Florian PostSPD - Aktuelle Stunde: Big Tech und die Meinungsfreiheit im Internet
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ging es wie bestimmt vielen von Ihnen: Als ich gehört habe, dass der damals noch amtierende Präsident Trump bei Twitter und dann auch bei Facebook gesperrt wurde, habe ich zunächst gesagt: Jawoll, richtig so! – Ich finde es auch im Nachhinein richtig, dass er gesperrt wurde.
(Beatrix von Storch [AfD]: Das glaube ich!)
– Ja, wenn Sie gesperrt werden würden, wäre es mir auch recht.
(Beifall bei der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Das glaube ich auch!)
Aber man muss ja auch Blödheiten ertragen.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Typisch! Das sind die Demokratievertreter! – Weitere Zurufe von der AfD)
Man hat ja eindrucksvoll sehen können, wozu Hass und Hetze führen, nämlich an den schrecklichen Bildern der Erstürmung des Kapitols, wo es ja auch Todesopfer zu beklagen galt.
(Zuruf von der AfD)
Donald Trump ist nur das prominenteste Beispiel in dieser Reihe. Weniger Prominenz ist dort drüben zu sehen; Frau von Storch, Sie beweisen es jeden Tag eindrucksvoll aufs Neue.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist das, was Sie gerne hätten!)
Aber es ist auch richtig, dass ein Gefühl, das einen beschleicht, natürlich keine Bewertungsgrundlage im politischen Diskurs und im politischen Entscheidungsprozess sein kann. Das ist ein Dilemma, das wir beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz ausführlich diskutiert haben und auch bei der Novellierung noch ausführlich diskutieren werden.
Zweifelsohne ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ein wirksames Instrument gegen Hass und Hetze im Internet. Schwierig ist natürlich die Abgrenzung zwischen noch zulässiger Meinungsäußerung und Straftat. Dürfen also Beiträge auch dann gelöscht werden, wenn sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen?
(Beatrix von Storch [AfD]: Das stellen Gerichte fest!)
Damit ist die Frage verbunden, ob Twitter und Facebook eigene Regeln erlassen und damit selbst definieren können, welche Beiträge ihnen genehm sind und welche nicht. Diese Problematik sehen wir, und dieser stellen wir uns natürlich.
Es ist nachvollziehbar, dass ein Forum der Katzenzüchterfreunde auch nur Katzenfreunde zulässt; das ist klar. Problematisch wird es aber dann, wenn eine Plattform allein durch ihre Größe und durch ihre Nutzeranzahl eine erhebliche Rolle für die gesellschaftliche Debatte und Meinungsbildung spielt.
Aber dass man gar nicht sperrt, wenn kein Strafrecht berührt ist, kann ja auch nicht sein; so einfach ist das nicht. Es ist nämlich auch so, dass gerade diejenigen von einem gesellschaftlichen Klima profitieren, die dieses gesellschaftliche Klima der Angst durch ihren Hass und ihre im Internet verbreitete Hetze erst erzeugen und sich danach auf die Meinungsfreiheit berufen. Es werden auch schon Menschen im Vorfeld von der Debatte ausgeschlossen, die sich einfach nicht mehr diesem Hass und dieser Hetze in den sozialen Medien stellen wollen und lieber ruhig sind, weil sie sagen: Das tue ich mir nicht mehr an. – Das ist auch nicht gewollt; das kann nicht das Ziel sein.
Wer darf also die Regeln festlegen? In einer Demokratie ist es in der Tat schwer vermittelbar, dass das alleine Entscheidungsträger bei sozialen Netzwerken und Manager im Silicon Valley sein dürfen. So ist es bei uns ja auch nicht; deswegen haben wir das Instrument des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes geschaffen. Ja, es ist nicht perfekt. Es gilt, es weiterzuentwickeln. Genau das tun wir.
Man braucht dazu ein Spektrum aus der Zivilgesellschaft, das uns hierbei berät. Auch das findet statt. Und es braucht zuvorderst ein Höchstmaß an Transparenz und Regeln sowie die Möglichkeit für jeden und jede, der oder die sich ungerechtfertigt gesperrt sieht, in einem Gegenvorstellungsverfahren wiederum seine oder ihre Argumente vortragen zu können. Und dann braucht es wieder Transparenz, um das Ergebnis dieses Gegenvorstellungsverfahrens öffentlich darzustellen.
Genau das werden wir im Rahmen der Novellierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, das hoffentlich im April abgeschlossen sein wird, tun. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen und Debatten hier im Hause.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Carsten Müller das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7499102 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Big Tech und die Meinungsfreiheit im Internet |