Michael TheurerFDP - Aktuelle Stunde - Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine große Tageszeitung titelt heute: „Söder rechnet mit Regierung ab“. Da liest der CSU-Vorsitzende der Regierung die Leviten und spricht von einem Totalversagen der Bundesregierung. Frau Bundeskanzlerin, wenn ich jetzt die Regierungsbank anschaue, stelle ich mir die Frage, ob die CSU ihre Minister schon aus Ihrem Kabinett abgezogen hat.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es wäre ja konsequent, wenn der Vorsitzende der CSU mal dafür sorgen würde, dass das, was er da sagt, auch bei der Regierung hier ankommt.
Meine Damen und Herren, zur Sache. Ich bin in Tübingen geboren, in der Nähe aufgewachsen, in Horb am Neckar, und habe in Tübingen studiert. Deshalb blicke ich mit Sicherheit genauer dorthin, was in der Universitätsstadt Tübingen stattfindet. Hier wurde über den Schutz vulnerabler Gruppen gesprochen. Wir haben als Freie Demokraten den Schutz von Risikogruppen immer gefordert.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Wir auch!)
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gesagt, es gehe nicht darum, alte Menschen wegzusperren. – Genau, darum geht es nicht, sondern es geht darum, sie wirksam zu schützen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Meine Damen und Herren, warum ist es nicht möglich, die Inzidenz bei den über 90-Jährigen deutlich zu senken? Viermal höher ist sie als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Was in Tübingen mit dem Tübinger Modell erfolgreich praktiziert wird, muss in ganz Deutschland möglich sein. Hier sehen wir massive Vollzugsdefizite,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
und wir fordern die Bundesregierung auf, den Schutz vulnerabler Gruppen mit den Ländern jetzt auch durchzusetzen.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Hört! Hört!)
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang hören wir jetzt viel über die Gefahr von Mutationen. Es war völlig klar – die Virologen haben uns auch darauf hingewiesen –, dass diese Flucht- bzw. Escapemutationen eine große Gefahr darstellen. Wir hören jetzt aus Freiburg, dass da eine neue Mutation aufgetreten sein soll. Ich teile also die Sorge, Frau Bundeskanzlerin, die Sie artikuliert haben, über die Gefährlichkeit von Mutanten. Es stellt sich aber in dem Zusammenhang die Frage, warum zum Beispiel die Warnungen von Professor Hengel vom Universitätsklinikum Freiburg, die schon im November 2019 an den Bundesgesundheitsminister gerichtet wurden, nicht ernst genommen wurden. Die Virologen haben gefordert, dass in Deutschland mehr sequenziert wird. Bitte erklären Sie dem Deutschen Bundestag und damit dem ganzen deutschen Volk, warum um Gottes Willen das nicht gemacht wurde und wir dadurch gar nicht wissen, welche Mutationen bereits in Deutschland im Land sind. Meine Damen und Herren, das ist ein Versäumnis,
(Beifall bei der FDP)
ein Versagen der Regierung, und Sie müssen das aufklären!
In dem Zusammenhang Reiseverbote und die Einstellung des Flugverkehrs zu fordern, ist doch ein Doktern an Symptomen. Wir haben gehört und gelesen, dass Einreisende aus Risiko- und Hochrisikogebieten getestet werden müssen. Warum funktioniert denn das nicht? Sich um Vollzugsdefizite zu kümmern, ist doch eine Aufgabe der Regierung; dafür ist doch die Exekutive zuständig.
Und an die Adresse der Linken: Das liegt auch nicht daran, dass das private Unternehmen sind. Im Regelfall ist der Staat ja an Flughäfen beteiligt, oder sie sind sogar insgesamt in Staatsbesitz. Also, der Staat versagt da. Es gelingt offensichtlich nicht, das entsprechend durchzusetzen.
Auch hier ist die Frage: Wer ist eigentlich zuständig? Warum gelingt es nicht, nach dem Zoll Teststationen aufzubauen, Schnelltests für alle, die da einreisen? Statt jetzt zu versuchen, die wenigen Flugreisen – und es sind ja wenige, die reisen müssen, Geschäftsreisende – jetzt zu verbieten, sollte man sicherstellen, dass durch die notwendigen Tests, die dann auch umgesetzt werden, das Risiko minimiert wird. Wir sagen: auch hier Vollzugsdefizite der Regierung auf der ganzen Linie, die unbedingt beseitigt werden müssen.
(Beifall bei der FDP)
Und beim Impfen: zu spät, zu wenig, zu langsam. Die Bundesregierung hat das Thema nicht als Wettlauf gegen die Zeit verstanden. Wer wenig Impfstoff bestellt, wird auch wenig bekommen. Ich habe bereits im Sommer, im Juni, Kontakt zum Beispiel zum Impfstoffhersteller IDT in Dessau-Roßlau aufgenommen. Schon damals haben die Manager uns auf die Problematik der Vorhaltung von Produktionskapazitäten hingewiesen. Ich sage an der Stelle nur: Das ist nicht gut gelaufen. Das Impfdesaster, meine Damen und Herren, ist für jeden erkennbar, trotz allen Tarnens und Täuschens.
Jetzt allerdings muss es darum gehen, dass das Impfdesaster beseitigt wird. Ich finde es deshalb gut, Frau Bundeskanzlerin, dass Sie gesagt haben, Sie machen das zur Chefsache. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Sie einen Impfminister ernennen.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Berufen Sie einen Impfgipfel ein! Es muss jetzt alles dafür getan werden, dass die Impfkapazitäten in Deutschland nach oben gefahren werden. Impfen, Impfen, Impfen ist die einzige Antwort – in Kombination mit Genomsequenzierung, damit wir auch wissen, ob der Impfstoff gegen die Mutanten wirkt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Wir glauben – ein Schlusssatz –, dass die Herausforderungen der Zeit, ob Klima oder Corona, durch technologisch-wissenschaftlichen Fortschritt bewältigt werden können. Packen wir es gemeinsam an! In diesem Sinne unterstützen wir die Bundesregierung durch kritische Nachfragen im Wettbewerb der Ideen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Danke schön. – Das Wort hat der Kollege Jan Korte für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7498556 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 205 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie |