Thomas HackerFDP - Änderung des Jugendschutzgesetzes
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jugendschutz ist heute mehr als der kleine Aushang in der Kneipe, die zugeklebten Scheiben beim Sexshop oder die obligatorische Ausweiskontrolle beim Zigarettenkauf. Der Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten ist im 21. Jahrhundert ein ganz anderer. Die fortschreitende Digitalisierung und die ständige Verfügbarkeit von Inhalten fordern Eltern und Behörden heraus. Mit ihren Smartphones haben unsere Kinder und Jugendlichen mit wenigen Klicks Zugang zu einer Welt, die sich manch einer von uns Älteren nicht einmal vorstellen mag.
Auch der Jugendschutz muss im digitalen Zeitalter ankommen. Jugendschutz im 21. Jahrhundert ist vor allem auch medienpolitisch zu betrachten. Wie gehen wir mit den vielseitigen Gefahren zielführend um, denen unsere Kinder und Jugendlichen tagtäglich ausgesetzt sein können – von Hasskommentaren über sexuelle Anbahnungen oder Zugang zu Gewaltvideos? Unser Ziel muss es doch sein, einen besseren Schutz in der digitalen Welt zu etablieren, der sein Ziel erreicht, ohne auf mehr Verbote zu setzen. Wir müssen auf einen Jugendschutz setzen, der vor allem auch die Medienkompetenz stärkt.
(Beifall bei der FDP)
Ja, das Jugendschutzgesetz muss zwingend modernisiert werden, und Jugendschutz gehört in eine Hand – zumindest darüber sind wir uns mit der Bundesfamilienministerin einig. Doch der vorliegende Entwurf enttäuscht und verkennt die wichtigsten Ziele:
Der Entwurf ignoriert vollkommen, dass Jugendmedienschutz Ländersache ist.
Das Internet ist global, aber Ihr Entwurf handelt lokal. Von Sperren im Inland profitieren vor allem Anbieter mit Sitz im Ausland.
Der Entwurf missachtet unsere bisherige funktionierende Jugendschutzpraxis: Die Selbstkontrolleinrichtungen und die Jugendschützer in den Unternehmen kommen ihrer Verantwortung nach. Unternehmen handeln verantwortungsvoll innerhalb des gesetzlichen Rahmens. So stellen übrigens wir Freien Demokraten uns das Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft vor, auch beim Jugendschutz!
(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU])
Die Einbeziehung von Interaktions- und Kommunikationsrisiken, zum Beispiel über Chatfunktionen, wird, wenn die Vorabprüfung eines Inhalts erfolgt, zum Teil missachtet. Ein und derselbe Film oder ein und dasselbe Game kann dann mal ab 12, ab 16 oder ab 18 Jahren freigegeben sein, je nach Zusatzfunktionen. Das schafft keine Klarheit. Hier wird Vertrauen verspielt.
Sie planen eine neue Bundeszentrale, bei gleichzeitiger Länderkompetenz. Aber wir brauchen doch nicht noch mehr Doppelstrukturen und Doppelregulierungen, die die Praxis eher erschweren als verbessern.
(Beifall bei der FDP)
Das sieht übrigens auch die EU-Kommission so.
Meine Damen und Herren, ein moderner Jugendschutz im digitalen Zeitalter braucht klare Regeln und Zuständigkeiten, einheitliche Standards; er muss eingebunden sein in europäische Regeln und darf keine Insellösung sein,
(Zuruf der Abg. Bettina Margarethe Wiesmann [CDU/CSU])
er muss Kinder und Jugendliche schützen und den Eltern, Plattformbetreibern und Behörden klare Unterstützung geben; denn nur so kann er seine Wirkung entfalten.
Ihr Entwurf, Frau Ministerin, ist das genaue Gegenteil davon: Doppelstrukturen, nationale Alleingänge, unklare Regeln. Das verspielt das Allerwichtigste: das Vertrauen der Menschen in den Staat.
Unsere Hoffnung ist, dass die massive Kritik der Kommission, der Länder, der Unternehmen und wohl auch der Union im Gesetzgebungsprozess Eingang findet, um einen klaren, effektiven und vertrauenswürdigen Jugendschutz zu schaffen. Daran arbeiten wir Freie Demokraten gerne mit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke ist die Kollegin Doris Achelwilm.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7490662 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 201 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Jugendschutzgesetzes |