Andrew UllmannFDP - Kapazitäten für Schnelltests
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Die Maske darf ich hier ja ablegen. Dann versteht man mich auch besser.
Beim Reden dürfen Sie das.
In der Pandemie ist es wichtig, dass wir begreifen – wir haben alle keine Erfahrung –, dass wir neuen Ideen nachgehen müssen. Wir dürfen nicht nur den ausgetretenen Pfaden folgen. Es gibt nicht nur gut und richtig oder böse und falsch, sondern wir müssen miteinander ringen, neue Wege gehen und auch angestammte Pfade verlassen, wenn wir erkennen, dass Maßnahmen nicht ausreichend sind, nicht verhältnismäßig oder überflüssig sind.
Hierzu gehört auch ein Update der Teststrategien. Ich wünsche mir – da gibt es Anzeichen von der Koalition – mehr Selbstkritik und auch eine Fehlerkultur. Bis dato kam bezüglich Laientestungen oder Heimtestungen gar nichts, bis ausgerechnet diese Woche ein Referentenentwurf aus dem Ministerium kam, mit dem diese Möglichkeiten eröffnet würden.
Wir als Opposition bieten Ihnen aber, lieber Herr Spahn, eine weitere Serviceleistung an; denn wir müssen endlich schneller und besser werden. Bereits im November letzten Jahres hat die FDA in den Vereinigten Staaten einen Hometest freigegeben, damit in den USA zu Hause getestet werden kann. Ich muss ehrlich sagen: Was die Amerikaner können, können wir in Europa genauso. Das sollten wir so auch durchführen.
(Beifall bei der FDP)
Wir müssen die Fehler korrigieren. Im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz ist die Möglichkeit eröffnet worden, dass ein Arztvorbehalt für die Testungen ausgeschlossen wird. Aber es gibt eine Medizinprodukte-Abgabeverordnung, die das verhindert. Nichtärzte dürfen deshalb nicht testen. Wir wollen die Testmöglichkeiten aber auf Testungen daheim erweitern. Auch hier setzen wir auf Qualität, lieber Herr Dahmen; denn Qualität ist hier so wichtig wie in der medizinischen Praxis. Sie wissen genauso wie ich, dass wir uns darauf verlassen können müssen, dass Produkte gut sind, Testverfahren gut sind, Medikamente gut sind. Es darf nicht nach dem Prinzip von „Jugend forscht“ vorgegangen werden: Wir lassen einfach alles zu, und dann schauen wir, wo wir dann sind. – So funktioniert das nicht. Das ist nicht seriös.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU und der Abg. Bärbel Bas [SPD])
Wir können aber auch gleichzeitig Entlastungen schaffen. Neben der Möglichkeit der Laientestungen gibt es drei Punkte, die für uns wichtig sind.
Erstens. Es bedarf dringend einer Verbesserung der Kommunikationsstrategie, und das schon seit Monaten. Die Leute draußen sind verunsichert, haben Angst. Nur durch Aufklärung schaffen wir Akzeptanz, egal ob es um die SARS-CoV-2-Infektionen geht oder ob es um Impfungen geht. Da ist sehr viel Unsicherheit in diesem Bereich, und da bedarf es einer besseren Aufklärung auf verschiedenen Kanälen.
Ganz speziell zu den Tests können wir bereits Aufklärungen durchführen, vor allem die Begrenztheit dieser Tests klarmachen und auch erklären, wie so ein Test möglich ist; denn bei guter Aufklärung braucht man kein Medizinstudium, um einen solchen Test durchzuführen.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Aber es hilft!)
– Aber es hilft, natürlich.
Zweitens. Bei den flächendeckenden Tests bedarf es eines Ergebnisses innerhalb von 24 Stunden. Das ist in der Zwischenzeit besser geworden; aber die Meldeverzüge müssen beseitigt werden. Wir müssen erreichen, dass diese Meldeverzüge nicht mehr existieren. Die Ergebnisse müssen sowohl dem RKI als auch den Gesundheitsämtern gemeldet werden. Herr Spahn, vielleicht können Sie einmal mit Frau von der Leyen sprechen. Wo bleibt eigentlich die europäische Teststrategie, auf die wir seit Monaten warten? Da passiert ja auch nichts.
(Beifall bei der FDP)
Zu guter Letzt: Eine Sorge treibt uns um – nicht nur mich als Mediziner und Infektiologe –, und zwar die mutierten Viren. Viren mutieren. Das ist etwas Biologisches, Selbstverständliches und nichts Ungewöhnliches. Aber die Sorge vor Escape-Mutanten haben wir durchaus. Hier klafft in unserer Teststrategie ebenfalls eine riesige Lücke. Die Maßnahmen, die bis jetzt ergriffen worden sind, sind unzureichend. Das hat etwas mit ungenauem Testen zu tun. Deshalb müssen wir die klinisch relevanten Virusvarianten rechtzeitig erkennen. Alle Menschen in Krankenhäusern, die mit SARS-CoV-2 erkrankt sind, die nach einer Impfung infiziert sind oder eine Infektion durchgemacht haben, müssen auf mutierte Viren achten.
Meine Damen und Herren, wir haben Vertrauen in die Menschen in unserem Land, sie können diese Testungen durchführen, sie müssen sich aber darauf verlassen können, dass wir Teststrategien updaten.
Herr Dr. Ullmann.
Nur mit einer guten, sinnvollen Ergänzung dieser Maßnahmen kommen wir an das hehre Ziel, diese Pandemie endlich auch global zu beseitigen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Danke schön, Dr. Ullmann. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Janosch Dahmen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7499071 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Kapazitäten für Schnelltests |