Gewinnsteuer oder Unternehmerlohn, und wir brauchen effizienten Schutz von Risikogruppen.
Es geht anders. Wir haben einen Gegenentwurf vorgelegt: die Hälfte der Neuverschuldung bei gleichzeitiger Entlastung.
(Dennis Rohde [SPD]: Wie machen Sie das 22?)
Jeder Euro, den wir ausgeben, den die Große Koalition ausgibt, der muss verdient werden. Geben wir den Menschen, die diese Euros verdienen müssen, eine Stimme in diesem Bundestag!
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort geht an Herrn Dr. André Berghegger von der CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7489463 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 200 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2021 |