12.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 210 / Zusatzpunkt 10

Grigorios AggelidisFDP - Hilfen für Familien

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass sich seit fast einem Jahr nichts Substanzielles an der Situation von Familien verbessert hat, dass wir seit mittlerweile zehn Monaten immer wieder feststellen müssen, dass viele Familien mit den Maßnahmen oder durch die Maßnahmen im Regen stehen gelassen werden, das macht mich zutiefst betroffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Seit einem Jahr diskutieren wir hier über Lohnentschädigungen, Kinderbonus, Kinderkrankentage. Überall gibt es Einzellösungen. Doch leider machen Sie dabei immer wieder denselben Fehler: Sie vergessen zahlreiche Familien, die dann durch Ihr Raster fallen. Das ist Stückwerk, meine Damen und Herren; das ist Auf-Sicht-Fahren mit Augenbinde.

Ja, liebe CDU, lieber Herr Brinkhaus – eben war er noch da –, Ihr Vorgehen ist beschämend. Ja, Freiheit ist die Freiheit der Schwächeren. Für uns Freie Demokraten ist es eine Selbstverständlichkeit – um es so auszudrücken, wie ich es als Kind gelernt habe –: Die Schwächeren, das sind die Kranken, die Alten, die Kinder. Die Bundesregierung muss alles Menschenmögliche unternehmen, um sie zu schützen, ohne sie und ihre Familien zu überlasten und ihnen die Freiheit zu nehmen. Genau hier versagen Sie.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

„Die Welt“ bezeichnete das Vorgehen des Kanzleramts in Bezug auf Kinder gerade erst als lebensferne Agenda. Das stimmt. Es scheint oberste Priorität zu sein, ohne jeglichen Blick auf mögliche Auswirkungen Schulen, Kitas, Sportstätten auch für Kinder geschlossen zu halten. Wenn Frau Schön – ich sehe sie gerade nicht – der Familienministerin entgegnet, dass in Schulen und Kitas eben noch keine Schnelltests da sind, wenn Sie twittern, dass sie erst auf die Öffnung vorbereitet werden müssen – zehn Monate nach dem ersten Lockdown –, dann, muss ich Ihnen sagen, ist das ein Armutszeugnis und Zeichen von Arbeitsverweigerung zugleich.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Maik Beermann [CDU/CSU]: Es sind doch die Länder, die da die Verantwortung haben!)

– Immer dieses Schwarzer-Peter-Spiel. Lassen Sie sich was Neues einfallen!

(Maik Beermann [CDU/CSU]: Nein, kein Schwarzer-Peter-Spiel! Wir leben im Föderalismus!)

Zwei Aufgaben sind ganz klar:

Erstens. Schleunigst müssen Konzepte her, die wir anmahnen, die Sie jetzt mittlerweile auch anmahnen, aber seit zehn Monaten nicht liefern, Kollege Beermann.

Zweitens müssen Sie vieles nachbessern – genau darüber reden wir heute –, was Familien so lange Sicherheit gibt, wie diese nötig ist. Denn solange diese Konzepte nicht greifen, nicht da sind, müssen alle Familien die Sicherheit haben, die sie brauchen, fair für alle; keine Familie darf mehr durch irgendwelche Raster fallen.

(Beifall bei der FDP)

Auf drei Beispiele will ich hier konkret eingehen:

Erstens. Wenn beispielsweise Polizisten, weil sie privat versichert sind, durch Ihr Kinderkrankentage-Raster fallen und kein Kinderkrankentagegeld bekommen, dann ist das nicht in Ordnung. Wenn wir freiwillig Versicherte bzw. Privatversicherte da außen vor lassen, dann ist das nicht in Ordnung. NRW macht es Ihnen vor. Wir brauchen da ein bundesweites Konzept.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zweitens. Wenn Eltern ihre Kinder in die Kita bringen und am Ende des Tages das Elterngeld ausläuft, aber gleichzeitig die Eingewöhnung in der Pandemie gar nicht möglich ist –, müssen wir – und das haben wir Ihnen schon oft genug gesagt – das Elterngeld weiterzahlen und den Familien damit so lange die finanzielle Sicherheit geben, wie sie es brauchen. Meine Damen und Herren, hier müssen wir den Eltern helfen.

(Beifall bei der FDP)

Drittens. Seit über einem Jahr reden wir darüber, dass das Familienministerium gar nicht oder nur am Katzentisch sitzt, wenn das wöchentliche Coronakabinett tagt. Da verlangen wir und erwarten wir, dass das Familienministerium, das ja die Interessen von Familien, von Kindern, Jugendlichen und Senioren vertreten soll, dabei ist.

Diese drei Beispiele sollen erst einmal reichen. Seit über einem Jahr müssen viele Eltern und Kinder die Härten dieser Krise größtenteils alleine meistern. Schon vor einiger Zeit haben wir deutlich gemacht, dass es wichtig ist, dass die Familienpolitik krisensicher gestaltet werden muss. Von der Krise für die Zukunft lernen bedeutet, jetzt sicherzustellen, dass durch eine geeignete Familienpolitik die Schwächeren, von denen Sie, Herr Brinkhaus, gestern gesprochen haben, ihre Freiheit zurückbekommen und wir ihnen Sicherheit geben, ohne ihnen die Freiheit zu nehmen.

Letzter Gedanke, Herr Präsident. Deswegen brauchen wir für Familien einen gemeinsamen Kraftakt der Länder und des Bundes. Da hilft kein Schwarzer-Peter-Spiel Richtung Länder und Kommunen, da müssen wir als Bund entsprechend richtig in die Bütt. Familien leisten einen Riesenbeitrag in dieser Pandemie. Kinder und Jugendliche verzichten auf so vieles. Eltern zerreiben sich in dem Spagat zwischen Arbeit, Homeschooling und Kinderbetreuung. Da brauchen wir einen Bund-Länder-Kraftakt, um jetzt die Weichen zu stellen und die Situation zu meistern. Da gibt es eine Menge Hausaufgaben für Sie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf: Soll ich Ihnen mit der Maske helfen?)

Der Kollege Marcus Weinberg, CDU/CSU, hat als nächster Redner das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7502259
Wahlperiode 19
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Hilfen für Familien
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