Detlef MüllerSPD - Personenbeförderungsrecht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rede von Herrn Spaniel hat es wieder deutlich gezeigt: Das A in AfD steht nicht für „Alternative“, sondern für „Ahnungslosigkeit“.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die FDP legt einen Antrag vor. Die Linke legt einen Antrag vor. Darüber kann man ja wenigstens diskutieren. Von Ihnen kommt aber nichts anderes als Genöle und Gemotze. Hauptsache, immer dagegen, einfach nur dagegen, ohne Ahnung zu haben.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind sehr gespannt auf den Antrag, den Sie praktisch kurz vor Toresschluss einbringen werden – nach mehr als zweieinhalb Jahren zäher Verhandlungen.
Wir starten nun endlich das parlamentarische Verfahren zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes. Dieses Regelwerk ist sehr speziell und sehr detailliert. Aber bevor wir hier auf Fachchinesisch von „Level Playing Field“, von „Bündelungsquoten“, von „virtuellen Haltestellen“ oder von „bedarfsgesteuerten Pooling-Diensten“ sprechen, sollte es erst mal um verständliche Grundsätze gehen.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Sehr schön!)
Das PBefG ist das Grundgesetz für öffentliche Mobilität. Ohne Personenbeförderungsgesetz fährt in diesem Land kein Bus, keine Straßenbahn, kein Taxi – von neuen Mobilitätsarten ganz zu schweigen. Genau hier liegt der Grund für die langen und zähen Verhandlungen. Privates und öffentliches Pooling, also eine Mischung aus Taxi und ÖPNV, Plattformmobilität und auch Uber, findet in einigen Städten längst statt, oftmals mit Experimentierklauseln, oftmals in direkter Konkurrenz zum ÖPNV und auch zum Taxi.
In anderen Städten oder Landkreisen ist von Konkurrenz keine Spur. Da fällt es schon schwer, ohne Vorbestellung am Abend ein Taxi zu kriegen. Es braucht also ein modernes Personenbeförderungsgesetz, das den öffentlichen Verkehr von morgen verbindlich regelt. Es braucht es aber auch, um den Anforderungen an öffentliche Verkehre gerecht zu werden – mit Blick auf die Verkehrswende, mit Blick auf den Klimawandel, aber auch mit Blick auf die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in diesem Land. Deshalb ist es wichtig, dass wir diesen Gesetzentwurf nun endlich beraten. Der Weg hierhin war nicht einfach.
Im Frühjahr 2019 hat das Verkehrsministerium ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt, das – wie ich finde, vollkommen zu Recht – zu massiven Protesten im Taxigewerbe geführt hat. Weiter ging es mit der sogenannten Findungskommission: Verkehrsexperten aus Koalition und Opposition, Verkehrsminister einzelner Bundesländer, die mehr als ein Jahr lang beraten haben, um schlussendlich die Grundlagen für den heute vorliegenden Gesetzentwurf zu liefern.
Die vier Grundsätze meiner Fraktion waren stets klar: Das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in Deutschland bildet der ÖPNV mit Bussen, Straßenbahnen, S- und U-Bahn. Neue Mobilitätsformen können diese nur ergänzen. Wir wollen klare Spielregeln für alle Verkehrsarten und Geschäftsmodelle im öffentlichen Verkehr, keine Rosinenpickerei, keine Kannibalisierung von Verkehrsarten, kein Wildwest zwischen Anbietern. Wir wollen klare Regeln für den Umgang mit Beschäftigten. Geschäftsmodelle, die auf der Ausbeutung von Mitarbeitern basieren, wird es mit uns nicht geben.
(Beifall bei der SPD)
Wir wollen klare Steuerungsmöglichkeiten für die Kommunen; denn Städte und Landkreise wissen am besten, welche Verkehre sie in ihren Gebieten brauchen und wie diese organisiert werden müssen. Das PBefG kann hier nur einen Rahmen geben, aber es muss eben passen – sowohl im Landkreis Marburg als auch in Passau, in Berlin wie in Gütersloh, in Chemnitz und in der Uckermark. – So viel zu den Grundsätzen.
Was wir erreicht haben, kann sich sehen lassen. Wir schaffen die Grundlage für nachfragegesteuerte Verkehre innerhalb des ÖPNV, die sogenannten Linienbedarfsverkehre. Wir schaffen eine rechtssichere Grundlage für die privaten Pooling-Angebote, die die Fahrtwünsche ihrer Kunden bündeln und damit Mobilität, gerade im Innenstadtbereich, effizienter machen.
Im Mietwagenmarkt wird es Neuerungen geben. Hier schaffen wir die Möglichkeit, Dumpingpreise zu verhindern, indem Mindestpreise festgeschrieben werden.
(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)
Wir behalten die Rückkehrpflicht für Mietwagen bei, von der nur in großen Flächenkommunen abgewichen werden kann, wenn sie es denn wollen. Wir wollen eben nicht noch mehr Fahrzeuge in unseren Städten, die im Fahrgastsuchverkehr um die Innenstadt kreisen.
Die meines Erachtens wichtigste Änderung im Bereich der neuen Mobilität ist, dass wir Mobilitätsplattformen genehmigungspflichtig stellen, nämlich dann, wenn sie für die Erbringung der Verkehre organisatorisch verantwortlich sind. Denn es kann nicht sein, dass Techkonzerne mit der Vermittlung von Mobilität Geld verdienen, sich aber dann einen schlanken Fuß machen, wenn es um die lokalen Auswirkungen der erbrachten Verkehre geht.
(Beifall bei der SPD)
Im Taximarkt wird es neue Regeln und regulatorische Entlastungen geben. So ermöglichen wir Taxitarifkorridore und Festpreise, beispielsweise – der Minister hat es angesprochen – für oft nachgefragte Routen wie Bahnhof–Krankenhaus oder Flughafen–Innenstadt im Bestellmarkt. Wir planen, die in Zeiten von Navigationsgeräten nicht mehr zeitgemäße Ortskundeprüfung für Taxifahrer durch den „Kleinen Fachkundenachweis“ zu ersetzen. Außerdem verdeutlichen wir die Möglichkeit zur Finanzierung von Taxiverkehren in unterversorgten Gebieten durch die öffentliche Hand.
Doch auch hier, meine Damen und Herren, gilt das Struck’sche Gesetz: Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es eingebracht wurde. – Es gibt Änderungsbedarf. Wir werden beispielsweise weiter über die Frage der Festlegung von Sozialstandards verhandeln, sowohl im ÖPNV als auch im Mietwagenmarkt.
(Beifall bei der SPD)
Wir wollen, dass die fachlichen Anforderungen an Taxifahrer auch im Mietwagen- und Pooling-Markt gelten. Wir werden uns einigen müssen über weitere kommunale Steuerungsmöglichkeiten bei Mietwagen- und Pooling-Verkehren im Hinblick auf Emissionsfreiheit, Barrierefreiheit und die Verknüpfung mit anderen Verkehrsarten. Und ja, wir werden auch darüber reden müssen: über Sanktionen und über klare Bußgeldbewehrung bei Regelungsverstößen.
Das nun anstehende parlamentarische Verfahren, meine Damen und Herren, wird uns hierzu die Möglichkeit geben. Ich glaube, wir tun gut daran, hier auch die Stimmen der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zu hören; denn in den Ländern und Kommunen muss das Personenbeförderungsgesetz schlussendlich seine Tauglichkeit beweisen.
Vielen Dank.
Vielen Dank. – Das Wort geht an Daniela Kluckert von der FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7499295 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 207 |
Tagesordnungspunkt | Personenbeförderungsrecht |