Jürgen MartensFDP - Strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition und die Bundesregierung tragen vor, dass sie mit der neuen Fassung des § 261 Strafgesetzbuch nun wirklich effektiv die Geldwäsche bekämpfen werden und die Organisierte Kriminalität noch erfolgreicher bekämpfen können. Wir haben aber Zweifel, dass das stimmt.
Der Tatbestand des § 261 wird nicht präzisiert, wie es die europäische Richtlinie verlangte, sondern er wird nur aufgeblasen. Er wird in seiner Bestimmtheit bis an die Grenzen gedehnt und möglicherweise sogar ein Stückchen darüber hinaus. Am Rande sei zunächst angemerkt, dass die Richtlinie der Europäischen Union hier eine ganz klare Nennung von Tatbeständen verlangt hatte. Dem sind Sie aber nicht nachgekommen, sondern Sie lassen jetzt jegliche Straftat als Vortat ausreichen. Das ist das sogenannte Gold-Plating, dem Sie im Koalitionsvertrag noch hoch und heilig abgeschworen haben. Darin steht, dass diese Koalition EU-Recht nur eins zu eins umsetzen wird und nicht draufsattelt. Dies ist ein schönes Beispiel dafür, dass das nicht stimmt.
Zum Thema Bestimmtheit haben Sie selber gesagt, es sei jetzt viel leichter möglich, auch leichtfertiges Handeln zu bestrafen. Das ist richtig. Es kommt auch nicht mehr nur auf die Taterträge selber an, sondern auch auf jegliches Surrogat; also das an die Stelle Getretene ist ausreichend, um Geldwäschetatbestände zu erfüllen. Und das Ganze kann auch noch leichtfertig erfüllt werden.
Jetzt streichen Sie den Vortatenkatalog vollständig. In § 261 Absatz 9 zum Beispiel verweisen Sie dann auch noch im Zusammenhang mit Vortaten auf Rahmenbeschlüsse des Europäischen Rates, unter Nummer 2 Buchstabe d auf denjenigen des Rates vom 25. Oktober 2004. Da geht es um Drogen. Und wenn man sich fragt, um welche Drogen es geht, dann muss man im Anhang des Beschlusses nachschauen, dort verweisen Sie auf ein Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Substanzen. Welche Grundstoffe dort gemeint sein können, erfährt man auch nicht; denn dazu muss man Artikel 12 eines weiteren Übereinkommens suchen, finden und verstehen, nämlich das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit stellen die sicher, dass das keiner anwenden kann!)
Meine Damen und Herren, ich habe heute ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages erhalten, der zur Frage der Bestimmtheit sogenannter Kaskadenverweisungen Folgendes ausführt: Ob diese Verweisungen den Anforderungen des Verfassungsgerichts an Bestimmtheit und Normenklarheit genügen, dürfte zumindest nicht zweifelsfrei zu bejahen sein.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Gutachten kennen Sie noch nicht; das habe ich heute erst bekommen. – Für den Normalbürger umgesetzt heißt das: Dieses Gesetz ist problematisch; dieses Gesetz ist verfassungsmäßig nicht in Ordnung.
Nebenbei bemerkt: Sie bekämpfen damit zwar nicht wirksam die Geldwäsche, aber Sie tun alles, um die Ermittlungsbehörden möglicherweise in Arbeit absaufen zu lassen. Die entsprechenden Zahlungsdienstleister haben nämlich schon angekündigt, aufgrund dieses Gesetzes Hunderttausende von Meldungen machen zu müssen. Gute Gesetzgebung ist das nicht.
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Martens. – Nächster Redner ist der Kollege Friedrich Straetmanns, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7502160 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 209 |
Tagesordnungspunkt | Strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche |