27.01.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 205 / Tagesordnungspunkt 6

Gero Clemens HockerFDP - Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

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Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Man hat, wenn man im Jahr 2021 auf Landwirtschaftspolitik in Deutschland schaut, manchmal den Eindruck, dass die Bundesregierung versucht, sich noch so eben bis September, bis zum Wahltermin, durchzuwurschteln. Bei diesem Thema hat man den Eindruck, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass Sie in puren Aktionismus verfallen, weil Sie bei der Umsetzung der UTP-Richtlinie derart über das Ziel hinausschießen.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Ach, das ist ja interessant!)

Leidtragende davon – das werde ich Ihnen gleich erläutern – sind die Landwirte in Deutschland.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Viele, viele Existenzen im ländlichen Raum werden hierunter zu leiden haben.

Meine Damen und Herren, natürlich ist es richtig, gegen unlautere Handelspraktiken vorzugehen. Es ist doch nicht erträglich, dass zum Beispiel Preisvereinbarungen nach Abschluss eines Vertrages noch einmal diskutiert werden oder dass der Abnehmer höhere Standards fordert. Aber jetzt tun Sie mir doch mal den Gefallen, das, was Sie hier vorgelegt haben, auch einmal zu Ende zu denken. Der Handel kauft international ein. Wenn Sie die Daumenschrauben zu fest anziehen, dann stammt das Obst in den deutschen Supermarktregalen künftig eben nicht mehr aus dem Alten Land, dann stammt das Schweinefleisch nicht mehr aus dem Emsland, sondern aus Spanien oder aus Südamerika. Das sind massive Wettbewerbsnachteile, die hiermit für die deutsche Landwirtschaft einhergehen können.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist Blödsinn!)

Sie schütten das Kind mit dem Bade aus und riskieren damit landwirtschaftliche Existenzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Wenn Sie wirklich einen Beitrag dazu leisten wollen, dass Landwirte mit einem breiteren Kreuz gegenüber dem Handel auftreten können, dann müssten Sie dreierlei tun, verehrte Frau Ministerin:

Erstens. Setzen Sie sich endlich dafür ein, dass es innerhalb Europas zumindest eine Angleichung von Wettbewerbs- und Produktionsstandards gibt! Solange das nicht passiert, ist es innerhalb eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes nicht möglich, fairen Wettbewerb zu haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Zweitens. Orientieren Sie sich bei Ihren politischen Entscheidungen künftig bitte mehr an wissenschaftlichen Erkenntnissen als daran, was Ihnen vielleicht irgendwelche NGOs einflüstern, oder an dem, was vielleicht Ihr Bauchgefühl ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landwirtschaft hat eklatante Herausforderungen zu bewältigen. Wir haben die Situation, dass die Landwirtschaft einen Beitrag leisten muss im Kampf gegen den Klimawandel. Weltweit steht immer weniger Fläche zur Verfügung. Und wir haben eine explodierende Weltbevölkerung. Da zu glauben: „Wir machen einfach ein bisschen mehr Bio, das wird dann schon funktionieren“, das klappt nicht. Wir brauchen technologischen Fortschritt, Innovation, Kreativität und keine Fata Morgana von Landwirtschaft aus dem Jahre 1950, als nichts, aber auch gar nichts besser gewesen ist in der Landwirtschaft,

(Beifall bei der FDP)

nicht das Tierwohl, und Boden, Luft und Wasser ebenfalls nicht. Deswegen: Hören Sie auf, solchen Vorstellungen nachzuhängen!

Und mein letzter Punkt, meine Damen und Herren – das sage ich ausdrücklich gerade auch in einem Wahljahr –: Hören Sie bitte endlich auf, dem Verbraucher Honig um den Bart zu schmieren und es ihm durchgehen zu lassen, dass er immer höhere Standards bei der Produktion einfordert, aber nicht bereit ist, hierfür einen angemessenen Preis zu bezahlen. Das Prinzip „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ wird nicht funktionieren. Wenn Sie hier den Rücken gerade machen würden, dann bräuchten Sie nicht solche Scheingefechte zu führen, wie das bei diesem Gesetzesvorschlag der Fall ist.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hocker. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten Tackmann, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7498593
Wahlperiode 19
Sitzung 205
Tagesordnungspunkt Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes
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