16.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt 4

Carl-Julius CronenbergFDP - Arbeitsschutz in der Fleischindustrie

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die skandalösen Zustände in der Schlacht- und Zerlegeindustrie sind seit Jahren bekannt. Die Kontrollen in NRW – Hermann Gröhe hat darauf hingewiesen – haben diesen beschämenden Befund bestätigt. Daraufhin hat der Bundesrat auf Initiative von FDP-Sozialminister Heiner Garg die Bundesregierung zum dringenden Handeln aufgerufen.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)

Das Ziel besserer Arbeitsbedingungen war und ist seitdem unumstritten, genau wie die Umsetzung heute enttäuschend ist: zu wenig bei den Kontrollen, zu viel bei der Zeitarbeit, zu viel Verbote.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Karneval ist doch abgesagt!)

Wenn es schon so lange dauern musste, dann hätten Tausende von Beschäftigten in der Fleischindustrie Besseres verdient.

Herr Minister, Sie haben oft von organisierter Verantwortungslosigkeit gesprochen, und dies da zu Recht, wo undurchsichtige Subunternehmerketten dazu dienen, Rechtsverstöße zu vertuschen. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass der Staat jahrelang weggeschaut hat und damit Teil der organisierten Verantwortungslosigkeit geworden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Uwe Witt [AfD])

Wir haben zuallererst keinen Mangel an Regulierung, sondern einen Mangel an Rechtsdurchsetzung, liebe Kolleginnen und Kollegen: Überschreitung der Höchstarbeitszeit pro Tag – verboten. Unterschreitung des Mindestlohns – verboten; Wuchermieten in Sammelunterkünften – verboten. Das alles ging doch nur deshalb durch, weil ein staatliches Zuständigkeitswirrwarr herrscht. Genau hier greift das Gesetz aber zu kurz.

(Beifall bei der FDP)

Wenn in den großen Schlachthöfen jede Minute ein Veterinär auf die Einhaltung der Hygienevorschriften achtet, warum nicht den Arbeitsschutz danebenstellen? Das würde die Beschäftigten aus Bulgarien wirklich schützen. Die Menschen sind genauso viel wert wie die Einhaltung der Hygienevorschriften.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Arbeitgeber Unterkünfte zur Verfügung stellen, gilt die Arbeitsstättenrichtlinie schon heute. Was aber, wenn Beschäftigte bei privaten Vermietern Wuchermieten zahlen müssen? Das überfordert die kommunalen Ordnungsämter schon heute. Warum nicht über eine ergänzende Ermittlungszuständigkeit des Zolls nachdenken? Das schreckt wirklich ab.

Deshalb brauchen wir mehr als einen runden Tisch in Berlin. Deshalb fordern wir diese Taskforce Fleisch, lieber Hermann Gröhe, damit die unterschiedlichen Ebenen besser zusammenarbeiten. Genau das fehlt leider im Gesetz.

(Beifall bei der FDP)

Keine Verbesserung für Beschäftigte bringt hingegen das Verbot von Zeitarbeit. Zeitarbeit ist stark reguliert. Es gelten betrieblicher Arbeitsschutz, betriebliche Mitbestimmung und Equal Pay. Trotz kleinteiliger Miniöffnung bleibt das Verbot verfassungs- und europarechtlich höchst bedenklich. Das wird vor Gericht landen und jahrelang bleiben. Das bringt nicht mehr als Rechtsunsicherheit.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen: Da, wo die skandalösen Missbräuche festgestellt wurden, spielt Zeitarbeit überhaupt keine Rolle. Aber da, wo Zeitarbeit eine wichtige Rolle zum Ausgleich von Auftragsschwankungen spielt, gibt es keine großen Missstände.

(Beifall bei der FDP)

Sie stellen personalersetzende Fremdarbeit und personalergänzende Fremdarbeit auf eine Stufe. Das ist unfair.

Ich habe mit den mittelständischen Fleischverarbeitern gesprochen, von Holstein bis ins Allgäu, auch bei uns im Sauerland; da wird die „Dicke Sauerländer“ gemacht. Das sind verantwortungsvolle Unternehmer. Werkverträge im Kernbereich gibt es bei denen überhaupt nicht. Mit dem Verbot von Zeitarbeit treffen wir empfindlich die anständigen Betriebe im Mittelstand, ohne an dieser Stelle Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu verbessern. Deshalb lehnen wir ab.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort geht an Jutta Krellmann von der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7490614
Wahlperiode 19
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Arbeitsschutz in der Fleischindustrie
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