14.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 204 / Tagesordnungspunkt 10

Benjamin StrasserFDP - Präventivgewahrsam für Gefährder

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einem Jahr haben wir als FDP-Fraktion in diesem Parlament einen Antrag zur Einsetzung einer Föderalismuskommission III zur Abstimmung gestellt. Ziel war und ist es, dass Bund und Länder sich an einen Tisch setzen und über eine zeitgemäße Neuverteilung der Kompetenzen in der Terrorismusbekämpfung sprechen und vor allem entscheiden.

(Beifall bei der FDP)

Herr Hess von der AfD hat heute seine altbekannte Schallplatte abgespielt. Was er aber vergessen hat, ist, dass er vor einem Jahr zu unserem Antrag etwas Bemerkenswertes gesagt hat. Die AfD hat unseren Antrag nämlich mit der Begründung abgelehnt – Zitat –: „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann bilde ich einen Arbeitskreis.“ Heute findet sich unsere Forderung im Antrag der AfD. Herr Hess, weiß die AfD jetzt einfach nicht mehr weiter, oder haben Sie endlich verstanden, dass ohne Neuordnung der Zuständigkeiten keine effektive Terrorismusbekämpfung möglich ist? Die Einsicht wäre Ihnen zu wünschen.

(Beifall bei der FDP)

Der Kernpunkt Ihres Antrags ist aber ein ganz anderer, nämlich die Einführung der sogenannten Präventivhaft für Gefährder, in Bayern auch Unendlichkeitshaft genannt und als solche angewendet. Sie preisen die Unendlichkeitshaft als das Lösungsinstrument im Kampf gegen islamistischen Terrorismus. Wenn man aber mit den Menschen in den Sicherheitsbehörden spricht, die tagtäglich mit diesem Thema zu tun haben, dann muss einem klar sein, dass ein solches Instrument überhaupt nur für einen Bruchteil der 600 Gefährder im islamistischen Bereich anwendbar sein dürfte und auch nur für einen sehr kurzen Zeitraum.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das hat seinen guten Grund: Man kann in einem Rechtsstaat Menschen, die keine Straftat begangen haben und denen man auch keine konkreten Anschlagsplanungen nachweisen kann, nicht einfach so wegsperren. Das mag im Mittelalter gegolten haben. Das gilt aber nicht in einem freiheitlichen Rechtsstaat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Testlabor Bayern, Herr Frei, sehen wir doch die Auswirkungen der Unendlichkeitshaft. Es ist immer die gleiche Masche: Die CSU im Landtag schwört bei der Einführung Stein und Bein, dass es nur für Terroristen und nur in absoluten Ausnahmefällen angewandt wird. Im Abschlussbericht der Prüfkommission zum bayerischen Polizeiaufgabengesetz Ihrer Landesregierung wird ganz offen dargelegt, dass selbst bei geringfügigen Verstößen wie – Zitat – „Trunksucht“ oder „Zechbetrügereien“ Personen bis zu zwei Wochen oder länger in Präventivhaft genommen worden sind. Das zeigt das immense Missbrauchspotenzial dieses Vorschlags.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Deswegen klagen wir Freie Demokraten auch vor dem Verfassungsgericht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer islamistischen Terrorismus wirklich bekämpfen will, der muss an mehreren Stellen ansetzen: bei sinnvollen Zuständigkeiten, bei mehr Abschiebehaftplätzen und bei einer besseren Analysefähigkeit von Sicherheitsbehörden. Diese und andere kluge Vorschläge haben wir in einem Antrag zusammengefasst, der bald im Ausschuss beraten wird. Verfassungswidrige Vorschläge von AfD und CSU finden sich darin allerdings nicht.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Ulla Jelpke, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7495837
Wahlperiode 19
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Präventivgewahrsam für Gefährder
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