13.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 203 / Tagesordnungspunkt 1

Bärbel BasSPD - Regierungserklärung zum Impfbeginn in Deutschland und Europa

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Impfstart ist der entscheidende Schritt zur Bekämpfung dieser Pandemie. Es geht darum, dass wir schnellstmöglich viele Menschen impfen. Denn Impfen rettet Leben – dabei bleibe ich. Das ist auch so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb müssen wir alles dafür tun, an dieser Stelle besser zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und deshalb ist es richtig, dass wir dieses Thema zum Jahresbeginn jetzt noch einmal in den Fokus gerückt haben.

Es geht nicht darum – das will ich hier noch mal klarstellen –, dass wir einen isolierten Schritt gehen, sondern es war immer klar, dass wir gemeinsam europäisch bestellen und einkaufen, sodass ganz Europa Zugang zu diesem Impfstoff hat – übrigens zu einem Impfstoff, und da hat Deutschland sehr viel richtig gemacht –, in den wir in Deutschland mit sehr vielen Mitteln investiert haben, damit er überhaupt in so kurzer Zeit zur Verfügung steht.

(Beifall bei der SPD)

Die Fragen allerdings, die wir gestellt haben, sind nicht unanständig, und es ist auch keine Majestätsbeleidigung, wenn wir danach fragen, wie Europa in diesem Zusammenhang die Verträge geschlossen hat, ob das, was angeboten wurde, abgerufen wurde oder ob Deutschland hätte dazukaufen können. Hätte das vielleicht auch dazu geführt, dass jetzt mehr Produktionskapazitäten zur Verfügung stehen würden? Diese Fragen sind, finde ich, nicht unberechtigt, weil es für die Menschen draußen wichtig ist, zu wissen, ob wir alles getan haben, dass der Impfstart am 27. Dezember erfolgreich war.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Menschen draußen wissen auch, dass der Impfstoff nicht sofort für alle verfügbar ist. Deswegen haben wir uns auch über die Priorisierung unterhalten. Die Prioritäten, die wir jetzt haben, sind richtig: dass insbesondere die Älteren – weil hier auch viel über den Schutz der Älteren gesprochen wird – als Allererste geimpft werden, um schwere Erkrankungen und auch Todesfälle zu verhindern. Deshalb ist dieses Impfthema ein wichtiges, und man darf auch in einer Koalitionsfraktion fragen, ob da die richtigen Schritte eingeleitet wurden.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt hier eine Koalitionsdebatte?)

Bei den Produktionskapazitäten – das will ich noch mal sagen – ist schon viel in die richtige Richtung angeschoben worden; keine Frage. Aber dennoch hat es nach meiner Kenntnis bisher so was wie einen Impfgipfel nicht gegeben, dass man alle Pharmaunternehmen an einen Tisch holt und fragt: Sind wir auf dem richtigen Weg? Wer kann noch helfen? Das findet jetzt statt, nachdem wir die Diskussion schon seit Anfang des Jahres führen. Das ist richtig, und es ist kein Selbstzweck, diese Diskussion zu führen, sondern sie muss in die Richtung führen, dass wir besser werden,

(Beifall bei der SPD)

dass wir schneller werden, dass die Leute draußen eine Perspektive bekommen. Das ist der Sinn und Zweck der Diskussion, die wir führen.

Deshalb finde ich es richtig, dass die Fragen, die im Hinblick auf diese Baustellen gestellt wurden, beantwortet werden. Das ist nicht nur Vergangenheitsbewältigung. Denn der Bundesgesundheitsminister sagt ja selbst, dass wir aus den Fehlern, die möglicherweise geschehen sind – davon kann sich niemand freisprechen –, lernen müssen.

Es geht um Planbarkeit. Auch die Länder haben zu Beginn des Jahres gesagt: Ja, wir wussten, wir bekommen eine bestimmte Menge. – Aber dann mussten wir öffentlich wahrnehmen, dass Liefertermine nicht eingehalten werden, dass es zu Differenzen kommt, dass Senioren am Telefon hängen und nach einem Termin fragen, nicht wissen, wie das kommunikativ abläuft. Ich finde, dass wir diesen Punkt deutlich diskutieren und fragen müssen, wie wir dort, wo im Land geimpft wird, besser werden können. Es läuft in vielen Ländern gut, aber in manchen auch nicht – jetzt unabhängig von der Regierung; das will ich hier ganz offen sagen. Diese Diskussion muss doch dazu führen, dass wir in der Tat gemeinsam besser werden.

Am Impfmanagement, an der Lösung der Frage, wie verimpft wird, kann man noch eine Menge verbessern. Ich glaube, da sind wir uns auch einig. Deshalb war es wichtig und richtig, dass wir diese Diskussion führen. Ich freue mich auch, dass Michael Müller da ist, der aus Sicht einer Landesregierung sicherlich sagen kann, an welcher Stelle man die Leute mitnehmen und ihnen vor allen Dingen die Ängste, dass sie nicht drankommen, dass sie keinen Termin bekommen, nehmen kann und ihnen beispielhaft zeigen kann, wie das in anderen Bereichen läuft.

Auch darum geht es bei einer berechtigten Kritik.

Man kann es sich leichtmachen, indem man, wenn kritisiert wird, einfach sagt: Ja, Wahlkampfgetöse! – Ich will hier deutlich sagen: Es ist kein Wahlkampfgetöse.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Nein! Nein!)

Denn das ist für die Menschen ein elementar wichtiger Bereich.

(Zurufe von der CDU/CSU)

– Klar, die Union würde ja nie solche kritischen Fragen stellen; das ist klar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Nein, nein, niemals!)

Deshalb geht es nicht darum, das als Selbstzweck zu betreiben, sondern darum, dass wir die Logistik verbessern, dass wir die Kampagnen verbessern.

Der Minister hat einen wichtigen Punkt angesprochen, den wir genauso sehen: Die Aufklärung muss jetzt beginnen. Es sind viele Verschwörungsmythen unterwegs, was das Impfen angeht, und ich halte es – noch mal in Richtung Söder gesagt – für absolut katastrophal, eine Berufsgruppe unter den Generalverdacht zu stellen, dass sie sich nicht impfen lassen will.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das ist vor Ort nicht so. In meinem Wahlkreis – in anderen auch – ist es so, dass die Zustimmung steigt, dass man sich zunehmend damit auseinandersetzt und dass auch jetzt schon da, wo geimpft wurde, deutlich wird, dass es kaum Nebenwirkungen gibt. Das ist ein Signal; das ist gut. Die Akzeptanz steigt. Wir müssen daran arbeiten, dass das Impfen sinnvoll organisiert wird, dass wir gemeinsam zu einer Kampagne kommen, durch die die Impfbereitschaft bei allen steigt.

Auch weil man das oft gefragt wird: Hätten wir uns als Parlamentarier vielleicht als Erste impfen lassen sollen, um auch ein Signal zu geben? Ich weiß, die Debatte wäre zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise so gewesen, dass man gesagt hätte: Aha, die Privilegierten holen sich die Impfung zuerst. – Insofern haben wir uns anders entschieden. Wir sind jetzt dran, wann wir dran sind, und das ist richtig. Wir alle können etwas dafür tun, Aufmerksamkeit dafür zu erzeugen, dafür zu werben und aufzuklären. Aber der Bundesgesundheitsminister muss auch in diesem Bereich der Aufklärung noch ein Stück besser werden – ich will es mal so ausdrücken –, weil es darauf ankommt.

Wenn wir keine Herdenimmunität hinbekommen, werden wir uns noch lange damit befassen müssen, wie lange dieser Lockdown notwendig ist, und er ist im Moment noch notwendig, weil die Zahlen immer noch exorbitant hoch sind, weil Mutationen im Lande sind, von denen ich gedacht habe, dass deren Sequenzierung eigentlich schon stattfindet. Aber sie wird jetzt angeschoben, weil es wichtig ist, dass wir wissen, wie sich das Virus verändert und welche Konsequenzen das hat.

Insofern teile ich an der Stelle den Appell des Gesundheitsministers, dass Bund, Land und auch wir als Parlament, als Kontrollorgan, die Aufgabe haben, gemeinsam besser zu werden, um aus dieser Krise und der Pandemie rauszukommen; das sind wir den Leuten schuldig. Deshalb sind wir es den Menschen draußen auch schuldig, die richtigen Fragen zu stellen und vor allen Dingen die richtigen Antworten darauf zu finden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt erteile ich das Wort dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Christian Lindner.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7495527
Wahlperiode 19
Sitzung 203
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Impfbeginn in Deutschland und Europa
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