Rudolf HenkeCDU/CSU - Corona-Selbsttests
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen mal wieder Acht geben, dass wir die Bedeutung und den Stellenwert eines Themas nicht wegen eines parteipolitischen Konflikts, der möglicherweise durch die nahenden Wahlen befördert wird, zerreden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Dann stimmen Sie unserem Antrag zu!)
Ich will das angesprochene Freitesten durch Schnelltests einordnen. Wenn ein Arzt Schnelltests empfiehlt und sagt: „Die sind alle sicher“, dann muss ich dazu sagen: Das ist erst erwiesen, wenn das für die bestimmte Testklasse erwiesen ist. Deswegen ist ein Verfahren notwendig, in dem geprüft wird, ob es eine CE-Kennzeichnung für die professionelle Anwendung gibt, in dem geprüft wird, ob das Unternehmen bei einer benannten Stelle einen Antrag auf Einbindung im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens gestellt hat. Wäre das nicht der Fall, käme es nämlich zu einer Kettensonderzulassung, und das kann nicht unser Interesse sein. Also muss eine positive Evaluierung durch das PEI erfolgt sein, damit das BfArM entscheiden kann. Dann kann der Nachweis des Erfüllens der speziell für die Laienanwendung spezifizierten grundlegenden Anforderungen, die sich aus der entsprechenden EU-Richtlinie ergeben, bestätigt werden. Für die Prüfung dieser Anforderungen muss nach Anhang VI.1 der IVDD auch eine Laienstudie vorliegen. Das dauert seine Zeit. Ich finde, wir sollten uns gemeinsam dazu bekennen, dass – Krise hin, Krise her – jetzt nicht einfach alle Qualitätsanforderungen an Medizinprodukte fahren gelassen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich habe ja Verständnis dafür, dass die FDP überlegt: Kann man das beschleunigen?
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Ja!)
– Sie sagen Ja. Sie verweisen dabei auf die Niederländer
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Österreicher!)
– Entschuldigung –, auf die österreichischen Freunde und sagen: Man kann dort durch eine Selbstverpflichtung des Herstellers bestätigen, dass bei Eigenanwendung ein Sicherheits- und Leistungsniveau erreicht wird. Was heißt es denn, dass dort ein Sicherheits- und Leistungsniveau erreicht wird? Ein Sicherheits- und Leistungsniveau wird immer erreicht, bei jeder beliebigen Selbstbestätigung wird ein Sicherheits- und Leistungsniveau erreicht. Welches, ist doch entscheidend. Und dann sagen Sie: Der Hersteller soll bestätigen, dass die Funktionstauglichkeit und die Einsatztauglichkeit für den geplanten Zweck gewährleistet ist. – Ja gerne, wenn man dem Hersteller vertrauen kann. Wir werden aber eine solche Vielzahl an Herstellern haben, die versuchen werden, Produkte in den Markt zu drücken, dass wir das gleiche Problem wie bei den Masken erleben werden. Nachdem wir die Masken aus aller Welt bestellt hatten, hat man Jens Spahn vorgeworfen, dass er sie mit einer Schere zerschnitten hat, um zu prüfen, ob sie fünf Lagen haben, und sich geweigert hat, die zu bezahlen, die keine fünf funktionsfähigen Lagen hatten. So muss man das bei den Schnelltests auch machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege Henke, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der FDP dazu?
Ja.
Bitte schön.
Herr Kollege Henke, danke, dass Sie die Frage zulassen. Sie sprachen gerade Österreich an. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass die Schnelltests, die in Österreich zur Selbstanwendung zugelassen sind – auch mit einer Selbstverpflichtung –, alle eine CE-Zertifizierung haben müssen und entsprechende Daten vorliegen müssen? Wenn Sie das wissen, ist Ihre Argumentation fehlgeleitet; denn die Daten sind ja da. Oder trauen Sie den Firmen nicht zu, dass sie diese Daten richtig erhoben haben?
Lieber Herr Kollege Ullmann, die CE-Kennzeichnung für die professionelle Anwendung stellt sicher, dass der Hersteller mit den einschlägigen gesetzlichen und normativen Vorgaben für Tests vertraut ist und dass entsprechende Leistungsnachweise erfolgt sind. Sie stellt überhaupt nicht sicher, dass etwa eine Laienstudie vorliegt. Insofern ist die CE-Kennzeichnung eine wichtige und wesentliche Voraussetzung, um Produkte auf den Markt zu bringen. Aber an sicherheitsrelevante Medizinprodukte sind selbstverständlich weitere Anforderungen zu stellen. Eine CE-Zertifizierung allein reicht jedenfalls nach unserer Auffassung nicht. Insbesondere wenn so relevante Entscheidungen wie die, die Sie in Aussicht gestellt haben – ob man bestimmte Kinos, Theater, Restaurants, den eigenen Onkel, ein Fußballspiel besuchen kann –, daran geknüpft werden, dann ist das meines Erachtens zu wenig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Nun noch ein Wort zu der Frage, welche Aussagekraft diese Antigentests – das sind keine Antikörpertests, wie eben mal gesagt worden ist – haben. Da will ich aus dem „Epidemiologischen Bulletin“ von heute zitieren, dass das RKI herausgibt:
Gerade bei der Anwendung von Antigentests durch Laien ist es essenziell, dass der Anwender das Testergebnis richtig interpretieren und sachgerechte Schlussfolgerungen daraus ziehen kann. Ein positives Ergebnis … stellt zunächst einen Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion dar. Es ist jedoch noch keine Diagnose … Die Diagnose wird erst durch den nachfolgenden RT-PCR-Test sowie die ärztliche Beurteilung gestellt. Bei einem positiven Antigentestergebnis werden hohe Anforderungen an das daraus resultierende selbstverantwortliche Handeln gestellt. Es ist erforderlich, dass sich die positiv getestete Person in Absonderung begibt … und sich telefonisch mit dem Hausarzt oder einem geeigneten Testzentrum in Verbindung setzt, der/das dann eine PCR-Testung in die Wege leitet …
Man hat diesen Aspekt nicht richtig verstanden, wenn man glaubt, dass man sich mit einem negativen Schnelltest, egal ob er mit Unterstützung von Profis oder im Selbsttest stattfindet, freitesten kann. Freitesten kann man sich nicht, weil das eine Momentaufnahme für ganz kurze Zeit ist,
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: 24 Stunden!)
für einen Tag, würde ich sagen, manche sagen sogar für nur sechs bis sieben oder acht Stunden. Ein negatives Testergebnis besagt nicht, dass man in den nächsten Tagen praktisch nicht ansteckend ist.
(Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Zu dem Zeitpunkt, wo der Test positiv ausfällt, ist mit hoher Sicherheit klar, dass man jetzt andere anstecken kann. Diese Beratung muss man natürlich in irgendeiner Weise sicherstellen.
Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit.
– Ich komme zum Schluss. – Der Titel Ihres Antrags – „Schneller, einfacher, freier – mit Corona-Selbsttests zurück in die Normalität“ – weckt ganz andere Erwartungen. Geben wir Acht, dass der „German Mut“ nicht zu sehr durch die Frühlingsfreude beeinträchtig wird. Ich wünsche Ihnen trotzdem ein schönes – –
Osterfest.
(Heiterkeit)
Ich glaube, wir haben verstanden.
Ich habe die Frau Kollegin angeschaut, die die ganze Zeit versucht, eine Frage zu stellen. Aber ist gut, ich bin ja auch über die Zeit.
Allerdings.
Ein bisschen ist ja klar geworden. – Ich wünsche Ihnen eine schöne Frühlingszeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Henke, auch für die guten Wünsche, egal wofür. Wir nehmen sie gerne entgegen. – Der nächste Redner: für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Paul Viktor Podolay.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Maske aufsetzen! – Gegenruf: Er hat eine Maske auf! – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Placebomaske!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7504361 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Corona-Selbsttests |