Pascal KoberFDP - Mindest-Kurzarbeitergeld
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, Sie fordern in Ihrem Antrag die Einführung eines Mindestkurzarbeitergeldes in Höhe von 1 200 Euro. Interessant ist, bei Ihnen auf der Homepage zu lesen, was Sie unter anderem vielleicht zu dieser Forderung bewegt haben könnte. Frau Ferschl, Sie fordern da namentlich den Vergleich mit den Regelungen in anderen europäischen Ländern. Da kommen Sie zu dem Schluss, dass unser Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 bzw. 67 Prozent Deutschland zum Schlusslicht in Europa mache. Sie vergleichen die deutsche Kurzarbeiterregelung explizit mit der in Dänemark, Schweden und den Niederlanden und weisen darauf hin, dass dort die Kurzarbeiterregelung 100 Prozent vorsieht.
Die Wahrheit ist aber, Frau Ferschl, dass in Dänemark das Kurzarbeitergeld zwar bei 100 Prozent liegt, aber auf einer rein tariflichen Regelung basiert. Die Wahrheit ist, dass in Schweden das Kurzarbeitergeld zwar bei 100 Prozent liegt, aber nur 60 Prozent der ausgefallenen Arbeitsstunden gefördert werden. Die Wahrheit ist, dass in den Niederlanden das Kurzarbeitergeld bis zu 100 Prozent beträgt, das aber nur für drei Monate, und dann in Schritten auf 60 Prozent abgesenkt wird.
Kurzum: Sie schüren hier Ängste. Sie weisen hier auf Zustände in Europa und in Deutschland hin, die der Realität nicht entsprechen, und das ist beides nicht in Ordnung. Wir werden hier immer dafür kämpfen, dass die Basis politischer Entscheidungen und Diskussionen die sachlich korrekte Zahl und die sachlich korrekten Fakten sind.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Kober, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?
Nein. – Darauf, dass das Kurzarbeitergeld im unteren Einkommensbereich, wenn es bei 60 Prozent liegt, natürlich nicht viel Geld ist, haben wir als FDP gleich zu Beginn dieser Debatte um das Kurzarbeitergeld immer hingewiesen, und wir werden uns einer intelligenten Lösung auch nicht verschließen – auf gar keinen Fall. Aber wenn wir heute hier schon über die wirtschaftliche Situation reden, dann dürfen wir nicht vergessen, dass auch vielen Unternehmerinnen und Unternehmern das Wasser bis zum Hals steht, dass Freiberufler, dass Selbstständige, dass viele Kulturschaffende heute nicht mehr wissen, wovon sie morgen leben sollen. Vor diesem Hintergrund ist es ein Skandal, dass die Wirtschaftshilfen bei den Menschen nicht ankommen. Es ist ein Skandal, dass die Menschen nicht wissen, ob sie nach der Wiedereinführung der Insolvenzanmeldungsregelung in Zukunft überhaupt noch einen Arbeitsplatz haben werden.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es nicht allein um die Frage der Hilfen. Natürlich helfen Hilfen, und die Menschen nehmen die Hilfen auch in Anspruch. Aber was sie letzten Endes wollen, ist, dass sie wieder arbeiten können, soweit das mit der Pandemie vereinbar ist. Sie möchten eine Perspektive, damit sie heute schon planen können, wie sie in Zukunft arbeiten sollen. Da fehlt es dieser Koalition an einer Öffnungsstrategie, die Öffnung und Pandemiebekämpfung in einem denkt, und darauf weisen wir als FDP mit unserem Stufenplan seit gestern hier eindrücklich hin.
(Beifall bei der FDP)
Wir brauchen diesen Stufenplan, weil die Inzidenzzahlen allein nicht ausschlaggebend sein können. Wir brauchen eine dynamische Diskussion über die Gefährdung durch die Pandemie. Wir brauchen eine Dynamik, die sich daran orientiert, wie sich auf der einen Seite das Infektionsgeschehen vor Ort tatsächlich entwickelt und wie sich auf der anderen Seite das Schutzniveau entwickelt. Wir müssen die Fortschritte beim Impfen mitdenken. Wir müssen die Versorgung der vulnerablen Gruppen mit Schutzmaßnahmen, beispielsweise FFP2-Masken oder intelligenten Technologien wie Luftfilteranlagen, mitdenken. Wir müssen natürlich das Vorhandensein der Kapazitäten der Intensivbetten mit in die Betrachtung ziehen.
Wir müssen die Lockdown-Strategie ausweiten auf eine Lockdown- und Öffnungsstrategie, auf Öffnen und Pandemiebekämpfung in einem. Beides müssen wir in Zukunft zusammendenken. Denn die Leute brauchen eine Perspektive, ihr Geld auch wieder verdienen zu können. Sie möchten arbeiten. Sie möchten ihre Dienstleistungen anbieten. Das ist es, worum es jetzt gehen muss, und deshalb bitten wir Sie von der Koalition, endlich einmal Stellung zu beziehen und diesen Weg mit uns zu gehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Kollege Kober. – Der nächste Redner: für Bündnis 90/Die Grünen Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7501897 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 209 |
Tagesordnungspunkt | Mindest-Kurzarbeitergeld |