Dennis RohdeSPD - Eigenmittelbeschluss- Ratifizierungsgesetz
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verhandlungen um die Eigenmittel waren vielleicht die herausforderndsten, die es bisher in der Geschichte der Europäischen Union gab. Wir hatten es ja gleich mit zwei Megaherausforderungen zu tun, die bewältigt werden mussten. Über Corona haben wir viel gesprochen, auch über die Tatsache, dass das Virus nicht nur uns, sondern den ganzen Kontinent, die ganze Welt im Griff hat. Außerdem hatten wir noch den Brexit und seine Folgen, die im Mehrjährigen Finanzrahmen dargestellt werden mussten. Wir standen also vor zwei großen Herausforderungen.
Klar ist auch, dass der Fokus, auch der europäische Fokus, natürlich auf diejenigen gerichtet war, die für die Bundesrepublik Deutschland diese Verhandlungen führen, nicht nur, weil wir das größte Bruttonationaleinkommen und die stärkste Volkswirtschaft innerhalb der EU haben, sondern auch, weil wir im letzten Jahr die Ratspräsidentschaft innehatten. Das alles geschah in einer politischen Debattenlage, die nicht einfach war. Wir alle haben auch heute wieder den dumpfen Nationalismus wahrgenommen, mit dem einige versucht haben, diese Krise auszunutzen, um in die 50er-Jahre zurückzugehen.
(Lachen bei der AfD)
Ich will an dieser Stelle noch mal deutlich sagen: Diejenigen, die versucht haben, diese Krise mit Nationalismus zu bekämpfen, die haben den europäischen Binnenmarkt nicht verstanden. Die haben nicht verstanden, dass wir in Europa so erfolgreich sind, weil wir zusammenarbeiten.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Die haben nicht verstanden, dass die deutsche Wirtschaft von der französischen, von der italienischen und der spanischen Wirtschaft abhängig ist. Diejenigen, die diese Krise mit Nationalismus bekämpfen wollten, hatten eigentlich die Axt an unsere deutsche Wirtschaft angelegt. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich nicht durchsetzen konnten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Daher bin ich denjenigen, die federführend verhandelt haben, dankbar, dass es ihnen gelungen ist, auch den Nationalismus aus anderen Staaten zurückzuweisen, dass es ihnen gelungen ist, dass wir heute sagen können: Europa ist an dieser Krise nicht zerbrochen, Europa wächst in dieser Krise noch stärker zusammen als je zuvor.
(Zurufe von der AfD)
Ich finde, das ist ein wichtiges und ein starkes Signal.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Man sagt oft einzelnen Politikern, einzelnen Funktionsträgern, auch ehemaligen Finanzministern nach, sie seien große Europäer. Ich will ganz deutlich sagen: Das, was Bruno Le Maire und Olaf Scholz da vorgelegt haben, das ist groß und europäisch. Das atmet den Geist von Solidarität und den Geist des Miteinanders, und deshalb vielen Dank dafür.
(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der AfD)
Und ja, wir leiten auch einen Paradigmenwechsel in der Fiskalpolitik ein. Ja, die Europäische Union bekommt erstmals die Möglichkeit, auch selbst am Kapitalmarkt tätig zu werden. Wir verstehen Europa als etwas, was nicht nur wirtschaftlich definiert ist: Europa ist und Europa bleibt eine Schicksalsgemeinschaft. Deshalb will ich gar nicht über das Technokratische sprechen und darüber, ob das jetzt richtig oder falsch ist, dass sich die Europäische Union am Kapitalmarkt bedienen kann.
(Peter Boehringer [AfD]: Das ist ja bloß das Recht der Verfassung, von dem Sie nicht sprechen wollen!)
Die Frage ist doch: Welches politische Ziel steckt dahinter? Das politische Ziel ist doch, dass es einen Aufbruch in ganz Europa gibt, dass wir die Zukunftsherausforderungen, die für ganz Europa vor uns liegen, nicht verschlafen,
(Zurufe von der AfD)
dass wir einen Aufbruch schaffen und diesen Kontinent wirtschaftlich wieder aufrichten, dass wir die Krise nutzen, um Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft zu erneuern und wieder voranzubringen. Das sind Investitionen in eine erfolgreiche Zukunft der Europäischen Union, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Der Kollege Fricke stellt mir die Zwischenfrage nicht, aber ich will ihm trotzdem deutlich sagen: Wir als SPD-Fraktion werden diesem Eigenmittelbeschluss als wirklich starkem Signal für die Stärkung der Europäischen Union zustimmen.
(Zuruf von der AfD: Quatsch! Schwachsinn!)
Ich bin der festen Überzeugung, und auch viele Verfassungsrechtler – eigentlich alle, die ich gehört habe – sagen: Eine einfache Mehrheit reicht aus.
(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Wir würden uns trotzdem freuen, wenn am Ende auch die FDP-Fraktion zustimmt. Wenn Sie aber Bauchschmerzen haben sollten, weil Sie meinen, man bräuchte eine Zweidrittelmehrheit: Es liegt in eurer Hand – stimmt einfach zu.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Jetzt hat das Wort der Kollege Konstantin Kuhle, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7504339 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Eigenmittelbeschluss- Ratifizierungsgesetz |