Sandra WeeserFDP - Transatlantischer Wirtschaftsraum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die unsäglichen Bilder von letzter Woche mit dem Mob im US-Kongress sind für die meisten von uns wahrscheinlich Schock und Warnung zugleich. Selbstgefälligkeit oder gönnerhafte Angebote von Marshallplänen, die verbieten sich allerdings, meine Damen und Herren, vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass letztes Jahr auch bei uns zweimal aufgebrachte Demonstranten das Parlament gestürmt haben, einmal sogar nachweislich unterstützt von Parlamentariern aus diesem Hause.
Dieser gewaltsame Angriff gilt allen demokratischen Gemeinwesen, und unsere Antwort muss heißen: „Jetzt erst recht Demokratie, jetzt erst recht Fairness und Respekt, jetzt erst recht ein anständiges parlamentarisches Ringen um die besten Ideen zum Wohle der Menschen in unseren Ländern“,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
womit wir schon bei der Handelspolitik sind; denn Freihandel, das ist eine wichtige Säule für internationale Zusammenarbeit. Freihandel, das sind gute Arbeitsplätze bis in den letzten Landkreis hinein im ländlichen Raum, und Freihandel, das ist Aussicht auf Wohlstand und persönliche Perspektiven.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jedes Freihandelsabkommen, das aktuell in Kraft ist, sei es mit Japan, mit Südkorea, mit Mexiko, wirkt für Arbeitnehmer und für Unternehmen wie ein kleines Konjunkturpaket, und das alles ohne Milliardenkosten und Schwierigkeiten bei der Auszahlung. Aber Freihandel schafft nicht nur Arbeit, Freihandel ist seit Jahrtausenden die Grundlage dafür, dass sich Völker verständigen und zusammenarbeiten. Und wo gehandelt wird, da entsteht ein reger Austausch von Ideen, von Technologien, von Know-how.
Schauen wir zum Beispiel auf die Entstehung der Europäischen Union: Am Anfang stand ein gemeinsamer Markt für Stahl und Kohle, und dann hat sich daraus Schritt für Schritt ein gemeinsamer Binnenmarkt entwickelt, heute mit den höchsten Standards weltweit. Und wir können unsere Zukunft gemeinsam so viel besser gestalten als jedes Land für sich alleine. An dieser Stelle einen schönen Gruß nach Großbritannien, weil der Brexit ein Lehrstück dafür ist, wohin nationaler Egoismus führt. Wir sollten unsere Lehren daraus ziehen.
(Beifall bei der FDP)
Wir Freien Demokraten werben deshalb heute für ein zeitgemäßes Konzept in der Handelspolitik, und zwar beruhend auf drei Säulen:
Erstens. Anstatt überfrachteter Mammutabkommen wollen wir modulare Verträge. Ambitionierte Ziele sind richtig, auch wichtig; aber wir erreichen sie halt besser Schritt für Schritt durch ein stufenweise umgesetztes Baukastensystem.
Zweitens. Gute Handelsbeziehungen sind das Fundament für Vertrauen und Kooperation, gerade in den Bereichen Klima, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, liebe Grüne. Zur guten Partnerschaft gehören auch Kompromisse und Zuverlässigkeit. Über Jahre ausgehandelte Handelsverträge mit Mercosur, mit Kanada nicht zu ratifizieren, macht die EU als Vertragspartner unglaubwürdig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Sind wir in der Handelspolitik kein zuverlässiger Partner, werden wir international auch in der Klimapolitik alleine dastehen.
Drittens setzen wir Freien Demokraten auf ein Prinzip: Der Handel von heute setzt die Standards von morgen. China betreibt aggressiv Handelspolitik ohne Rücksicht auf fairen Wettbewerb und Rechtsstaatlichkeit, von Umwelt- und Sozialstandards mal ganz zu schweigen. Als Gegengewicht rufen wir Freie Demokraten zu einer transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft der EU zusammen mit Großbritannien, mit Kanada, mit Mexiko und mit den USA auf. Gemeinsam können, nein, gemeinsam wollen wir die Spielregeln des 21. Jahrhunderts nach demokratischen und freiheitlichen Grundsätzen gestalten.
(Beifall bei der FDP)
Der Kernschmelze von Trumps Präsidentschaft setzen wir eine Zukunftsversion von vertiefter transatlantischer Freundschaft entgegen. Die Amerikaner haben in der dunkelsten Stunde der deutschen Geschichte zu uns gehalten und haben uns unterstützt. Nun ist es in dieser schwierigen Zeit der US-Demokratie an uns, diese Freundschaft zu erneuern und
(Beifall bei der FDP)
gemeinsam mit Präsident Biden Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit wieder ins Zentrum transatlantischer Beziehungen zu stellen.
Handel für Wandel, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich lade Sie ein, sich mit uns Freien Demokraten auf den Weg in eine mutige Zukunft zu machen. Herzlich willkommen!
(Beifall bei der FDP)
Andreas G. Lämmel hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7495857 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Transatlantischer Wirtschaftsraum |