Andrew UllmannFDP - Freigabe der Patente für Impfstoffe
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen der Linken, von mir erhalten Sie eine Goldmedaille, und zwar eine Goldmedaille für Innovationszerstörung.
(Beifall bei der FDP)
Sie stellen nämlich den Schutz von geistigem Eigentum durch Aussetzung des Patentschutzes infrage.
(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Geistiges Eigentum, das mit öffentlichen Fördermitteln zustande gekommen ist! – Gegenruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU]: Erzählen Sie doch nicht so einen Blödsinn!)
– Darf ich meine Rede weiter halten, Herr Präsident?
Was Sie nicht begreifen wollen, ist, dass geistiges Eigentum kein Eigentum zweiter Klasse ist, das einfach enteignet werden kann. Ohne Patentschutz fehlt etwas Wichtiges: Anreize, Ideen zu entwickeln, um sie dann anschließend zu verwirklichen.
(Beifall bei der FDP – Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Was ist mit der öffentlichen Förderung?
Wer heute Patentschutz aussetzt, muss mit den verheerenden Konsequenzen von morgen leben. Das wäre Ihre Hypothek.
(Beifall bei der FDP)
Ihre Argumentation: „Während einer Pandemie ist alles anders“, zieht nicht. Natürlich bedarf es bei globalem Gesundheitsschutz der hohen Kunst der multilateralen Zusammenarbeit; aber in Ihrem Antrag wird gar nicht darauf eingegangen. Doch Ihre einfache Lösung, Patentschutz auszusetzen, wird die Wirkung verfehlen und unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten nachhaltig eliminieren.
(Beifall bei der FDP)
In der Theorie klingt das für Sie vielleicht gut; doch wer die Praxis kennt, weiß, dass es nicht funktionieren wird. Bei der Bekämpfung der nächsten Pandemie werden wir wegen fehlendender Innovationen krachend scheitern, und dann wird diese Covid-19-Pandemie wie ein harmloses Vorspiel erscheinen. Sie wollen offensichtlich als Innovationszerstörer in die Geschichte eingehen.
(Beifall bei der FDP – Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Ihnen sind dafür die Quoten egal! Das ist noch schlimmer!)
– Was für ein Quatsch, Herr Kessler, das wissen Sie ganz genau.
(Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])
– Ich würde den Kollegen Tino Sorge gerne zitieren; aber das ist sein Zuruf. Ich glaube, das passt eigentlich ganz gut dazu.
Aber offensichtlich kennt sich die Fraktion der Linken mit klinischer Forschung nicht aus. Ich empfehle Ihnen ein Praktikum in den Universitäten, Instituten, Start-up-Unternehmen oder in der Pharmaindustrie.
(Beifall bei der FDP – Dr. Wieland Schinnenburg [FDP]: Das ist zu anspruchsvoll!)
Der klinische Forscher bedarf eines langen Atems und Motivation. Es geht um Drittmitteleinwerbung, Ausdauer, Widerstandsfähigkeit gegen Frustration. Dabei entsteht auch Wettbewerb zwischen den Impfstoffen. Ihre planwirtschaftlichen Ideen würden dazu führen, dass vielleicht nur ein Impfstoff – wenn überhaupt! ‑hergestellt würde; möglicherweise würde das nicht ausreichend sein.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Aber Herr Lindner hat das doch auch gefordert! Was ist mit Ihnen los?)
– Einen Moment, wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, stellen Sie eine Zwischenfrage; ich freue mich drauf.
Natürlich braucht es auch Geld: Geld für Personal, für Gerätschaften, für Gebäude. Woher soll das Geld kommen? Geld wächst nicht auf Bäumen; das Zauberwort heißt Gewinne. Für die einen sind Gewinne Sünde, aber für die meisten von uns bedeuten Gewinne Investition in die Zukunft; denn ohne Investitionen aus der Privatwirtschaft gäbe es heute keine SARS-CoV-2-Impfstoffe.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ohne Investitionen aus der Privatwirtschaft gäbe es keine Produktionsstätten für SARS-CoV-2-Impfstoffe.
Herr Ullmann, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Fraktionsvorsitzenden der Linken?
Ich erlaube eine Zwischenfrage.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen; Sie haben mich ja förmlich dazu aufgefordert, sie zu stellen. Ich wollte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass auch Ihr Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender, Herr Lindner, genau wie wir – also nachdem wir es gefordert haben – die Lizenzfreigabe konkret für diese Impfstoffe gefordert hat. Können Sie dazu etwas sagen?
Das Zweite ist: Sie haben es hier so dargestellt, als würden wir fordern, das Patentrecht abzuschaffen. Das ist falsch! Wir fordern, die Möglichkeiten, die das Infektionsschutzgesetz ausdrücklich vorsieht, nämlich einen Lizenzfreigabe für den konkreten Fall, zu nutzen. Übrigens sieht auch das deutsche Patentrecht in Ausnahmefällen zum Schutz des Gemeinwohls ausdrücklich diese Möglichkeit vor. Es geht nicht darum, das Patentrecht auszusetzen; bitte nehmen Sie das einmal zur Kenntnis!
Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rein national? – Gegenruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Das geht auch auf EU-Ebene!)
Vielleicht darf der Kollege Ullmann antworten.
Also, unser Parteivorsitzender und Fraktionsvorsitzender hat sich nicht für die Aussetzung von Patentrechten ausgesprochen.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Hat er gesagt!)
– Nee, schauen Sie sich das noch mal an! Es ist auch in der Öffentlichkeit entsprechend geschrieben worden. Es geht hier um die Auslizenzierungen, die möglich gemacht werden sollten, und diese Möglichkeit gibt es heute bereits: Firmen können heute auslizenzieren,
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Genau das wollen wir!)
es bedarf keiner zusätzlichen, staatlichen Regelung. Für diese Auslizenzierungen sind hohe rechtliche Hürden angesetzt. Und es funktioniert, es läuft auch bereits – vielleicht haben Sie es nicht mitbekommen –,
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
die Zusammenarbeit der Firmen ist heute schon existent. Es gibt Firmen, die die Basistechnologie bereits auslizensiert haben. Ich erwähne hier nur: Gerade bei den mRNA-Impfstoffen sind die Transportmöglichkeiten dieses kleinen Moleküls, in die Zelle hineinzukommen, auslizensiert worden, von Moderna beispielsweise. Das sind Aspekte, die Sie hier völlig unberücksichtigt lassen. Es läuft bereits. Und das ist aus der Privatwirtschaft gekommen und nicht durch irgendwelche planwirtschaftlichen oder Enteignungsmöglichkeiten, die Sie hier vorschlagen.
(Beifall bei der FDP – Widerspruch der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE] – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Die haben keine Ahnung!)
So geht Forschung, und so geht auch Innovation.
Ich würde jetzt einfach meine Rede fortsetzen und mit dem letzten Satz beenden.
Sie haben noch einen Satz dazu.
Es ist relativ einfach: Ohne die Privatwirtschaft hätte es die Impfstoffe nicht gegeben, hätte es auch nicht verschiedene Impfstoffe gegeben, hätte es auch keinen Wettbewerb gegeben, der ganz wichtig ist, und ohne Investitionen aus der Privatwirtschaft würden die Produktionskapazitäten nicht ausgeweitet. Das nennt sich übrigens „Kreislauf der Innovation durch Investitionen“.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP – Michael Theurer [FDP]: Mehr davon!)
Vielen Dank, Herr Kollege Ullmann. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kordula Schulz-Asche, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7495887 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Freigabe der Patente für Impfstoffe |