Bernd WestphalSPD - Vertrag Ausstieg aus der Braunkohleverstromung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme kurz zum Vorredner, der uns ja erzählt hat, wie teuer es wird, wenn wir aus der Kohle aussteigen. Ich kann nur sagen: Wenn wir nichts machen, wird es für die Gesellschaft und für die nächsten Generationen noch teurer.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb ist jetzt engagiertes Handeln der Politik gefragt, und genau das machen wir.
(Zuruf von der AfD)
Wir verbinden Klimaschutz mit der Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze, mit Innovation, mit einer Modernisierung der Wirtschaft
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mit diesem Vertrag!)
und des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Mit dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz, wie es heißt, also dem Kohleausstiegsgesetz, und dem Strukturstärkungsgesetz ist bereits der Rahmen beschlossen und festgelegt worden. Mit diesen zwei Gesetzen haben wir einen klaren Fahrplan für den Umbau unserer Energieversorgung.
Wir wollen dazu beitragen, den Strukturwandel nicht nur den Marktkräften zu überlassen, sondern mit planbaren, kalkulierbaren Strukturen vor allen Dingen für die Reviere eine Perspektive schaffen. Nichts anderes machen wir mit diesen Gesetzen. Mit bis zu 40 Milliarden Euro schaffen wir neue Arbeitsplätze, unterstützen eben genau diese klimafreundlichen Technologien. Wir beenden spätestens 2038, und wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, also alternative Energieerzeugungsformen zur Verfügung stehen, vielleicht auch schon 2035 die Kohlenutzung. Das ist verantwortliche Politik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Natürlich brauchen wir auch die Impulse aus den Regionen. Die Länder sind in der Verantwortung, gemeinsam mit den Kommunen den Strukturwandel vor Ort mit innovativen Ideen zu organisieren. Insofern brauchen wir kreative und innovative Projekte als Voraussetzung für einen erfolgreichen Strukturwandel.
Was den sozialverträglichen Abbau der Arbeitsplätze angeht, haben wir ein bewährtes Instrument etabliert, das sogenannte APG, also Anpassungsgeld, was bei der Steinkohle sehr gut funktioniert hat. Dieses Instrument wird auch bei der Braunkohle, für die in den Kraftwerken Beschäftigten, angewendet und findet im Strukturwandel seine soziale Entfaltung.
Mit den öffentlich-rechtlichen Verträgen, die wir heute Abend hier diskutieren und beschließen, setzen wir die gesetzlichen Vorschriften, die die sogenannte Kohlekommission empfohlen hat, um. Anders als bei der Steinkohle, haben wir bei der Braunkohle die Situation, dass praktisch auf der Tagebaukante die Braunkohlekraftwerke stehen, also die angeschlossenen Betriebe dementsprechend mitberücksichtigt werden müssen. Genau das, was die Kohlekommission empfohlen hat, musste jetzt hier in Gesetzestext und in Vertragstext gegossen werden, und das ist hiermit gelungen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Georg Kippels [CDU/CSU] – Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die öffentlich-rechtlichen Verträge spiegeln nicht nur die Höhe der Entschädigung, sondern auch den Stilllegungspfad wider. Voraussetzung ist natürlich, in diesen Verträgen auch die gegenseitigen Rechte und Pflichten festzulegen. Das ist genau, wie es die Empfehlung der Kohlekommission vorsieht, gelungen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)
Der Vertrag beinhaltet auch detaillierte Vorkehrungen zur zweckgerichteten Verwendung der Entschädigung, so wie es im Lausitzer und auch im Rheinischen Revier vorgesehen ist. Es ist schon eine wirklich interessante und kluge Regelung, dass man die Entschädigungszahlungen, die jetzt erfolgen, zum Beispiel auf Treuhandkonten sichert und dass die Länder in der Verantwortung stehen, die ratierlichen Zahlungen über den langen Zeitraum vernünftig einzusetzen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur für die Lausitz, im Rheinland nicht!)
– Ja, Kollege Krischer, auch für das Rheinische Revier können Sie durchaus Ideen einbringen, wie man das machen könnte.
(Heiterkeit des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben in den öffentlich-rechtlichen Verträgen einen umfassenden Rechtsbehelfsverzicht der Betreiber sowie den Verzicht auf Anrufung internationaler Schiedsgerichte niedergelegt. Das ist auch etwas, was bei diesen Verträgen einen Wert darstellt, anders als bei der Kernenergie, wo wir ja sehen, was passiert, wenn man das nicht ausschließt; da ist es handwerklich schlecht gelaufen. Hier ist es jetzt besser gelaufen: Beim Braunkohleausstieg haben wir Rechtssicherheit für beide Seiten festgelegt, und das ist gut.
(Beifall bei der SPD)
Die Bundesregierung hat nun die Aufgabe, im beihilferechtlichen Verfahren gegenüber der EU-Kommission das bereits im Deutschen Bundestag und Bundesrat beschlossene Kohleausstiegsgesetz und auch diese öffentlich-rechtlichen Verträge in vollumfänglicher Art und Weise zu vertreten. Wir brauchen die beihilferechtliche Genehmigung; das ist das Einzige, was noch aussteht.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das kann aber logischerweise auch nur in der Folge passieren: Erst wenn wir hier ein Gesetz beschlossen haben, ist die beihilferechtliche Genehmigung einzuholen.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir möchten als SPD-Bundestagsfraktion die deutschen und europäischen Klimaziele verlässlich erreichen. Das geht nur mit einem sozialverträglichen sowie energiepolitisch und volkswirtschaftlich verantwortungsvollen Ausstieg aus der Kohle.
Parallel dazu müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Wir haben mit dem EEG-Gesetz im letzten Quartal des letzten Jahres schon den Weg dafür bereitet und die Eckpunkte hier im Parlament beschlossen. Im Entschließungsantrag sind weiterführende Dinge enthalten, etwa der Ausbaupfad für einen verlässlichen Ausbau der erneuerbaren Energien, die sich in die Struktur unseres Energiesystems einfügen müssen. Der Ausbau der Infrastruktur der Strom- und Gasleitungen, aber selbstverständlich auch der Struktur der Speicher- und der Wasserstofftechnologie werden uns helfen, diesen Strukturwandel in der Energieversorgung zu organisieren.
Die 28 Mitglieder der Kohlekommission mit ihren sehr unterschiedlichen Interessen haben es trotz verschiedener Zielkonflikte geschafft, ein Ergebnis vorzulegen. Das wird jetzt eins zu eins umgesetzt.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt gar nicht! Sie setzen es nicht eins zu eins um! – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt überhaupt nicht!)
Genau daran wollen wir uns orientieren. Wir schaffen Perspektiven für die Menschen in den Kohlerevieren. Wir schaffen Perspektiven für eine moderne Wirtschaft. Wir schaffen eine Klimaneutralität in unserer Gesellschaft, mit neuen Arbeitsplätzen und gutem Klimaschutz.
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der Nächste macht sich nach dem Abschluss der Reinigungsarbeiten bereit. Es ist Professor Dr. Martin Neumann von der FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7495789 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Vertrag Ausstieg aus der Braunkohleverstromung |