14.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 204 / Tagesordnungspunkt 10

Martin HessAfD - Präventivgewahrsam für Gefährder

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Kollege Frei, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Abschiebungen bringen nichts, solange unsere Grenzen nicht effektiv geschützt werden.

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Vor zehn Wochen rollte eine islamistische Terrorwelle durch Deutschland und Europa und forderte zahlreiche Todesopfer. Damals schlug unsere Fraktion mit diesem Antrag vor, alle islamistischen Gefährder, die nicht abgeschoben oder nicht in Abschiebehaft genommen werden können, präventiv in Gewahrsam zu nehmen. Sie hingegen legten Ihre übliche Betroffenheitsrhetorik an den Tag, aber gehandelt haben Sie nicht. Genau das akzeptieren aber die Bürger dieses Landes nicht länger. Sie wollen eine Regierung, die endlich handelt, statt nur zu reden. Genau das fordern wir mit unserem Antrag.

(Beifall bei der AfD)

Immerhin haben wir mit unserem Antrag erreicht, dass der Innenminister den Freiheitsentzug für Gefährder eine Woche später in der Videokonferenz mit den anderen EU-Innenministern angesprochen hat. Dank des Engagements des Bundeskriminalamtes soll es bald eine europaweit einheitliche Gefährderdefinition geben und sollen diese Gefährder dann auch im Schengener Informationssystem erfasst werden. Genau das ist lange überfällig, und genau das habe ich in diesem Hause bereits am 17. Mai 2019 gefordert. Es ist schön zu sehen, dass die AfD wirkt.

(Beifall bei der AfD)

Aber leider können wir aus der Opposition heraus nicht stark genug wirken, um den Krieg gegen den islamistischen Terrorismus endlich zu gewinnen. Herr Minister – das muss ich klar sagen –, Sie schaffen das nicht oder wollen das nicht; das haben uns die Erfahrungen der letzten Monate gezeigt. Sie haben zwar unsere zentrale Forderung, den bundesweiten Präventivgewahrsam, in die Innenministerkonferenz eingebracht, aber Sie haben dort keine konkreten Lösungen erzielt. Das zeigen die Beschlüsse der Konferenz eindeutig. Zwar erteilen Sie und Ihre Länderkollegen dem AK II, also dem Arbeitskreis II, den Auftrag, den von uns geforderten Präventivgewahrsam zu prüfen. Der Protokollnotiz ist aber zu entnehmen, dass Sie und einige Länderkollegen diese Verantwortlichkeit wieder in die Länder zurückverlagern wollen. Herr Frei, wir wissen doch: Das funktioniert nicht. Sie wissen genau, dass der Gewahrsam so nie zur Umsetzung kommen kann. Die Zersplitterung des Polizeirechts würde weiter zunehmen. Links-grün-rote Innenminister würden die Umsetzung des Gewahrsams verhindern, und die Gefährder würden auf freiem Fuß bleiben und könnten weiterhin ungehindert ihre Anschlagspläne verfolgen. Das, Herr Minister, ist nicht mehr nur unverständlich, das ist unverzeihlich und inakzeptabel.

(Beifall bei der AfD)

Die CSU fordert jetzt allen Ernstes den Einsatz der Fußfessel, um Anschläge zu verhindern. Die Fußfessel, die übrigens schon seit Jahren nicht zur Anwendung kommt, soll also die Lösung sein. Aber wir alle wissen doch: Sie verbessert maximal die Aufklärungsergebnisse in Bezug auf das Bewegungsbild oder die Kontaktpersonen, aber nie und nimmer verhindert die Fußfessel auch nur einen Anschlag, weil sich der Gefährder weiterhin ungehindert bewegen kann. Also hören Sie auf, ständig die Fußfessel als Lösung zu verkaufen. Sie ist keine Lösung, und sie wird nie eine Lösung sein.

(Beifall bei der AfD)

Dann fordern Sie von der CSU noch die Sicherungsverwahrung. Liebe Kollegen von der CSU, der Begriff „Gefährder“ kommt von Gefahr. Eine drohende Gefahr bekämpft man nicht dadurch, dass man wartet, bis jemand eine Straftat begeht, mit der er seine Gefährlichkeit unter Beweis stellt, um ihn dann in Sicherungsverwahrung zu nehmen. Wer bei der Gefährderbekämpfung bis zur Straftat wartet, der lässt genau diejenigen Gefährder außer Acht, die bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Wir müssen handeln, bevor es zur Begehung von Straftaten kommt, liebe Kollegen.

(Beifall bei der AfD)

Deshalb reicht auch dieser Vorschlag bei Weitem nicht aus. Also hören Sie auf, den Bürgern ständig Sand in die Augen zu streuen.

Wir alle wissen spätestens seit dem 11. September 2001, vor welche Herausforderungen uns der islamistische Terrorismus stellt. Und trotzdem haben Sie, hat Ihre Partei, hat diese Regierung nichts Wirksames dagegen unternommen. Im Gegenteil: Sie haben Ihre Politik der offenen Grenzen – da sind wir wieder beim Thema, Herr Frei – weitergeführt und islamistische Terroristen und Gefährder in großer Zahl in unser Land gelassen. Einer von ihnen, Anis Amri, hat 2016 den Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz begangen und elf Menschen ermordet. Ein weiterer Gefährder hat erst letzten Oktober bei einem Messeranschlag in Dresden einen Mann ermordet. Diese Anschläge hätten verhindert werden können, wenn diese Regierung rechtzeitig wirksame Maßnahmen zur Terrorbekämpfung ergriffen hätte.

Über die derzeitige islamistische Gefahrenlage kann es keine zwei Meinungen geben. Wir haben derzeit in Deutschland über 28 000 Islamisten, 12 500 Salafisten – das ist ein Anstieg von 87 Prozent seit 2014 – und 619 islamistische Gefährder. Ich muss Sie korrigieren, Herr Frei: Nur 242 – eine immer noch viel zu hohe Zahl – dieser Gefährder sind auf freiem Fuß. Wir hatten laut Europol in Europa zwischen 2007 und 2014 16 Terrorangriffe mit acht Toten, also ein Terrortoter pro Jahr. Das hat sich gravierend verändert: Zwischen 2015 und 2019 waren es 94 Terrorangriffe mit 374 Toten. Das sind 74 Terrortote pro Jahr. Und der Rizinanschlag von Köln hätte bis zu 13 500 Todesopfer gefordert und noch einmal so viele Verletzte, wenn unsere Sicherheitsbehörden diesen Anschlag nicht rechtzeitig verhindert hätten. Deshalb appelliere ich an Sie mit allem Nachdruck: Setzen Sie endlich diesen bundeseinheitlichen Gefährdergewahrsam um, bevor es wieder zu einem tödlichen Terroranschlag in Deutschland kommt.

(Beifall bei der AfD -Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, aber das geht doch gar nicht!)

Der BKA-Präsident hat 2015 klar gesagt, dass es unmöglich ist, alle islamistischen Gefährder lückenlos zu überwachen, und damals war die Zahl nur halb so hoch. Der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes hat nach dem Anschlag in Dresden klar und deutlich dargestellt, dass sogar eine lückenlose Überwachung einen Anschlag nicht verhindert. Trotzdem stecken Sie den Kopf in den Sand.

Schluss mit dieser Vogel-Strauß-Politik! Wir alle in diesem Hohen Haus sind zum bestmöglichen Schutz unserer Bürger verpflichtet. Kommen Sie dieser Pflicht endlich nach! Was wir jetzt brauchen, sind konkrete Maßnahmen statt endloser Diskussionen und Prüfaufträge. Genau dazu dient unser Antrag. Lassen Sie Ihren Worten endlich Taten folgen. Verweigern Sie unserer Bevölkerung nicht länger diese längst überfällige Schutzmaßnahme, und stimmen Sie diesem Antrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner ist der Kollege Uli Grötsch, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7495834
Wahlperiode 19
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Präventivgewahrsam für Gefährder
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