Alexander UlrichDIE LINKE - Corona-Überbrückungshilfen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde eine durchaus sinnvolle Debatte, bei der wir über die Coronahilfen reden; denn jeder von uns bekommt ja jeden Tag Hunderte, Dutzende oder wie viele Anfragen auch immer von Händlern, von Selbstständigen, die vor großen wirtschaftlichen Problemen stehen, die oftmals auch ihre Existenz bedroht sehen und teilweise über ganz schlimme Dinge berichten.
Herr Bareiß, Sie haben sich hierhingestellt und so getan, als wäre alles wunderbar, hier Zahlen präsentiert, die hinten und vorne nicht stimmen. Heute Mittag hat doch die Regierungskoalition hier den Offenbarungseid geleistet: Sie haben sich heute Mittag hierhingestellt und haben das Insolvenzrecht verändert. Weil Sie wissen, dass viele Firmen vor dem Ende ihrer Existenz stehen, und weil Sie mit den Coronaauszahlungen nicht nachkommen, mussten Sie die Antragsfrist verändern, damit das nicht der Grund ist für die Insolvenz. Das war doch heute Mittag im Prinzip der Beweis dafür, dass die Coronahilfspolitik vollkommen gescheitert ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Und da hat Ihr Haus natürlich eine große Mitschuld.
Aber, liebe FDP, ich lasse Sie hier nicht so einfach davonkommen. Sie sprechen im Titel Ihres Antrags von „Chaos“. Und wo es Chaos gibt, gibt es Chaoten; das muss ja so sein. Jetzt haben wir den einen oder anderen Chaoten im Wirtschaftsministerium hier in Berlin. Aber als jemand, der aus Rheinland-Pfalz kommt, der die Coronahilfspolitik in Rheinland-Pfalz gesehen hat, das, was der Generalsekretär der FDP, Volker Wissing, zu verantworten hat, will ich Ihnen einmal sagen: Er ist beim Chaotisieren genauso stark wie Herr Altmaier.
(Beifall bei der LINKEN – Christian Dürr [FDP]: Quatsch!)
Insoweit bin ich gerade froh, dass Ihre wirtschaftspolitische Wunderwaffe Volker Wissing hier nicht sitzt und hier die Verantwortung zu tragen hat; denn dann wären wir wahrscheinlich noch viel schlechter dran. Es fängt schon bei der Coronasoforthilfe in Rheinland-Pfalz an. Die kam für viele viel zu spät. In keinem Bundesland ist die Coronasoforthilfe so spät ausgezahlt worden wie in Rheinland-Pfalz.
(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
Und, ganz nebenbei, weil Sie immer behaupten, sich für den Mittelstand einzusetzen: Rheinland-Pfalz hat keinen einzigen Euro draufgelegt auf die Bundesmittel. Das macht die FDP mit dem Mittelstand. Wenn es nach Ihnen ginge, hätten wir heute hunderttausend Arbeitslose mehr.
(Christian Dürr [FDP]: Ein solcher Quatsch, den Sie erzählen, Herr Kollege!)
Denn Sie waren auch gegen Konjunkturpakete, und Sie waren auch gegen die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes. Das ist die Wahrheit; die muss hier an diesem Abend auch angesprochen werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Christian Dürr [FDP])
Und es geht gerade so weiter, Herr Bareiß. Groß angekündigt wurde diese Woche mal wieder die Überbrückungshilfe III. Und dann haben Sie erklärt, Sie hätten jetzt verstanden, der Einzelhandel braucht Hilfe bei den verderblichen Waren, bei der Saisonware. Als ich Sie im Ausschuss darauf angesprochen habe, wie das denn umgesetzt wird, gaben Sie mir gegenüber offen zu: Wir sind da im Ministerium blank, wir sind mit Fragen konfrontiert und wissen gar nicht, wie wir es umsetzen wollen. – Sie haben jetzt wieder nach außen signalisiert, in die Bevölkerung, in die Unternehmerschaft: Wir können da etwas tun. – Aber Sie haben keinen Plan, wie Sie es umsetzen wollen. Und so geht es immer, Woche für Woche weiter.
Dieses Wirtschaftsministerium ist ein Schwachpunkt in dieser Coronahilfspolitik. Und deshalb: Herr Altmaier muss sich nicht wundern, wenn Herr Merz sagt: Dieser Mann gehört ausgetauscht. – Rein rechnerisch muss es die halbe Unionsfraktion auch so sehen. Deshalb: Kommen Sie erst einmal aus dem Pott, und belobigen Sie sich hier nicht auch noch für diese falsche Politik! Die Unternehmer in diesem Land, viele Soloselbstständige sind am Existenzminimum, brauchen Hilfe, schnelle Hilfe. Das, was Sie machen, ist eine Verzögerung, die viele Existenzen und viele Arbeitsplätze kosten wird. Wir Linke haben das von Anfang an kritisiert.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Kollege, kommen Sie freundlicherweise zum Schluss.
Ein allerletzter Satz. – Wir als Linke haben von Anfang an gesagt: Gerade für die Soloselbstständigen und die Kleinunternehmer brauchen wir den Unternehmerlohn. Es ist unwürdig, dass sie zu Hartz IV überwiesen werden. Dieser Unternehmerlohn ist hier auch mal diskutiert worden. Sie haben ihn abgelehnt.
Kollege Ulrich, bitte.
Das ist eine soziale Verwerfung. Deshalb: Machen Sie endlich mal Ihre Hausaufgaben!
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Kollege Ulrich, erlauben Sie mir die Anmerkung: Ich glaube, auch in Rheinland-Pfalz gehen die Uhren wie im Rest der Republik und nicht anders.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7499206 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Corona-Überbrückungshilfen |