Karl-Heinz BrunnerSPD - Restschuldbefreiungsverfahren, Insolvenzfolgen
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wenn man die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt heute verfolgt hat, hat man festgestellt – ich nehme die Kollegin Rottmann jetzt davon aus –, dass über das Insolvenzrecht selbst, über die Verkürzung der Restschuldbefreiung als solche relativ wenig gesprochen wurde, sondern viel über das, was in diesem Zusammenhang richtig und gut ist, und über das, was geändert wurde.
Ich möchte, weil einer der ersten Redner vom Konkurs der Menschen gesprochen hat, auf Folgendes hinweisen: Eine Marktwirtschaft, eine soziale Marktwirtschaft im Besonderen, lebt davon, dass zwischen Gläubiger und Schuldner ein Gleichgewicht besteht, ein gutes Gleichgewicht, das letztendlich zur wirtschaftlichen Entwicklung und auch zur Restrukturierung von Unternehmen sowie zur Gesundung von Verbraucherinnen und Verbrauchern führt. Genau das war der Grund, am 1. Januar 1999 das alte, auf Zerschlagung angelegte Konkursrecht zu beseitigen und durch ein modernes, immer weiter fortentwickeltes Insolvenzrecht zu ersetzen,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
bei dem das Gleichgewicht der Schuldner und Gläubiger wieder in den Mittelpunkt gesetzt wurde.
Heute haben wir uns mit dem Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens zu befassen, nicht nur, weil die EU-Richtlinie 2019/1023 dies zum 17. Juli 2021 einfordert, sondern auch, weil es gut, weil es richtig ist, Schuldnerinnen und Schuldnern, Unternehmerinnen und Unternehmern einen Neustart zu diesem Gleichgewicht in der Gesellschaft zu ermöglichen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich fünf Punkte aus diesem Gesetzesvorhaben ansprechen, die mit dem Restschuldbefreiungsverfahren zusammenhängen:
Zum einen der epochale erste große Schritt, auf die europäische Einheit zugehend: die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre. Das ist ein ganz wichtiger Schritt für die Schuldnerinnen und Schuldner, ein ganz wichtiger Schritt für die Verbraucherinnen und Verbraucher und ein ganz wichtiger Schritt für in Insolvenz geratene Unternehmerinnen und Unternehmer gleichermaßen. Nach nunmehr drei Jahren stehen ihnen als redliche Schuldner der Wirtschaftsverkehr und der Rechtsverkehr wieder offen, wenn sie ihren Pflichten und Obliegenheiten während dieses Verfahrens nachgekommen sind. Schuldnerinnen und Schuldner, Unternehmerinnen und Unternehmer, die in Insolvenz geraten sind, sind keine minderjährigen Kinder, die ständig einer Quästur bedürfen; sie sind voll aktionsfähig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Zweitens. Wir haben die Verkürzung für die nach dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren rückwirkend geregelt. Das ist gut und das ist richtig so. Wir haben vor allen Dingen das, was ursprünglich im Gesetzentwurf enthalten war, die Ungleichbehandlung von Verbraucherinnen und Verbrauchern, aufgehoben. Dies war gut, dies war richtig so, und das wird für die Zukunft eine sinnvolle Regelung sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Wir haben darüber hinaus dem Struck’schen Gesetz folgend die bereits temporär zum 30. Juni 2021 geltende Frist zwischen der außergerichtlichen Einigung oder dem Einigungsversuch und dem Antrag eines Verbrauchers auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf zwölf Monate verlängert, um in diesem Zeitraum keine verfallenden Einigungsversuche zu erzeugen und damit den Verbraucherverbänden, den Schuldnerverbänden die Möglichkeit zu geben, dies ordentlich abzuwickeln.
Last, but not least. Wir haben dem selbstständigen Schuldner einen Anspruch auf Entscheidung über Freigabe seiner selbstständigen Tätigkeit und damit seiner Existenz ermöglicht, um ihn am Wirtschaftsleben teilhaben lassen zu können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Eine Baustelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird aber noch bleiben. Unser Ziel, das Ziel der Sozialdemokraten, die Speicherfrist für Auskunfteien deutlich zu verkürzen, haben wir noch nicht erreicht. Auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung, die nunmehr einer kurzen Frist unterliegt, werden die Daten noch bis zu drei Jahre gespeichert. Dies deckt sich nicht mit unserem Verbraucherbild, dem Verbraucherbild der Sozialdemokraten. Diesen Punkt werden wir deshalb weiter einfordern.
Aber, wie gesagt, das Insolvenzrecht ist ein lebendes Recht, und dies wird nicht die letzte Änderung sein. Bleiben wir also dran.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Dr. Brunner. – Letzter Redner in dieser Debatte: Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7490749 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 202 |
Tagesordnungspunkt | Restschuldbefreiungsverfahren, Insolvenzfolgen |