16.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt 3

Martina Stamm-FibichSPD - Aktuelle Stunde zur Umsetzung der Nationalen Impfstrategie COVID-19

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als wir im März dieses Jahres zum ersten Mal über die Coronapandemie diskutiert haben, konnten wir nicht absehen und auch nicht ahnen, dass wir am Ende des Jahres über einen zugelassenen Impfstoff gegen das Coronavirus verfügen würden. Jetzt ist es so gekommen. Ich persönlich kann sagen: Für mich ist das wie ein Weihnachtsgeschenk. Ich habe es nicht zu hoffen gewagt. Dass wir heute an dem Punkt stehen, bedeutet Freude für uns alle.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Dieser Erfolg war nur möglich, weil sich Unternehmen, Forschungseinrichtungen und die öffentlichen Partner in einer gemeinsamen Kraftanstrengung der Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus verschrieben haben. In diesem Zusammenhang haben wir das ganze Jahr immer und immer wieder betont, dass bei der Zulassung Sicherheit vor Schnelligkeit geht. Die EU hat sich deshalb mit unserer Zustimmung ganz bewusst gegen eine Notzulassung und für eine bedingte Zulassung entschieden.

Der Erfolg dieser Impfung – wir haben es schon ein paarmal gehört – steht und fällt aber mit dem Vertrauen in die Sicherheit der Impfstoffe. Deswegen macht es mich so ärgerlich, was man da zu hören bekommt. Es ist einfach so unterirdisch und so unwissenschaftlich, was Sie hier gesagt haben, dass es beinahe schmerzt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Vertrauen darf nicht durch Kurswechsel beschädigt werden; denn wir wissen ganz genau, dass das Abweichen von unserer Strategie all denen Wasser auf die Mühlen gibt, die gegen diese Impfung wettern. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir jetzt nicht Großbritannien und den USA nacheifern. Wir haben eine solide Datengrundlage. Jetzt den Kurs zu ändern, wäre grundfalsch.

Sollte am 21. Dezember tatsächlich die Zulassung des ersten Impfstoffes erfolgen, stehen wir vor weiteren gesellschaftlichen Herkulesaufgaben. Die Herausforderung besteht darin, den Impfstoff für Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in kürzester Zeit zugänglich zu machen. Die dafür notwendigen Vorbereitungen haben wir mit dem Aufbau von Impfzentren überall im Land bereits getroffen, und an vielen Stellen sind die Impfzentren am Start.

Klar ist aber jetzt schon, dass nicht alle sofort geimpft werden können, weil zu Beginn einfach nicht genug Impfstoff da ist. Deshalb sind wir gezwungen, eine Priorisierung vorzunehmen. Der Verordnungsentwurf gibt die Richtung hier ganz klar vor: Menschen, die ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer Covid-19-Erkrankung haben, müssen zuerst geimpft werden. Das Gleiche gilt für diejenigen, die beruflich besonders exponiert sind oder sehr engen Kontakt zu besonders gefährdeten Personen haben.

Uns ist sehr wohl bewusst, dass sich manche Hochrisikopatientinnen und ‑patienten durch die Priorisierung in der Verordnung übergangen fühlen. Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, entsprechende Schreiben sind auch bei Ihnen angekommen, diese Zuschriften haben auch Sie in Ihren E-Mail-Accounts. Ich bitte dabei jedoch immer zu bedenken, dass wir als Erstes dort helfen müssen, wo die Situation aktuell am schlimmsten ist. Ich spreche hier – Frau Kollegin Baehrens hat es auch angesprochen – über die Altenpflege, die an manchen Orten kurz vor dem Zusammenbruch steht, aber auch von Krankenhäusern, deren Mitarbeiter aktuell über die Belastungsgrenzen hinaus arbeiten.

Die nun verfügbare Impfung wird dazu beitragen, die Situation peu à peu zu entschärfen. Aber ich warne: Es ist noch ein ganz weiter Weg, um wieder alles in Ordnung zu bekommen. Die desaströse Situation, in der wir uns befinden, zeigt wieder einmal den eklatanten Personalmangel, den wir nun mal in der Alten- und Krankenpflege haben. Dieses Problem müssen wir alle miteinander langfristig lösen. Das Gleiche gilt auch für die Vielzahl von anderen Baustellen im System, die diese Pandemie uns schonungslos offengelegt hat.

Ich hoffe, dass wir uns in einem Jahr – dann in anderer Zusammensetzung; wie auch immer – daran erinnern, was in einer solchen Lage wirklich zu tun ist, woraus wir Lehren ziehen konnten. Ich hoffe deshalb zum Wohl von uns allen, dass wir im neuen Jahr die richtigen Lehren aus der Pandemie ziehen und gestärkt in die Zukunft gehen können.

Ich darf Ihnen von dieser Stelle aus sagen: Ich bin froh, dass wir jetzt in die Pause gehen; denn auch für uns ist es nicht immer ganz leicht, unter den jetzigen Gegebenheiten hier unsere Arbeit zu verrichten. Deshalb ist mein innigster Wunsch, dass wir uns nächstes Jahr alle hier gesund wiedersehen.

Schöne Weihnachten!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort geht an Herrn Dr. Georg Nüßlein von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7490603
Wahlperiode 19
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Umsetzung der Nationalen Impfstrategie COVID-19
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