16.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt 3

Sabine DittmarSPD - Aktuelle Stunde zur Umsetzung der Nationalen Impfstrategie COVID-19

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ab heute gilt für uns der harte Lockdown: Schulen, Kitas, Geschäfte und Restaurants, das gesamte Leben wird wieder heruntergefahren, um Corona in den Griff zu kriegen. Der Lockdown trifft uns alle hart in dieser Zeit, wahrscheinlich sogar härter als im Frühjahr. Er ist aber zwingend notwendig, um das sehr dynamische Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bringen. Und deshalb, Herr Podolay, ist Deutschland heute nicht aufs Abstellgleis gestellt worden, vielmehr haben wir heute Maßnahmen ergriffen, um in Zukunft solche Zahlen wie eben heute – 952 Coronatodesfälle, fast 28 000 Neuinfektionen – nicht länger hören und zur Kenntnis nehmen zu müssen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, die europäische Zulassung des ersten Impfstoffes gegen Covid-19 von BioNTech/Pfizer steht unmittelbar bevor, und damit werden wir in der Bekämpfung der Coronapandemie einen wichtigen Schritt vorankommen. Ich freue mich, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur die Prüfung des Impfstoffes am 21. Dezember 2020 abschließen wird. Damit wird – bereits ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie – die weltweit erste reguläre Zulassung eines Coronaimpfstoffes noch vor Weihnachten möglich. Und das, meine Damen und Herren, ist auch ein großer Erfolg für unseren Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland.

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, viele Menschen haben in diesen Tagen auf eine Notzulassung und einen schnelleren Impfstart in Deutschland gedrängt. Aber gerade weil so viel vom Vertrauen in die Impfung abhängt, war und ist es wichtig, die klinischen Daten intensiv und in Gänze zu prüfen und ein reguläres Zulassungsverfahren zu durchlaufen. Das dauert seine Zeit; aber Sicherheit geht vor Schnelligkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Abwarten der europäischen Zulassung ist allerdings nicht alleine eine Frage der Arzneimittelsicherheit. Es ist auch eine Frage der europäischen Zusammenarbeit. Dass der Impfstoff in einem Netzwerk entwickelt wurde, durch die EU-Kommission zentral beschafft und verteilt wird, ist ein großartiger Beweis für die europäische Solidarität.

(Beifall bei der SPD)

Deutschland wird im Januar zunächst 3 Millionen Impfdosen und dann im Laufe des ersten Quartals 11 Millionen Impfdosen – so Stand heute – zur Verfügung haben. Damit können wir, meine Damen und Herren, gut in die Impfstrategie starten. Klar ist aber auch, dass der Impfstoffbedarf in der ersten Phase natürlich wesentlich höher sein wird als die tatsächlich sofort verfügbaren Impfstoffmengen. Aus diesem Grund muss zu Beginn des Impfens entschieden werden, welche Bevölkerungsgruppen als Erstes zu berücksichtigen sind. Ich bin der Meinung: Wir brauchen dazu kein weiteres Gesetzgebungsverfahren.

Das Parlament hat im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz grundsätzliche Vorgaben für die Priorisierung der Impfberechtigten gemacht. Wir haben gesetzlich festgelegt, dass der Anspruch auf die Coronaschutzimpfung insbesondere dann besteht, wenn Personen aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen ein wesentlich höheres Risiko für einen schweren oder einen tödlichen Krankheitsverlauf haben. Gleiches gilt für diejenigen, die Coronapatienten behandeln, betreuen oder pflegen, also Ärzte, medizinisches und vor allem pflegerisches Personal, und Personengruppen, die für die öffentliche Daseinsvorsorge von zentraler Bedeutung sind.

Die differenzierte Ausgestaltung der Priorisierungsregelungen werden wir dem Verordnungsgeber überlassen. Und wichtig und zu berücksichtigen ist doch, dass der Verordnungsgeber hier nicht nach Gutdünken entscheidet. Wesentliche Vorarbeiten für die Coronaimpfverordnung sind und werden mit hoher wissenschaftlicher Expertise erarbeitet. In einem sehr transparenten Prozess erstellt die Ständige Impfkommission die Impfempfehlungen für die Schutzimpfung gegen Covid-19. Die Ergebnisse des europäischen Zulassungsverfahrens werden ausgewertet und berücksichtigt, der Ethikrat, die Leopoldina und zahlreiche wissenschaftliche Fachgesellschaften beteiligt. Die Impfempfehlungen werden also wissenschaftlich, epidemiologisch und ethisch begründet und bilden deshalb eine gute Grundlage für die Rechtsverordnung.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])

Der Verordnungsweg gibt die nötige Flexibilität und Schnelligkeit, die bei notwendigen Anpassungen erforderlich ist. Neue Impfstofftypen mit anderen Eigenschaften oder neue Erkenntnisse über vorhandene Impfstoffe erfordern gegebenenfalls eine neue Prioritätensetzung. Insofern ist es hier hilfreich, durch zügige Anpassung der Rechtsverordnung zu agieren, anstatt ein neues Gesetzgebungsverfahren anzuleiern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Machen wir doch gar nicht!)

Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass wir in wenigen Tagen beginnen. Schon jetzt möchte ich all denjenigen danken, die in den Impfzentren und in den mobilen Teams tätig sind. Im Sommer werden wir dann hoffentlich in die regelmäßige Impfversorgung durch die niedergelassenen Ärzte kommen. Dass sie leistungsfähig sind, stellen sie Jahr für Jahr bei den Zigmillionen Grippeimpfungen unter Beweis, sodass wir hier zu einer sehr schnellen Durchimpfung kommen können. Ich denke, Kolleginnen und Kollegen, das sind doch gute Perspektiven, die uns hoffnungsvoll ins Jahr 2021 schauen lassen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit. Passen Sie auf sich auf, und bleiben Sie gesund!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Vielen Dank, Sabine Dittmar. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Stephan Thomae.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7490594
Wahlperiode 19
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Umsetzung der Nationalen Impfstrategie COVID-19
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta