Jürgen PohlAfD - Aktuelle Stunde - Der Fall Haribo - Niedergang des ostdeutschen Arbeitsmarktes
Das ist das, Frau Kollegin von der Linken, was ich Ihnen vorwerfe:
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Hat er den Präsidenten nicht begrüßt?)
Ich will mich mit dem Problem von Haribo in Ostdeutschland beschäftigen, und Sie fangen an, Witze zu reißen.
Hat die Rede schon begonnen?
Doch, ich fange an.
(Claudia Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht alles von der Redezeit ab, bitte!)
Herr Präsident! Verehrte Kollegen, die zuhören wollen! Werte Zuhörer an den Geräten und zu Hause!
(Ulli Nissen [SPD]: Die Zuhörerinnen wieder nicht!)
Der Süßwarenhersteller Haribo schließt sein einziges Werk in Ostdeutschland, weil es angeblich nicht mehr wirtschaftlich ist und über keine moderne Produktionsstruktur verfügt. Damit verlieren die rund 150 Mitarbeiter zum Jahresende überraschend ihre Arbeit – mit herben Folgen für die Familie. Die in der Selbstbeschreibung hochgelobte Wirtschaftskompetenz der sächsischen Regierung konnte den Standort bei Zwickau offensichtlich nicht retten, was bei einem Wirtschaftsminister mit SPD-Parteibuch auch nicht verwunderlich ist.
(Beifall bei der AfD – Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Du lieber Himmel!)
Sehr geehrte Damen und Herren, was da gerade in Sachsen passiert, ist Ausdruck der Krise durch die wirtschaftliche Inkompetenz der Regierung in Fragen wie zum Beispiel der Automobilwirtschaft, der Energieindustrie und letztendlich der wirren Lockdown-Politik. Über den jahrzehntelangen Fleiß und den hohen Aufbauwillen der mitteldeutschen Beschäftigten wird fern der betroffenen Region mit einem Federstrich im Westen entschieden. Zum Hohn werden den auf die Straße gesetzten ostdeutschen Beschäftigten meist Arbeitsplätze in den alten Bundesländern angeboten. Diese millionenfache Abwanderung qualifizierter Arbeitnehmer von Ost nach West seit der Wende und dem Treuhanddebakel ist der Todesstoß für die Wirtschaft in den neuen Bundesländern. Das Gegenteil wäre vonseiten der Politik notwendig, nämlich eine Steigerung der Attraktivität des Standortes Ostdeutschland, zum Beispiel durch die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone, wie ich das als Vertreter mitteldeutscher Interessen in unserer Fraktion fordere.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren Kollegen, Haribo ist überall. Für meinen Wahlkreis in Nordthüringen bedeutet die zerstörerische Politik in Ostdeutschland mit der Schließung der Firma Eaton in Nordhausen den Verlust von 250 Industriearbeitsplätzen. Mühlhausen verliert durch die Schließung der Firma Continental 160 Arbeitsplätze für qualifizierte Arbeitnehmer. Bei der Firma Erko in Beuren fallen weitere 230 Arbeitnehmerstellen weg. Wir haben in Eichsfeld, einer wichtigen Region in meinem Wahlkreis, bereits heute mehr als 30 Prozent mehr Arbeitslose als im Vergleichszeitraum im Vorjahr. Ich sage Ihnen: Haribo ist überall.
(Beifall bei der AfD)
Viele Mütter und Väter werden in der nahenden Weihnachtszeit arbeitslos. Viele Kinder stehen also nicht freudestrahlend vor einem reichgedeckten Gabentisch. Sie spüren schon leise die vielen Einschränkungen und reduzierten Entwicklungsmöglichkeiten, die ihnen ein über die Generationsgrenzen hinweg verschuldetes Land in der Zukunft bereithält. Das ganze Szenario erinnert an ein Land, das von innen her einfriert infolge sozialer Kälte und politischem Starrsinn der Regierenden.
(Beifall bei der AfD)
Schuld an dieser fatalen Entwicklung ist vorrangig eine wirre Politik wider die ökonomische Vernunft und – das wiegt umso schwerer – eine Regierungspolitik ohne soziales Gewissen oder den Blick für das Ganze.
(Ulli Nissen [SPD]: So ein Unfug!)
Ansonsten nichts Neues.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Genau!)
Wie immer trifft es in der Krise die Arbeiter zuerst und am härtesten. Meine Frage: Welche Rolle spielen in dieser vermeidbaren Tragödie eigentlich die Gewerkschaften als Vertretung lebensnotwendiger Belange der Arbeitnehmer? Kaum ein Wort ist von ihnen zum neuerlichen Niedergang ostdeutscher Produktionsstätten zu hören. Gleichsam wie Opferlämmer im Hochamt des globalen Coronakapitalismus meiden die Gewerkschaften jegliches Aufbäumen für die Interessen der einheimischen Arbeitnehmerschaft und ergeben sich fast kampflos der Abwicklung ganzer Wirtschaftszweige im strukturschwachen Osten.
Kurzum: Spätestens mit dem Jahr 2020 wurden die etablierten Gewerkschaften als Sachwalter lebensnotwendiger Arbeitnehmerinteressen durch den Druck der Ereignisse historisiert.
(Beifall bei der AfD)
Dieses traurige Ende von ehemals sinnvollen Organisationen lässt mich in der Folge fordern: Machen Sie Platz für neue Gewerkschaften, Platz für die, die die wirklichen Arbeitnehmerinteressen vertreten, Platz für AVA und ALARM! Die AfD als neue Volkspartei, als Partei der Arbeitnehmer
(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
und der kleinen Gewerbetreibenden steht für unsere ost- und mitteldeutschen Arbeitnehmer.
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Eine völkische Gewerkschaft, oder was?)
Meine Damen, meine Herren, ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen
(Ulli Nissen [SPD]: Von Ihnen möchte ich keine Wünsche!)
– danke schön – und vor allem Ihren Familien besinnliche und frohe Weihnachtsfeiertage. Ich bedanke mich ausdrücklich bei unseren Mitarbeitern, die hier so tapfer durchgehalten haben.
Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Sie können Platz nehmen. Schön Mund und Nase bedecken!
(Ulli Nissen [SPD]: Nase auch! Es heißt „Mund-Nasen-Bedeckung“! – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Nase auch!
Der nächste Redner ist für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Detlef Müller.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7490994 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 202 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Der Fall Haribo - Niedergang des ostdeutschen Arbeitsmarktes |