27.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 205 / Tagesordnungspunkt 4

Alexander HoffmannCDU/CSU - Patentrecht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, eine Vorbemerkung kann ich mir nicht verkneifen. Ich war sehr dankbar, dass Sie die Brücke zum Thema Impfstoff geschlagen haben. Es ist auch völlig in Ordnung, wenn Sie bei der Bundesregierung anmahnen, mehr Geld für die Impfstoffbeschaffung in die Hand zu nehmen. Ich werte das aber gleichzeitig als ein ganz klares Bekenntnis der Grünen dafür, dass im Wirtschaftsstandort Deutschland, im Forschungsstandort Deutschland gentechnische Innovationen herzlich willkommen sind. Wir haben das bei manch anderen Themen bei Ihnen in dieser Eindeutigkeit leider noch nicht erlebt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen, meine Herren, reden wir über das Patentrecht. Das Patentrecht hat zwei Funktionen, und beide Funktionen hängen letztendlich zusammen; der Kollege Jung hat es vorhin schon mal angerissen. Zunächst einmal geht es um Eigentumsschutz. Wer ein Patent hat, der hat eine Idee entwickelt, die ist sein geistiges Eigentum, und das steht unter Schutz. Ich glaube, dass ein Rechtsstaat sich dazu deutlich bekennen muss; denn nur dann gewährleistet er Funktion Nummer zwei: Es geht nämlich natürlich auch um die Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts. Ein Wirtschaftsstandort ist für Gründer, für innovative Unternehmen und überhaupt für mittelständische und größere Unternehmen letztendlich nur attraktiv, wenn er auch einen verlässlichen Rechtsrahmen bieten kann.

Jetzt gibt es Konstellationen, wo diese zwei Funktionen nicht so miteinander verknüpft sind, dass sie sich gegenseitig unterstützen, sondern wo sie einander quasi zuwiderlaufen. Das ist das, was der Kollege Jung vorhin schon angerissen hat mit dem Begriff der Patenttrolle. Es gab auch schon die Bezeichnung „Patenterpresser“; aber dazu gibt es Rechtsprechungen, dass man das, da es als Verleumdung angesehen wird, in einem konkreten Fall so nicht mehr sagen darf.

Wir reden dem Grunde nach über drei denkbare Konstellationen. Allen ist gemein, dass ein Unternehmen ein Patent kauft, um es wirtschaftlich zu nutzen. Drei mögliche Ausgestaltungen gibt es: Das Unternehmen setzt das Patent gegen einen möglichen Verletzer durch, ohne selbst das betreffende Produkt herzustellen oder es zu benutzen. Die zweite Konstellation ist: Das Unternehmen setzt ein Patent durch, ohne selbst in den Besitz dieses Patents gelangt zu sein, zum Beispiel durch Forschung. Dann gibt es noch die Möglichkeit, dass das Unternehmen an der Durchsetzung des Patents eigentlich nur deshalb interessiert ist, um sich eine Monopolstellung zu verschaffen.

In allen drei Fällen stellt sich irgendwann die Frage des Rechtsmissbrauchs, wenn man merkt, dass es unter Umständen gar nicht so sehr um den Patentschutz an sich geht, also um den Schutz des geistigen Eigentums, sondern letztendlich darum, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Besonders verbreitet ist das in der Automobilindustrie; es gibt verschiedene Fälle, die einem Sorge machen müssen. In den USA zahlen Unternehmen zum Teil Millionenbeträge, um weiterproduzieren zu können; denn da droht unter Umständen ein Auslieferstopp einer ganzen Modellreihe, bzw. es stehen erhebliche Schadensersatzforderungen im Raum. Firmen wollen sich natürlich aus Gründen der Rechtssicherheit von diesen Forderungen befreien.

Bislang ist es so gewesen, dass die Rechtsprechung sich da mit Verhältnismäßigkeitserwägungen geholfen hat. Allerdings war das, ich sage jetzt mal, eine ganz, ganz vorsichtige Rechtsprechung, weil man ehrlicherweise sagen muss, dass die Patentgesetze das so, in dieser Eindeutigkeit, nicht hergegeben haben. Deswegen ist es wichtig, dass dieser Gesetzentwurf jetzt genau an dieser Stelle eine Lösung anbietet. Es soll jetzt die Möglichkeit geben, den Unterlassungsanspruch einzuschränken, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls deutlich wird, dass es für den Betroffenen, zum Beispiel eben für den Automobilhersteller, zu einer nicht hinnehmbaren, ungerechtfertigten Härte kommen würde.

Ich glaube, das ist eine Überlegung in die richtige Richtung. Wir sollten uns aber im parlamentarischen Verfahren die Zeit nehmen – das hat der Kollege vorhin auch schon angesprochen –, das vertieft zu beleuchten, meine Damen, meine Herren. Wenn wir attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben wollen, dann, glaube ich schon, wird es am Ende eine richtungsweisende Entscheidung sein, wie wir mit diesem Konflikt umgehen. Das sollten wir nicht leichtnehmen. Deswegen freue ich mich auf das parlamentarische Verfahren mit Ihnen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Electoral Period 19
Session 205
Agenda Item Patentrecht
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