Otto FrickeFDP - Einsatz deutscher Steuergelder im EU-Budget
Sehr geschätzte Frau Vizepräsidentin! Da bin ich ja froh, dass auch Rechtsanwälte steuerrechtlich beraten dürfen.
(Heiterkeit bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dann kommen wir schon auf 99 Steuerberaterinnen und Steuerberater; dann erhöht sich die Zahl nämlich.
Frau Präsidentin, ich halte jetzt natürlich fest, dass die Zeit nicht angehalten wurde. Aber da sind Sie sicherlich – wie immer in Ihrer Weisheit – sehr tolerant.
Selbstverständlich; 15 Sekunden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf den Antrag und vor dem Hintergrund, dass der Sinn unseres Parlamentes der Diskurs ist, hätte ich gesagt: „Okay, jetzt arbeiten wir den Antrag, den die AfD hier gestellt hat, mal durch“; denn das ist Teil von Parlamentarismus. Wir müssen dann aber auch sagen, dass er schon veraltet ist, weil die Zeit abgelaufen ist und man zu einem späteren Punkt kommt. Deswegen will ich Sie im Detail nur auf einen Punkt des Antrages hinweisen, an dem man erkennen kann, wes Geistes Kind Sie da eigentlich sind. Denn dass man Europa auch kritisieren können muss, ist klar; dass da auch im finanziellen Bereich vieles nicht richtig läuft, ist auch keine Frage.
Lesen Sie sich mal Ihre eigene Überschrift durch: „Steuergelder der“ – Achtung! – „deutschen Bürger vor nicht zielgerichtetem Einsatz im EU-Budget schützen und ihre Haftungen begrenzen“. Ich stelle Ihnen eine einfache Frage: Was ist denn mit den nichtdeutschen Bürgern – in Ihrer Diktion –, die in Deutschland Steuern zahlen? Die werden in Ihrem Antrag schon nach der Überschrift nicht geschützt. Da merken Sie doch spätestens, dass Sie nicht nur eine Schutzsicht haben, sondern eine Sicht, die rein nationalistisch ist, noch nicht einmal patriotisch.
(Beifall bei der FDP)
Solch eine Überschrift ist für uns Grund genug, Ihren Antrag abzulehnen.
(Martin Hohmann [AfD]: Das ist Haarspalterei!)
– Nein, das ist keine Haarspalterei. Ich danke für das Stichwort „Haarspalterei“; ich dachte, es kommt nicht. Mit genau diesem Text gehen Sie über die sozialen Medien in die Öffentlichkeit, und Sie fangen die Wähler, die Sie fangen wollen, mit dem Hinweis, dass es nur um deutsche Steuerzahler, nur um deutsche Bürger geht.
(Martin Hohmann [AfD]: Steuerzahler, die hier steuerpflichtig sind, sind doch gemeint! Das ist doch ganz klar!)
Deswegen verwenden Sie solche Begriffe. Das ist keine Haarspalterei, sondern das ist Parlamentarismus. Sie müssen sich mit solchen Worten auseinandersetzen. – Dabei belasse ich es.
Dann kommen wir zu der Frage, was Europa ist. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung von Europa ist genauso falsch wie die rein wirtschaftliche Betrachtung unseres Lebens. Ja, Wirtschaft ist die Grundlage, aber ein Leben, das man allein nach wirtschaftlichen Überlegungen führt, wäre doch sehr armselig. Sie haben in Ihrer Rede gesagt: Es geht um unseren Wohlstand. – Was ist denn unser Wohlstand? Ich will das deutlich sagen: Unser Wohlstand ist mehr als Finanzen, als Milliarden, als Steuern, als Geld. Ich nehme als Beispiel das Erasmus-Programm: Unser Wohlstand ist auch – das erleben wir jetzt mit dem Austritt der Briten –, dass unsere Kinder in einer Weise in Europa lernen, leben und arbeiten können, wie das keine Generation vorher konnte; das werden hoffentlich noch viele Generationen können. Und das geht nur mit einem Europa, das funktioniert.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Über das Thema Frieden will ich gar nicht erst reden. Nehmen wir aber das Thema Umwelt: Gehört zum Wohlstand nicht auch, in einer Welt zu leben, zumindest auf einem Kontinent, wo gezeigt wird, dass Ökonomie und Ökologie miteinander vereinbar sind? Ist das nicht auch Wohlstand? – Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, werden oft von Ihnen vergessen.
Ich will es ganz klar sagen – auch weil meine Redezeit abläuft, Frau Vizepräsidentin –: Wir brauchen ein Europa, das sich nicht allein auf die wirtschaftlichen Dinge fokussiert, das die wirtschaftlichen Dinge zwar niemals aus dem Blick verliert, sich aber klarmacht, dass die europäischen Werte das sind, was uns ausmacht und was wir brauchen. – Deswegen ist dieser Antrag falsch.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Otto Fricke. – Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Metin Hakverdi.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7496483 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Einsatz deutscher Steuergelder im EU-Budget |