Judith SkudelnyFDP - Sanierungs- und Insolvenzrecht
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute 30 Minuten Zeit, ein Gesetz von etwa 199 Seiten zu beraten. Die parlamentarische Beratung heute und hier ist für dieses Gesetz ein bisschen symbolisch, das zwar tatsächlich nicht vom Himmel gefallen ist, sondern lange angekündigt war, aber im parlamentarischen Verfahren doch ein klein wenig mit heißer Nadel gestrickt worden ist.
(Beifall bei der FDP)
Diese Eile im parlamentarischen Verfahren spiegelt sich leider Gottes auch im Gesetz wider. Wir haben von der SPD und von der Union gehört: Wir sind in besonderen Zeiten. Unsere Wirtschaft ist in der Krise.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ja!)
Wir brauchen ein Restrukturierungsverfahren, das diesen Coronapatienten gerecht wird.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Genau!)
Blöderweise haben alle Experten gesagt: Die Anforderungen, die hier gestellt worden sind, erfüllt das Gesetz nicht. Gerade denjenigen, die in der Coronakrise Hilfe brauchen, wird von Ihnen nicht geholfen. Das ist ein Versäumnis; das muss laut und deutlich und klar gesagt werden.
(Beifall bei der FDP)
Das Gesetz ist in seiner Grundidee ganz gut. Das Gesetz sagt: Wir brauchen eine Restrukturierung für Firmen und für Unternehmen, die ein finanzielles Problem haben, die perspektivisch sehen, sie würden ihre Verbindlichkeiten nicht zahlen können. Da brauchen wir ein außergerichtliches Sanierungsverfahren, das hier implementiert wird. – Dummerweise droht den allermeisten Unternehmen, die wir in Deutschland haben, die Zahlungsunfähigkeit nicht erst in zwei Jahren. Sie sind mehr oder minder jetzt schon zahlungsunfähig, und sie brauchen jetzt eine Hilfe.
Genau das wird in diesem Gesetz ausgeschlossen. Hätten wir vielleicht die eine oder andere Woche mehr Zeit gehabt, das zu diskutieren, wäre das Gesetz genau in diesem Punkt besser und richtiger und würde den Menschen und Unternehmen da draußen auch richtig helfen können.
(Beifall bei der FDP)
Allerdings ist das nicht der einzige Grund, warum wir das Gesetz heute ablehnen werden. Es ist wenigstens mal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir hoffen, dass hier im Laufe der Zeit nach einer Evaluierung noch wichtige Verbesserungen vorgenommen werden. Der Grund, warum wir das Gesetz heute ablehnen werden, ist, dass Sie eine weitere Verunsicherung in die Wirtschaft hineinbringen, nämlich eine erneute Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Erst hieß es: 30. September, dann hieß es: 31. Dezember, jetzt heißt es: 31. Januar. Ich habe so ein bisschen das Gefühl, Sie wollen den 31. März ins Visier nehmen, weil dann nämlich die beiden wichtigen Landtagswahlen vorbei sind.
(Beifall bei der FDP)
Das ist eine Verschleierungstaktik, die eine unheimliche Unsicherheit in die Wirtschaft bringt.
Sie haben vorhin von Vertrauen gesprochen. Ja, wo ist denn das Vertrauen, wenn antragspflichtige Firmen keinen Insolvenzantrag stellen müssen? Die Begründung finde ich ganz besonders schön: Warum wird diese Insolvenzantragspflicht jetzt auf dem Rücken der Wirtschaft ausgetanzt? Weil das Bundeswirtschaftsministerium seine Arbeit nicht machen kann! Sie kriegen das Geld, auf das die Firmen ein Anrecht haben, nicht auf die Straße. Sie kriegen nicht mal die Software programmiert. Meine Damen und Herren, es kann doch wohl nicht wahr sein, dass das Versagen der Regierung auf dem Rücken der Wirtschaft ausgetanzt wird.
(Beifall bei der FDP – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sprechen sie gerade über Rheinland-Pfalz?)
Deswegen können wir heute dem Gesetz leider nicht zustimmen, obwohl ich die Gesetzesberatung sehr genossen habe. Aber ich hoffe trotzdem, dass wir im Laufe der kommenden Zeit noch Verbesserungen in einem nächsten Gesetz hinbekommen.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Skudelny. – Als nächster Redner bekommt das Wort der Kollege Friedrich Straetmanns, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7490772 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 202 |
Tagesordnungspunkt | Sanierungs- und Insolvenzrecht |