Johannes VogelFDP - Arbeitslosenversicherung für Selbständige
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ersten wenigen Zeilen des Antrags der Linken sind ausnahmsweise zustimmungsfähig: Selbstständige sind von dieser Krise schwer getroffen. – Das stimmt.
Danach, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, hört es dann allerdings schon auf.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ging aber schnell!)
Ihnen fällt nichts anderes ein, als Selbstständige zwangsweise in der Arbeitslosenversicherung für Angestellte zu versichern.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was auch kein Zwang, sondern Pflicht sein soll!)
Das lässt tief blicken und zeigt, wie Ihr Weltbild aussieht. Das ist allerdings keine Lösung für den modernen Arbeitsmarkt.
(Beifall bei der FDP)
Das überrascht aber nur wenig. Überraschender fand ich, dass die von mir persönlich sehr geschätzte Kollegin von der SPD hier gerade sehr ähnliche Gedanken offenbart hat. Und das lässt leider nochmals tief blicken und zeigt, was das Problem mit dieser Koalition und den Selbstständigen eigentlich ist. Das ist hier ja ein ganz besonderer Witz von New Work: Während wir bei den Angestellten immer mehr Selbstständigkeit in der Anstellung haben, wollen Sie Selbstständige alle zu Angestellten machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist aber keine zukunftsgerechte Antwort.
(Beifall bei der FDP)
Das Problem – und das ist offenbar auch die Ursache, warum Sie von der Koalition bis heute kein geeignetes Kriseninstrument für die Selbstständigen in dieser wirklich existenziell schwierigen Situation haben –, das Problem ist offenbar, dass Sie die Natur der Krise und ihre besondere Auswirkung auf Selbstständige nicht verstanden haben. Jetzt verstehe ich auch immer besser, warum Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sagen: „Dann sollen die Selbstständigen doch zum Jobcenter gehen“, während Sie beim Kurzarbeitergeld extra in der Krise die Regeln für Angestellte verändern. Jetzt verstehe ich das. Aber das ist nicht nur keine Lösung – weil Selbstständige zum Beispiel eine Altersvorsorge haben, die sie erst mal aufbrauchen müssen oder weil Selbstständige oft in einer Beziehung leben und sich nachvollziehbarerweise natürlich nicht trennen wollen, um Hilfen zu bekommen –, sondern es verkennt auch die Natur dieser Krise.
(Zuruf der Abg. Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD])
Es geht nicht darum, ob Selbstständige eingezahlt haben, sondern es geht darum, dass Sie von der Koalition – wir von der Politik – Selbstständigen das Geschäft verbieten – aus guten, gesundheitspolitischen Gründen zur Eindämmung der Pandemie; aber am Ende verbieten wir ihnen trotzdem das Geschäft. Dann wäre es aber auch angemessen, die Menschen mit einem vernünftigen System zu entschädigen.
(Beifall bei der FDP)
Darauf warten die Selbstständigen in dieser Krise noch heute, und das müssen wir ändern.
(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das sorgt für zwei, wie ich finde, gefährliche Prozesse. In den letzten Wochen habe ich viel mit Selbstständigen geredet.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ehrlich?)
Vor wenigen Tagen hat mir eine Selbstständige gesagt: Johannes, du bist da immer so auf den Punkt bei unseren Themen, aber du bist dabei noch viel zu nett. Du müsstest die Kolleginnen und Kollegen mal fragen, ob die Lack gesoffen haben! – Da entsteht Wut, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das ist nicht gut. Von anderen Selbstständigen, IT-Freelancern zum Beispiel, bei denen die Geschäfte noch gut laufen, bekommt man immer häufiger gespiegelt, dass sie darüber nachdenken, unser Land zu verlassen. Und das ist für die Innovationsfähigkeit unseres Landes auch nicht gut.
(Beifall bei der FDP)
Und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir die Natur des modernen Arbeitsmarktes endlich verstehen und mehr Fairness für Selbstständige schaffen durch dauerhaft passende Sicherungssysteme und Regeln und durch eine faire Entschädigung in dieser Krise. Darauf warten wir noch heute, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition. Das muss sich ändern!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Das Wort geht an Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7498583 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 205 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitslosenversicherung für Selbständige |