Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Verbote, Verbote, Verbote – mit diesem Motto möchte Herr Heil die selbstgemachte Misere in der Fleischindustrie vom Tisch wischen. Das erinnert ein wenig an die Fraktion der Grünen, die den Bürgern schon vor Jahren das tägliche Stück Fleisch verbieten wollte.
Doch so einfach ist es nicht. Verbot von Werkverträgen, Verbot von Leiharbeit, Verbot von Produktionsverbünden – all das wird das unternehmerische Aus für etliche mittelständische Unternehmen zur Folge haben. Ihr Hauptproblem, Minister Heil – übrigens auch das Problem etlicher Kollegen aus Ihrem Kabinett –, besteht darin, dass Sie die Arbeits- und Prozessabläufe in der freien Wirtschaft nur vom Hörensagen kennen; denn Sie sind niemals aus Ihrer Politikerblase herausgekommen.
(Beifall bei der AfD – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)
Bei gewissen Produktionsabläufen gibt es nun mal saisonale Schwankungen, wie zum Beispiel in der Fleischindustrie, die zur Grillzeit im Sommer einer höheren Nachfrage der Bürger – auch bei Ihnen, liebe Kollegen – Rechnung tragen muss.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben keine Ahnung!)
Diese saisonalen Schwankungen gilt es abzufedern, in diesem Fall durch eine begrenzte Anzahl von Leiharbeitnehmern und Werkverträgen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht auch anders! Keine Ahnung!)
Aber lassen Sie uns doch einmal überlegen, warum Sie überhaupt reagiert haben, Minister Heil. Nehmen wir das Beispiel Tönnies in NRW. Wir erinnern uns alle an den Auftritt von Minister Laumann aus NRW hier im Plenum, wie er Krokodilstränen aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vergossen hat und sich dann hier im Hohen Hause als der Entdecker dieser Missstände und als Retter der Geknechteten gerierte.
Bei seinen Ausführungen hat der werte Herr Laumann völlig vergessen, dass es die Politik von SPD und CDU war, die diese Missstände erst möglich gemacht hat. Ihre jahrzehntelange verfehlte Politik war es, die den schwarzen Schafen der Branche erst Tür und Tor geöffnet hat.
(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Und Sie wollen die Tür jetzt offenlassen, oder wie?)
Sie haben die Strukturen zur Kontrolle bestehender Vorschriften quasi außer Kraft gesetzt mit dem jahrelangen systematischen Kaputtsparen. Durch Personalabbau der öffentlichen Arbeitgeber gerade im Bereich der Arbeitsschutzkontrolle bei Gewerbeaufsichtsämtern, Gesundheitsämtern und Veterinärämtern ermöglichten Sie überhaupt erst die Zustände, die Sie jetzt mit eiserner Hand beseitigen wollen. Dabei müsste, wie bereits gesagt, nicht wirklich etwas geändert werden, sondern die vorhandenen Kontrollmöglichkeiten müssen konsequent umgesetzt werden.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Und was wollen Sie? – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Wie lautet Ihr Vorschlag?)
Einig sind wir uns alle, dass die Bezahlung der Leih- oder Werkvertragsarbeitnehmer in der Fleischindustrie häufig prekär ist. Die Methoden der Unternehmen mit Sub-Sub-Sub-Verhältnissen dienen ausschließlich der Vertuschung mangelhafter Entlohnung, der Verschleierung von Arbeitszeitverstößen und der Umgehung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Und was machen Sie dagegen?)
Hier einen Riegel vorzuschieben, ist ganz im Sinne unseres Antrages. Wir fordern, den Einsatz von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft durch Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassung auf 15 Prozent der im jeweiligen Betrieb Beschäftigten zu begrenzen. Wir fordern ab dem ersten Arbeitstag gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Das bedeutet auf der einen Seite eine deutliche Verbesserung der Bezahlung der Mitarbeiter, auch für ausländische Werkvertragsmitarbeiter, und auf der anderen Seite ermöglicht unser Entwurf den Unternehmen ein Mindestmaß an Flexibilität bei der Personalplanung.
(Beifall bei der AfD – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Dummes Zeug! Man merkt, dass Sie keine Ahnung haben!)
Ihre Änderung, die nur auf Druck der letzten der sozialen Marktwirtschaft verpflichteten MdBs der CDU Einzug gefunden hat, in Ausnahmefällen 8 Prozent Leiharbeitskräfte zuzulassen, ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, ist aber leider in der Praxis für viele Unternehmen nicht ausreichend. Doch was bleibt vielen Unternehmen der fleischverarbeitenden Industrie letztendlich bei Ihrem Gesetzesvorschlag, um konkurrenzfähig zu bleiben? Richtig, die Verlagerung der Produktion ins Ausland.
Ich komme zum Ende:
(Marianne Schieder [SPD]: Zeit wird’s!)
Über die daraus entstehenden Folgen für deutsche Landwirte denken Sie, Herr Heil, natürlich nicht nach. Allein jetzt schon gibt es einen Schlachtstau von 650 000 Schweinen in Deutschland.
(Bernd Rützel [SPD]: Das liegt aber nicht am Gesetz!)
Unser Votum zu Ihrem Gesetz zur weiteren Deindustrialisierung Deutschlands und zur Vernichtung Tausender Arbeitsplätze ist daher eindeutig: Ablehnung!
(Beifall bei der AfD)
Trotz allem, liebe Kollegen, möchte ich Ihnen und allen Zuschauern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest wünschen.
Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank. – Das Wort geht an Hermann Gröhe von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7490612 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitsschutz in der Fleischindustrie |