Ulla JelpkeDIE LINKE - Präventivgewahrsam für Gefährder
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die AfD möchte Menschen, die sich keiner Straftat schuldig gemacht haben, auf bloßen Verdacht hin hinter Gitter bringen. Das geht aus unserer Sicht schon aus rechtsstaatlichen Gründen gar nicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Laut dem Antrag sollen Personen nicht deshalb inhaftiert werden, weil sie eine schwere Straftat begangen oder vorbereitet haben. Nein, die AfD will Menschen bereits inhaftieren lassen, wenn diese vom BKA irgendwie als gefährlich eingestuft werden. Dieses Ansinnen ist nicht nur rechtswidrig, es ist auch inhaltlich überhaupt nicht begründet;
(Beifall bei der LINKEN)
denn wer Terroranschläge plant und vorbereitet, kann schon auf Grundlage geltender Gesetze inhaftiert werden. Das ist in den letzten Jahren bei einer Reihe von Naziterroristen geschehen, zum Beispiel, wenn sie Waffen gehortet oder Anschläge auf Moscheen oder Flüchtlingsheime geplant haben. Auch einen Anis Amri hätte man lange vor seinem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz dingfest machen können.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Das geschah vor allen Dingen deshalb nicht, weil die Sicherheitsbehörden Fehler gemacht haben, und nicht wegen fehlender Gesetze.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)
Was die AfD nun einführen will, ist die Möglichkeit, den Freiheitsentzug schon auf bloßen Verdacht hin anzuordnen, und zwar auf unbestimmte Zeit; denn als sogenannte Gefährder gelten Personen, denen die Polizei eine schwere Straftat lediglich zutraut, und zwar aufgrund unklarer, weder gesetzlich noch gerichtlich festgelegter Kriterien. Die Gefahr, die von diesen Personen ausgeht, soll nach Ansicht der AfD nicht einmal konkret oder dringend sein, sie soll nur irgendwie für die Allgemeinheit bestehen. Mit dieser Begründung könnte man auch Ihren ehemaligen Parteikameraden Kalbitz in Gewahrsam stecken; der ist ja sogar eine Gefahr für Ihre Freunde.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Allerdings muss man sagen, dass die Idee eines Präventivgewahrsams für Gefährder gar nicht auf dem Mist der AfD gewachsen ist. Schon 2017 hat die CSU eine solche Gefährderhaft im bayerischen Polizeiaufgabengesetz verankert. Dagegen ist noch eine Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgericht anhängig. Man wird sehen, was dabei herauskommt. Es gibt aber auch schon einen neuen Polizeigesetzentwurf von der CSU; das heißt, sie rudert offenbar zurück. Damals schimpfte die bayerische AfD, das Gesetz sei – ich zitiere –: „unverhältnismäßig, demokratiefeindlich und nach Expertenmeinung auch verfassungswidrig“.
(Zuruf des Abg. Martin Hess [AfD] – Gegenruf des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heute so, morgen so!)
Ich meine, besser haben das Ihre eigenen Kollegen im Bayerischen Landtag nicht charakterisiert.
Auch wir lehnen Ihren Antrag ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Irene Mihalic, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7495838 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Präventivgewahrsam für Gefährder |