25.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 212 / Zusatzpunkt 5

Lars KlingbeilSPD - Corona-Selbsttests

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Dank an die FDP, dass wir ein sehr zentrales Thema in der Öffentlichkeit hier im Parlament diskutieren. Es ist gut, dass wir uns dafür Zeit nehmen. Ich finde – vom letzten Redebeitrag abgesehen –, dass das auch eine sehr konstruktive Debatte ist, die wir mitten im Parlament führen. Dafür ein großer Dank.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwölf Monate kämpfen wir als Land, als Welt gegen das Coronavirus, zwölf Monate, die uns als Gesellschaft gefordert haben, die uns verändert haben, die unseren Alltag radikal verändert haben, Gewohnheiten verändern, außergewöhnlich harte und herausfordernde Zeiten. Auch wenn wir, glaube ich, gerade alle die Coronamüdigkeit spüren, macht es an solchen Tagen auch Sinn, sich bewusst zu machen, was wir alles in diesem Land erlebt haben, auf das wir stolz sein können. Wir haben in den letzten Monaten erlebt, wie die Solidarität im Land gewachsen ist, wie man sich gegenseitig kümmert, wie man sich beschützt. Man erlebt in der Nachbarschaft – ich habe es selbst in meinem Wahlkreis erlebt-, dass Sportvereine auf einmal Einkaufshilfen organisieren, dass Bürgerbusse Lebensmittel ausliefern und dass Hilfsorganisationen innerhalb kürzester Zeit in der Lage sind, Impfzentren einzurichten. Gerade in diesen Tagen können wir alle in unseren Wahlkreisen erleben, dass es Freiwillige sind, die Fahrdienste in diese Impfzentren organisieren. Das alles zeigt: Die Menschen sind solidarisch, sie sind füreinander da, wir können uns aufeinander verlassen. Ich finde, dass gerade eine solche Debatte hier im Parlament auch ein Ereignis ist, bei dem wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier Danke sagen sollten an all die, die uns in den letzten zwölf Monaten geholfen haben, das Land durch eine schwierige Zeit zu bringen. Also, ein großer Dank an alle, die geholfen haben.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir sehen also nach zwölf Monaten: Die Solidarität ist ungebrochen. Aber auch ich spüre, dass die Coronamüdigkeit zunimmt und dass so manchem die Puste ausgeht. Die Belastungen sind für alle spürbar: bei den Erzieherinnen und Lehrern, die sich um die Kinder und Jugendlichen kümmern wollen, die da sein wollen, die sich aber selbst auch Gedanken um ihre Gesundheit machen; bei der Pflegekraft, die seit zwölf Monaten alles gibt, um Menschenleben zu schützen; beim Gastronom, der sich an alle Regeln gehalten hat, der Schutzkonzepte aufgestellt hat und trotzdem seit November keine Kunden mehr bedienen kann; bei der Künstlerin, die seit einem Jahr die Bühne schmerzlich vermisst. Alle diese Menschen kennen wir doch aus unseren Wahlkreisen. Alle diese Menschen halten sich an die Regeln. Alle diese Menschen tragen politische Entscheidungen aus diesem Parlament oder aus anderen Runden mit. Und alle diese Menschen haben eine klare Erwartung an die Politik: dass wir alles geben, dass wir uns 24 Stunden am Tag darum kümmern, dass wir gut durch diese Pandemie kommen, dass wir an Wegen aus dieser Pandemie arbeiten.

Ich will hier sagen: Ich habe einen großen Respekt vor all denen, die Verantwortung tragen: in der Bundesregierung, in den Landesregierungen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht die Zeit für eine Selbstdarstellung von Ministerinnen und Ministern. Es ist die Zeit, in der in der Regierung hart gearbeitet werden muss. Die Menschen wollen keinen Jubel, keine platten Durchhalteparolen, keine aufgesetzten Versprechen und erst recht keine Enttäuschung. Die Menschen wollen sehen, dass die Politik hart für sie arbeitet. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Pflicht, die wir auch hier im Parlament gemeinsam haben.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt geht es darum, Öffnungsperspektiven zu schaffen, nachvollziehbare Kriterien, anhand derer klar wird, wie es besser wird und wie wir aus dieser Krise herauskommen. Das ist die Erwartung, die wir alle für die nächste Ministerpräsidentenkonferenz haben. Und wir müssen auch über den Weg dahin reden. Der Weg lautet: impfen, testen und Kontakte nachverfolgen.

Ich finde gut, dass wir über das Testen reden. Testen ist für mich ein Teil der Strategie, wenn es nicht um den Lockdown gehen soll. Ich sage Ihnen ganz klar: Der Lockdown ist nicht der Weg aus dieser Krise. Der Weg aus der Krise ist „impfen, testen und Kontakte nachverfolgen“. Wir erleben doch in diesen Tagen alle, dass es kluge Konzepte gibt. Da sind die Gastronomen, die kluge Ideen auf den Weg bringen, wie man Restaurants wieder öffnen kann. Da sind diejenigen aus dem Bereich der Kultur, die kluge Konzepte haben. Das Testen in Schulen und Kitas gehört zum Öffnen dazu. Da sind wir uns doch einig. Wir können Grundrechte zurückgeben, wenn stärker getestet wird.

Und, lieber Jens Spahn, ich will das hier sagen: Es ist gut, dass es beim Testen jetzt endlich vorangeht, bei den Schnelltests und bei den Selbsttests. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die wir als Politik gemeinsam stemmen müssen, egal ob Regierung, Opposition, Land, Bund. Wir müssen das gemeinsam stemmen, weil es der Weg raus ist aus dieser Pandemie.

(Beifall bei der SPD)

Aber ich sage Ihnen auch, lieber Jens Spahn: Millionen Menschen in diesem Land schauen auf Sie. Millionen Menschen haben die Hoffnung, dass es besser wird. Wenn Sie Dinge per Twitter versprechen, die Sie nicht halten können, dann zerstört dies das Vertrauen in die Politik insgesamt. Das darf nicht sein.

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ich will auch etwas zu einem zweiten Thema sagen, das uns aus dieser Pandemie herausführt: das Impfen. Über Monate haben wir den Menschen gesagt: Wenn der Impfstoff da ist, dann ist das die Wende, das ist das Licht am Ende des Tunnels. – Wir merken gerade, wie wir den Anschluss verlieren. Die Kritik Anfang des Jahres – das will ich hier sagen – hat geholfen, dass wir besser geworden sind. Aber jetzt dreht sich die Debatte. Jetzt können wir morgens in den Zeitungen lesen, dass Impfdosen nicht verimpft werden.

(Jens Spahn, Bundesminister: In Niedersachsen!)

Wir haben eine gute Infrastruktur und zu wenig Impfstoff. Und das dreht sich jetzt gerade – das hört man in vielen Gesprächen –: In ein paar Wochen werden wir zu viel Impfstoff haben und keine Infrastruktur mehr, an der dieser verimpft werden kann. Aber wollen wir nicht vorausschauend Politik machen? Ist es nicht jetzt Aufgabe des Bundesgesundheitsministeriums, die Länder, die Bundeswehr und die Hilfsorganisationen an einen Tisch zu holen, um zu gucken: Wie machen andere Länder das, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche impfen?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Brauchen wir nicht diesen Kraftakt, liebe Kolleginnen und Kollegen? Das ist doch das, was die Menschen von uns erwarten. Das Virus kennt keine Öffnungszeiten, keine Nachtruhe und kein Wochenende. Wenn es stimmt, was ich vorhin gesagt habe, dass so viele Menschen von uns erwarten, dass wir es besser machen, dann muss das doch der Geist sein, der in der Bundesregierung und auch in diesem Haus herrscht. Wir wollen es besser machen, weil wir den Anspruch haben, das Land vernünftig durch diese Pandemie zu bringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Klingbeil. – Die nächste Rednerin: für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7504363
Wahlperiode 19
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Corona-Selbsttests
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