Christoph HoffmannFDP - Export gefährlicher Pestizide
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Grünen klingt einfach und logisch: Was bei uns nicht verwendet werden darf, soll auch nicht exportiert werden. – Das ist sehr pauschal. Der Satz wäre völlig richtig, wenn es gleiche Voraussetzungen gäbe, aber die gibt es nicht. Die Ausgangslage ist – erstens – völlig verschieden, die phytosanitären Voraussetzungen sind einfach andere: Sie haben im Globalen Süden ganz andere Insekten, Pilze, Bakterien, Viren, die sich auch schnell anpassen; es sind weit virulentere Schadorganismen, als wir sie kennen. Die gab es übrigens bei uns auch einmal: Es gab den Maikäfer, es gab den Kartoffelkäfer – die gibt es heute nicht mehr. Das sind ganz große Schädlinge, die bei uns gar nicht mehr bekämpft werden. Deshalb haben wir natürlich eine etwas luxuriösere Lage. Zweitens: die fehlende Logistik. Bei den modernen Pflanzenschutzmitteln müssen Sie ganz präzise, an einem bestimmten Tag diese Mittel ausbringen. Das können Sie im Globalen Süden nicht garantieren. Drittens. Es ist auch eine Frage des Geldes: Die modernen Pflanzenschutzmittel kosten ein Vielfaches dessen, was die alten Pflanzenschutzmittel kosten. – Insofern sind die Voraussetzungen einfach andere.
Das Exportverbot, das Sie fordern, würde den Globalen Süden auch in eine prekäre Situation bringen, und da müssen Sie sich schon fragen: Wie wollen Sie die bekämpfen? Der Maisheerwurm frisst ein Drittel der Maisernte in Afrika. Wenn Sie da keine Pflanzenschutzmittel haben, was tun Sie? Gentechnik wollen die Grünen auch nicht. Was tun Sie, wollen Sie die Leute verhungern lassen?
Kollege Hoffmann, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Ja, natürlich.
Danke, dass Sie die Frage zulassen, Herr Kollege Hoffmann.
Sie haben gesagt, es sind schließlich unterschiedliche Verhältnisse bei uns und in den Ländern des Globalen Südens. Das stimmt ganz bestimmt. Aber jetzt muss ich Sie fragen: Sind Sie der Meinung, dass beispielsweise ein Herbizid, dessen Wirkung hier in Europa als fruchttoxisch festgestellt wurde und das deshalb in Europa nicht mehr zulassungsfähig ist, im Globalen Süden nicht fruchttoxisch wirkt? Das müssen Sie mir dann bitte erklären; auf diese Erklärung wäre ich gespannt. Genau um diese Stoffe, die direkt negative Auswirkungen auf den Menschen haben, geht es. Da finde ich das sehr zynisch. Wenn Sie für mich eine Antwort dazu haben, danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich gibt es da eine Antwort. Es ist sehr vielschichtig. Die Pflanzenschutzmittel betreffen viele Segmente; es sind Insekten, es sind Bakterien, es sind Viren, es sind auch Herbizide dabei; da gibt es ganz verschiedene, das ist vielschichtig. Was Sie pauschal hier fordern, ist einfach sehr pauschal.
Zweitens. Natürlich ist die Wirkung überall dieselbe; das ist ja völlig richtig. Aber Sie haben überall auch einen anderen Gewinn von dieser Sache, beispielsweise wenn Sie um Ihr Überleben kämpfen. Vorhin haben wir gehört: Ungefähr 11 000 Tote gibt es beim unsachgemäßen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf der Welt. Deshalb bin ich auch sehr dankbar, dass Herr Kekeritz dieses Thema aufgebracht hat.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Was ist mit den Früchten?)
Aber wir haben ungefähr 600 Millionen bis 800 Millionen Tote durch Hunger. Das ist das Gegengewicht, was Sie auch sehen müssen. Man kann das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, was Sie hier tun.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kommt jetzt noch eine Antwort?)
Ihr Antrag ist pure Beipackzettelphilosophie. Sie beschäftigen sich mit den Nebenwirkungen, aber den Hauptwirkungen nicht. Haben Sie sich jemals gefragt: Warum werden diese Mittel eigentlich bestellt? Warum werden sie eigentlich gekauft? Was ist eigentlich der Hauptzweck dieser Mittel? Die Länder bestellen das doch nicht, um sich zu vergiften, sondern weil sie Pflanzenschutz betreiben müssen, weil sie so viele Antagonisten haben, gegen die sie sich wehren müssen.
Die Lebenserwartung in Afrika ist in den letzten zehn Jahren um fünf Jahre gestiegen – das ist ein Riesenerfolg –, auch durch gute Ernährung und durch gesicherte Ernährung.
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat nichts mit den Pestiziden zu tun!)
Das sollten wir auch akzeptieren und respektieren.
(Beifall bei der FDP)
Ich habe Sie im Ausschuss gefragt: Was machen Sie denn gegen die großen Heuschreckenschwärme? Wie wollen Sie die bekämpfen? – Da haben Sie gesagt: Ja, dann machen wir eine Ausnahme von unserem Exportverbot. – Aber dann haben Sie auch gar keine Produktionskapazitäten mehr in Deutschland. Deshalb ist Ihr Antrag nicht zu Ende gedacht, und deshalb werden wir ihn ablehnen.
(Beifall bei der FDP – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben ihn nicht gelesen! Sie wissen ja gar nicht, worum es in diesem Antrag geht, Herr Hoffmann! Das ist das Problem! Es geht hier nicht um alle Pestizide! Das hätten Sie eigentlich herauslesen können!)
Nehmen Sie bitte den Mund-Nasen-Schutz?
(Zuruf von der AfD: Hier kommt ja wieder eine Schärfe rein!)
Für die Fraktion Die Linke hat nun Dr. Kirsten Tackmann das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7502173 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 209 |
Tagesordnungspunkt | Export gefährlicher Pestizide |