11.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 200 / Tagesordnungspunkt III

Sebastian BrehmCDU/CSU - Haushaltsgesetz 2021

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verabschieden heute einen der wohl wichtigsten Haushalte in der jüngeren bundesdeutschen Geschichte, neben dem Haushalt zur Finanzkrise zum Beispiel oder dem zur deutschen Wiedervereinigung. Auch dort ging es darum, künftige Weichenstellungen, die in ihrem ganzen Ausmaß noch nicht abzusehen waren, zu beschließen. Und dies gilt auch heute.

Wir befinden uns nach wie vor in einer ernsten Krisensituation, gerade in diesen Tagen. Seit Beginn der Pandemie arbeiten wir unermüdlich mit voller Konzentration und Sorgfalt an der Lösung der großen Herausforderungen, und wir werden dies auch mit aller Kraft weiter tun. Lassen Sie mich drei Punkte ansprechen, die mich im Zusammenhang mit dem Haushalt 2021 bewegen:

Erstens. Dieser Punkt ist etwas allgemeiner. Unser Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus hat am 26. November dieses Jahres zutreffend formuliert: Führung bedeutet eben auch, den anderen etwas zumuten zu können. – Wir haben natürlich versucht, haushalts- und finanzpolitisch unter den gegebenen Umständen das Beste möglich zu machen. Manche Wünsche wurden erfüllt, manche Wünsche konnten aber leider nicht erfüllt werden. Und so ist es auch bei unseren Hilfsmaßnahmen: Das bedeutet, sich diese jeden Tag mit aller Sorgfalt anzusehen, nachzusteuern, zu verbessern, gegebenenfalls auch Fehler zu korrigieren. Wir übernehmen Verantwortung in dieser Zeit wie in keinem anderen Land dieser Erde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Betrachtet man einen Staat wirtschaftlich für sich alleine, gibt es aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zwei Möglichkeiten, eine Krise zu kontrollieren: Die erste ist monetär, also geldpolitisch, und die zweite ist fiskalisch, also haushalts- und steuerpolitisch. Im Bereich der Geldpolitik haben wir nur begrenzte Möglichkeiten, unsere Wünsche zu äußern. Das ist gut und richtig; denn die Zentralbank ist unabhängig.

Den Bereich Haushalt und Finanzen haben wir aber fest in unseren Händen. Der Haushaltsausschuss hat in diesem Jahr mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine unglaubliche Arbeit geleistet und hat den Regierungsentwurf noch mal um 85,2 Milliarden Euro aufgestockt. Die Gesamtausgaben des Bundes belaufen sich somit auf knapp 500 Milliarden Euro.

Um diesen fiskalischen Kraftakt zu stemmen, müssen wir knapp 180 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Die Schuldenquote nach den Maastrichter Kriterien steigt von 60 Prozent auf 71 Prozent. Im Vergleich dazu lag sie nach der Krise im Jahr 2008 bei 80 Prozent. Man kann mit Fug und Recht sagen: Die Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren mit der schwarzen Null getroffen haben, waren wichtig für eine solide Haushaltsführung, und deswegen haben wir jetzt die Möglichkeiten zur Verfügung. Wir müssen aber die schwarze Null weiter fest im Auge behalten. Wir müssen sie ab 2022 wieder in den Blick nehmen, und darüber müssen wir hart diskutieren.

Die Schwerpunkte im Haushalt zeigen aber auch eine klare Handschrift. Wir helfen kurzfristig, aber wir investieren mittel- und langfristig. Kurzfristig helfen wir mit 39,5 Milliarden Euro für die Überbrückungshilfe III, mit den November- und Dezemberhilfen. Es gibt ein großes Hilfspaket: 35 Milliarden Euro für den Covid-19-Vorsorgetitel, das KfW-Sonderprogramm, die Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit zur Finanzierung des Kurzarbeitergeldes.

Im mittel- und langfristigen Bereich treffen wir wichtige Entscheidungen mit 35 Milliarden Euro beim Etat für Gesundheit, zum Beispiel um die Krankenhäuser leistungsfähiger zu machen, neue Impfstoffe zu beschaffen oder auch neue Medikamente gegen Covid-19 zu entwickeln. Wir entlasten die Kommunen, damit weiteres Investitionspotenzial dort verbleibt.

Der Haushaltsausschuss hat die bislang höchsten Investitionen in diesem Haushalt angelegt. Mit 61,8 Milliarden Euro setzt der Staat so starke Investitionspotenziale wie noch nie zuvor:

(Otto Fricke [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

Klimaschutz, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Investitionen in Bildung oder unsere Wasserstoffstrategie, Investitionen in den Strukturwandel. Wir müssen für die Zukunft noch mehr in die Ressourcen Mensch und Wissen in Deutschland investieren. Das ist übrigens eine große Chance dieses Haushaltes, und die nutzen wir.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens. Dieser Punkt ist für mich entscheidend: Wie soll es in Zukunft weitergehen? Wie kommen wir gestärkt aus der Krise? Das wurde während der ganzen Woche schon an vielen Stellen betont, und ich will es noch einmal doppelt unterstreichen: Wenn wir die Krise langfristig meistern wollen, schaffen wir das nur durch Wachstum. Wachstum schafft und sichert Arbeitsplätze. Wachstum führt zu mehr Steuern, und Wachstum führt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. Wachstum erreichen wir aber nicht mit mehr Bürokratie, mit mehr Kontrollen, mit mehr Misstrauen oder mit mehr Steuern. Ich nenne hier die Forderung nach einer Vermögensteuer oder einer Vermögensabgabe. Das ist genau die falsche Richtung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wir brauchen, ist ein Belastungsmoratorium für die Wirtschaft. Vor allem brauchen wir Vertrauen für die Wirtschaft und für die in der Wirtschaft Tätigen. Was wir aber auch brauchen, ist eine dringende Reform der Unternehmensbesteuerung in Deutschland, und hier haben wir als CDU/CSU-Fraktion ein Papier vorgelegt, das genau die Maßnahmen benennt: Maximalbelastung für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, in Höhe von 25 Prozent, damit Investitionen angestoßen werden können, damit investiert werden kann in die Zukunft.

Wir schaffen damit auch mehr Liquidität für die Bekämpfung des Klimawandels, für Digitalisierung und andere Fragen. Wir brauchen eine Verbesserung des Verlustrücktrages, sodass Unternehmen aus eigener Kraft heraus die Krise meistern können. Lieber Herr Kollege Scholz, ich weiß nicht, warum Sie das nicht mit eingebracht haben. Im Februar haben Sie anlässlich einer Veranstaltung „10 Jahre Hamburger Forum für Unternehmensteuerrecht“ gesagt – ich zitiere –:

Wir beobachten die wirtschaftliche Entwicklung sehr genau, um darüber hinaus auch mit steuerlichen Maßnahmen reagieren zu können, wenn es notwendig ist. Notwendig wird das jedoch erst im Falle eines deutlichen und gravierenden Einbruchs der konjunkturellen Entwicklung.

Wann, wenn nicht jetzt, lieber Herr Bundesfinanzminister? Ich weiß nicht, warum Sie sich in dieser Sache verweigern.

Herr Abgeordneter, haben Sie Lust auf eine Zwischenfrage vom Kollegen Dehm?

Nein, danke.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie sind ein lustloser Mensch!)

Und wenn man diesen Vergleich mit der Vermögensteuer zieht, dann muss man, so glaube ich, auch noch mal den Vergleich mit dem heute viel zitierten Herdenschutzesel und mit den Wölfen machen. Wenn Sie Vermögensteuer und mehr Steuern fordern, dann ist das wie der Wolf, der die Herde bzw. die Substanz der Unternehmen angreift. Wenn der Vermögensteuerwolf um die Herde kreist und immer wieder jemanden rausreißt aus der Herde, dann geht die Herde kaputt. Deshalb brauchen wir mehr steuerliche Herdenschutzesel, die laut aufschreien, wenn der Vermögensteuerwolf und der Steuererhöhungswolf durch die Lande ziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Um im Tierreich zu bleiben – wir haben es auch in dieser Diskussion wieder gesehen –: Es gibt leider auch dümmere Esel als den Herdenschutzesel, obwohl man dem Tier wahrscheinlich Unrecht tut. Aber das Bild passt.

(Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])

Diese dümmeren Esel treiben sich an den dunklen und rechten Rändern der Herde rum. Sie schreien laut, verunsichern die Herde, aber sie bewirken nichts. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herde merkt das. Die Herde braucht einen konzentrierten Herdenschutzesel, der die Herde schützt und der ihr auch Sicherheit gibt.

(Heiterkeit der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wollen das tun, indem wir mit aller Konzentration auch in der Zukunft daran weiterarbeiten.

(Zuruf von der AfD: Mäh!)

Lassen Sie uns die Krise als Chance nutzen – als Chance für mehr Beschäftigung, für mehr Wachstum. Und deswegen lassen Sie uns den Haushalt heute so beschließen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alice Weidel [AfD]: Was für ein Höhepunkt der Haushaltsdebatte!)

Ich gebe das Wort an den Abgeordneten Dehm für eine Kurzintervention.

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7489474
Wahlperiode 19
Sitzung 200
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2021
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