Michael TheurerFDP - Bundesweiter Stufenplan zur Pandemiebewältigung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Corona raubt den Kranken den Atem, aber Corona raubt auch dieser ganzen Republik die Luft zum Atmen: in weiten Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft. Und auch nach Monaten der Coronapandemiebekämpfung ist es uns noch nicht gelungen, die Logik des Lockdowns zu durchbrechen. Noch immer diktiert praktisch das Virus der Politik, der Exekutive das Handeln.
Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, und zwar gerade jetzt, wenn die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin um die richtigen weiteren Schritte ringen, dass wir endlich das diskutieren und beschließen, was erforderlich ist, nämlich eine Abkehr von der reinen Konzentration auf Inzidenzwerte hin zu einem Stufenplan, der ein intelligenteres Konzept darstellt und der dann bei zurückgehendem Infektionsgeschehen ein regionales Öffnen nach einheitlichen Standards ermöglicht, die in ganz Deutschland gelten.
(Beifall bei der FDP)
Das ist notwendig, damit aus dem Lockdown kein Knock-down der ganzen Wirtschaft wird. Viele Mittelständler, Friseure, Handwerksbetriebe, Gaststätten und Einzelhändler haben sich von Monat zu Monat durchgekämpft. Sie stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand, und sie erwarten von uns anderes als nur ein Hinausschieben, Verlängern und Verschärfen des Lockdowns.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, das ist kein Verharmlosen der Gefahr. Wir sehen durchaus die Gefahr der Mutationen. Aber wer hier jetzt mit Vermutungen und mit Angst vor Mutationen arbeitet, der muss sich dann – wie die Bundesregierung auch – fragen lassen, warum eigentlich in Deutschland monatelang nicht entsprechend genomsequenziert wurde. Über ein Jahr haben die Experten das eingefordert, aber es wurde, so die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von mir, noch im Dezember nur jede 1 600ste Coronatestprobe überhaupt sequenziert. Dann über Mutationen zu sprechen, ist ein Skandal. Das ist ein Versagen, ein Versäumnis der Bundesregierung, dass Sie sich hier vorhalten lassen müssen.
(Beifall bei der FDP)
Wir haben den Antrag gestellt und diese Debatte hier beantragt. Dass die Grünen auch einen Antrag eingebracht haben, der in die gleiche Richtung geht, werten wir als eine Unterstützung, als eine Bestätigung unseres Vorschlages.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder Ihr unseren!)
Wir haben uns getraut – und das erfordert Mut –, die Stufen auch konkret auszudefinieren. Darüber kann man streiten; da gibt es bestimmt auch Diskussionen, ob die Zuordnung genau richtig ist. Aber wir haben den Mut, diese sieben Stufen konkret zu definieren. Wir legen damit vor.
Und ja, wir glauben, dass wir weg müssen von der reinen Inzidenz. 50 bzw. 35 ist ja ein politischer Wert, der im Infektionsschutzgesetz festgelegt wurde. Wir schlagen stattdessen einen dynamischen Faktor vor, der auch den Impffortschritt berücksichtigt, der die Bedrohung von Risikogruppen und deren Schutz durch FFP2-Masken berücksichtigt, der innovative Technologien berücksichtigt wie zum Beispiel HEPA-Filteranlagen, die virenhemmend sind, und der natürlich auch die Auslastung der Intensivbettkapazitäten mit in das Kalkül einbezieht. Das ist intelligenter als die reine Konzentration auf den Inzidenzwert.
Inzidenzwerte, meine Damen und Herren, sollen ja dazu beitragen, dass Gesundheitsämter die Infektionsketten überhaupt nachvollziehen können. Wir glauben, mit einer besseren Organisation, mit einem besseren Management und vor allen Dingen mit der Digitalisierung der Gesundheitsämter könnte auch eine größere Zahl von Infektionen nachvollzogen werden. Das würde dafür sorgen, dass wir auch Bereiche der Wirtschaft und vor allen Dingen Kindergärten und Schulen endlich wieder öffnen könnten. Das fordern wir ein.
(Beifall bei der FDP)
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung endlich auch erklären, warum die Digitalisierung nicht vorankommt. Dass jetzt das Helmholtz-Zentrum eine Ausschreibung aufheben musste, die dafür sorgen sollte, dass SORMAS endlich eingesetzt wird, ist ein Skandal. Ich glaube, Sie müssen die Digitalisierung der Gesundheitsämter endlich zu einer Erfolgsgeschichte machen. Das fordern wir von Ihnen mit Nachdruck an der Stelle ein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Michael Theurer. – Jetzt waren Sie am Schluss, nicht wahr?
(Michael Theurer [FDP]: Ja!)
– War auch Zeit. – Schönen guten Abend, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir machen weiter. Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Rudolf Henke.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7501633 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 208 |
Tagesordnungspunkt | Bundesweiter Stufenplan zur Pandemiebewältigung |