Martina Stamm-FibichSPD - Kapazitäten für Schnelltests
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Antrag ist es wie mit so vielen Dingen in der Pandemie: Eigentlich verfolgen wir alle das gleiche Ziel, aber über den Weg dorthin gibt es dann doch die eine oder andere Uneinigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben recht damit, dass wir mehr testen müssen, um das Infektionsgeschehen besser in den Griff zu bekommen, und es stimmt ebenfalls, dass in diesem Zusammenhang Antigenschnelltests zur Selbstanwendung ein wichtiger Baustein unserer Teststrategie sein können, nämlich immer dann, wenn ein PCR-Test oder ein Point-of-Care-Test nicht möglich ist.
Allerdings halte ich es für den falschen Weg, die aktuell zugelassenen Antigenschnelltests jedem Laien einfach so zugänglich zu machen. Deshalb lehne ich den Antrag in seiner jetzigen Fassung ab. Ich halte dies für kritisch, weil die korrekte Anwendung der Tests durch den Laien aktuell nicht immer und vollständig gewährleistet werden kann. Jeder, der schon mal so einen Rachenabstrich mitgemacht hat, weiß, wie unangenehm das sein kann. Und ich bin mir sicher, dass es auch viele Menschen gibt, die nicht in der Lage sind, selbstständig diesen Abstrich wirklich korrekt durchzuführen.
Hinzu kommt, dass die korrekte Interpretation der Ergebnisse ebenfalls nicht garantiert ist. Wenn wir Antigenschnelltests zur Selbstanwendung einführen wollen, dann müssen wir zuerst garantieren, dass diese Tests in der Anwendung auch absolut sicher sind. Gleichzeitig müssen wir regeln, dass die Abgabe solcher Tests mit einer entsprechenden Aufklärung über die richtige Einordnung der Ergebnisse einhergeht. Was wir auf jeden Fall unterbinden müssen, ist, dass Menschen sich testen, fälschlicherweise ein negatives Ergebnis erhalten und danach in einem falschen Sicherheitsgefühl durch die Gegend laufen und womöglich sogar zu Superspreadern werden.
Aktuell sind mehrere Antigenschnelltests zur Selbstanwendung im Notifizierungsverfahren. Wir rechnen damit, dass die Zulassung zeitnah erfolgt. Die rechtlichen Anpassungen, die eine Abgabe der Tests ermöglichen, sind bereits in Arbeit. Bis es so weit ist, gilt es allerdings, noch einige wichtige Fragen zu klären. Unter anderem muss die nationale Teststrategie überarbeitet werden und um die Nutzung der Antigenschnelltests zum Eigengebrauch ergänzt werden. Die Bundesregierung und die Länder müssen sich darüber verständigen, wo der großflächige Einsatz der Tests Sinn macht und wo nicht. Regelungsdurcheinander, Einzellösungen und Alleingänge müssen wir an dieser Stelle verhindern.
Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die Tests, die sich im Markt befinden, die notwendigen Anforderungen an Sensitivität und Spezifität auch tatsächlich erfüllen. Einige Studien weisen nämlich darauf hin, dass die Herstellerangaben und die tatsächliche diagnostische Sensitivität in einigen Fällen weit auseinanderklaffen.
Der Kollege Pilsinger hat auf die RKI-Studie hingewiesen. Angesichts dieser Untersuchung, bei der nur 39 Prozent der asymptomatisch Infizierten erkannt wurden, bin ich wirklich erschrocken. Da habe ich mir gedacht: Deswegen müssen wir darauf wirklich ein Auge haben. Deshalb macht es vielleicht auch Sinn, die Tests, die auf dem Markt sind, noch einmal unabhängig auf ihre Qualität zu überprüfen. Denn welchen Sinn macht es, Antigentests als Public-Health-Tool einzusetzen, wenn sie fehlerhaft sind und nicht halten, was sie versprechen?
Und schlussendlich müssen wir uns auch mit der Kostenfrage befassen. Wann kommt eventuell eine Erstattung infrage und wann nicht?
All diese Fragen müssen beantwortet sein, bevor wir den Antigentest zur Selbstanwendung großflächig einführen. Alles andere führt nur zur Verwirrung und schadet mehr, als es nutzt. Ich glaube, es verbindet uns in großen Teilen, dass wir das alle nicht wollen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Martina Stamm-Fibich. – Der letzte Redner in dieser Debatte: Dietrich Monstadt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7499080 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Kapazitäten für Schnelltests |