Carl-Julius CronenbergFDP - Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Lesen der beiden Anträge der Grünen, „Für ein Europa das schützt“ und „Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU fair gestalten und Ausbeutung stoppen“, kann man den Eindruck gewinnen: Es steht schlecht um die sozialen Rechte in Europa.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ja, kann man sagen!)
Ich finde, das Bild, das da gezeichnet wird, ist zu negativ. Wie kommen Sie zum Beispiel zu der Feststellung – ich zitiere –: „Arbeits- und Sozialstandards“ sind „unterentwickelt“? Meinen Sie ehrlich, Frau Brantner, die sind in China, den USA oder in Indien weiter entwickelt?
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das Ihr Maßstab, China? Meiner nicht! Das ist nicht mein Maßstab!)
Europa erwirtschaftet mit 7 Prozent der Weltbevölkerung 23 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und steht für 40 Prozent der weltweiten Sozialausgaben.
(Beifall bei der FDP)
Das nenne ich nicht „unterentwickelt“; das ist der Erfolg von sozialer Markwirtschaft, meine Damen und Herren.
Das heißt nicht, dass alles perfekt wäre, weiß Gott nicht. Aber wenn wir das soziale Europa weiterentwickeln, dann sollten wir es nicht mit mehr Regulierung am grünen Tisch in Brüssel machen, sondern nah am Menschen, am besten mit starker Einbindung der Sozialpartner. Deshalb setzen wir Freien Demokraten auf Subsidiarität und Tarifautonomie. Wer hingegen mit zentralistischen europäischen Sozialstaatsforderungen kommt, der verletzt das Prinzip der Subsidiarität und schwächt das Vertrauen in die Europäische Union. Das schafft keinen Zusammenhalt; das spaltet, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP)
Die Grünen fordern: „Soziale Absicherung europaweit garantieren“. Ich habe so meine Zweifel bei Vollkaskogarantien. Die beste soziale Absicherung schaffen wir nicht mit Ihren Vorschlägen, sondern mit Vollbeschäftigung und Wachstum.
(Beifall bei der FDP)
Schon vor Corona waren die wirtschaftlichen Eckdaten vieler Mitgliedstaaten besorgniserregend geschwächt. Das wird nach Corona nicht besser. Es ist auch so schon schwer genug. Der eisige Wind nationaler Alleingänge weht uns doch längst entgegen. Die Missachtung des Rechtsstaats hier, die Verletzung von Maastricht-Stabilitätskriterien da und der drohende Brexit ohne Abkommen obendrein.
(Beifall bei der FDP)
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir jetzt ein beherztes „Mehr“ als nur ein „Raus aus der Krise“. Mehr Binnenmarkt, mehr Freihandel und mehr Investitionen in Technologie und innovative Geschäftsmodelle: Das ist das Europa, das schützt.
(Beifall bei der FDP)
Dabei wissen Sie, Frau Brantner, wie es geht; das zeigt Ihre Antragsforderung zur A1-Bescheinigung. Da brauchen wir endlich weniger Bürokratie, ganz genau. Liebe Bundesregierung, lieber Hubertus Heil, wir alle wissen, dass es auch die Parteifreunde des Arbeitsministers im Europäischen Parlament sind, die einer Lösung da im Weg stehen. Wann schaffen wir da endlich den Durchbruch?
(Beifall bei der FDP)
Freiheit und Zusammenhalt in Europa sind uns eine Herzensangelegenheit. Statt kleinteilig oder moralisierend mehr zu regulieren, sollten wir Subsidiarität und Aufwärtskonvergenz stärken. Nutzen wir die Chancen des größten Binnenmarkts der Welt! Dann schaffen wir ein Europa, das die Menschen schützt.
Ihnen und euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Kollege Cronenberg. – Der nächste Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Alexander Ulrich.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7490652 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU |