12.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 210 / Zusatzpunkt 9

Edgar FrankeSPD - Fortgeltung der epidemischen Lage

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder Tag mit Grundrechtseinschränkungen ist, glaube ich, ein Tag zu viel; da sind wir alle einer Meinung. Aber ich sage auch: Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Die Pandemie macht leider Maßnahmen notwendig, die unsere Freiheitsrechte massiv einschränken. Aber ich sage – auch in Richtung der AfD –: Das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Unversehrtheit geht grundsätzlich allen Rechten in unserer Rechtsordnung vor. Das muss man ausdrücklich hier betonen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Enrico Komning [AfD]: Dann fragen Sie mal die, die sterben wegen dieser Geschichte! – Beatrix von Storch [AfD]: Das ist offensichtlicher Quatsch! Das ist einfach totaler Unfug! Sie haben keine Ahnung!)

Die Freiheitsrechte gelten in einem Rechtsstaat nicht unbeschränkt. Grundrechtsbeschränkungen sind nur möglich, solange die Coronamaßnahmen verhältnismäßig sind. Diese Rechtsschranke, wenn Sie so wollen, haben wir ja.

(Zuruf des Abg. Enrico Komning [AfD] – Gegenruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mit Verfassungsrecht haben Sie es nicht so!)

Ich hoffe sehr – wir hoffen das alle –, dass wir die Einschränkungen schrittweise aufheben können.

(Enrico Komning [AfD]: Dann brauchen Sie noch drei Jahre!)

Wir alle wollen wieder ins Stadion, wir alle wollen wieder ins Restaurant, wir alle wollen wieder Kultur genießen. Wir freuen uns, dass die Friseure wieder aufmachen. Das bringt mir persönlich allerdings nicht so viel; das muss ich auch sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen Verwandte und gute Freunde wieder umarmen. Leider ist es noch nicht so weit. Gerade Familien mit kleinen Kindern wissen, wie hart es ist, dass man jetzt noch Geduld braucht.

Neben Geduld brauchen wir aber auch Verlässlichkeit,

(Enrico Komning [AfD]: Vernünftige Politik brauchen wir!)

Verlässlichkeit, wenn es darum geht, wer wann geimpft wird; wir haben ja eine Priorisierungskonkretisierung im Gesetz. Das heißt, es muss nachvollziehbar sein, warum gewisse Teile der Bevölkerung früher oder später geimpft werden.

Ein gutes Beispiel sind – erstens – Schulen und Kitas: Einerseits wollen wir wieder öffnen, andererseits wird dort bis jetzt kaum jemand geimpft. Das ist sicherlich ein Problem; das muss man auch ganz klar sagen. Deswegen sollten wir nochmals überprüfen, ob Kinder, Lehrer und Erzieher nicht früher geimpft werden könnten. Wir müssen sehen, wie wir das mit der STIKO-Empfehlung vereinbar machen können.

(Zuruf der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])

Offene Schulen, offene Kitas sind nicht nur für Kinder, sondern auch für Familien absolut notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch hier muss Gesundheit an erster Stelle stehen, gerade wenn wir auch bei uns in Deutschland Mutationen nachweisen.

(Beifall des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD] – Enrico Komning [AfD]: Kinder werden aber krank!)

Wir brauchen jetzt – zweitens – eine Verlässlichkeit auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. Heute haben wir im Detail schon das Gesetz debattiert, und es wird für mehr rechtliche Verlässlichkeit sorgen. Es erlaubt nämlich den Regierungen und dem Bund, Maßnahmen zu treffen. Aber wir stellen eben gerade keinen Blankoscheck aus;

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)

weder Minister Spahn noch der Regierung wird ein Blankoscheck ausgestellt. Der Bundestag hat immer das letzte Wort, und § 28a Infektionsschutzgesetz hat eine ausdifferenzierte Regelung. Ich glaube, das ist eine rechtsstaatliche Regelung, eine gute Regelung und eine Regelung, die man nachvollziehen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Außerdem: Ohne einen Bundestagsbeschluss laufen alle Regelungen, auch die Verordnungen, automatisch nach drei Monaten aus.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)

Bei den wichtigen Entscheidungen führt also kein Weg am Bundestag vorbei.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wichtiger Hinweis!)

Das ist auch gut so. Das sind Dämme, das ist ein Primat; der Bundesverfassungsgerichtspräsident hat es mehrmals angesprochen. Alle wichtigen Entscheidungen müssen in einer Demokratie im Parlament getroffen werden, und dem tragen wir mit diesem Gesetz auch Rechnung. Auch das muss man ausdrücklich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD] – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit einem Jahr müssen wir mit Corona leben. Das verlangt wirklich von uns alles ab. Wir sind ja im Wahlkreis unterwegs, wir wissen, was das bei den Menschen, bei den Familien bewirkt. Deshalb brauchen wir sicherlich auch für unsere Gesellschaft eine klare Perspektive, wir brauchen eine klare Strategie; das muss man auch ganz klar sagen. Wir müssen schrittweise zur Normalität zurückkehren.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Deswegen haben wir einen Stufenplan vorgelegt!)

Nur das gibt Hoffnung, und das schafft Vertrauen. Die Kanzlerin sagt immer: das Licht am Ende des Tunnels.

Nur mit Vertrauen, meine sehr verehrten Damen und Herren, kommen wir gemeinsam aus dieser Pandemie. Für uns Sozialdemokraten gilt: Gelebte Solidarität ist hierbei das wirksamste Mittel.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Georg Kippels [CDU/CSU])

Voraussichtlich letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Dr. Jan-Marco Luczak, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7502254
Wahlperiode 19
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Fortgeltung der epidemischen Lage
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