25.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 212 / Tagesordnungspunkt 10

Dagmar ZieglerSPD - Globale Bekämpfung von COVID-19

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Kollege der AfD-Fraktion, vielleicht ist es ja bei Ihnen so üblich, dass das Fressen vor der Moral kommt. Das weisen wir für uns und den Rest des Hauses jedenfalls weit von uns.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland lässt die armen Länder in dieser weltweiten Krise eben nicht im Stich. Am 10. Februar sind weitere 1,5 Milliarden Euro vom Haushaltsausschuss bewilligt worden, die Finanzminister Olaf Scholz für die WHO und für die Impfallianz Covax für die Bereitstellung von Impfstoffen, Schutzkleidung und Tests in 92 Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt hat. Sie sollen auch der Erforschung der weltweit auftretenden Virusmutationen dienen. Wir können die Pandemie nur besiegen, wenn wir sie weltweit unter Kontrolle bringen. Deshalb müssen Impfstoffe global zugänglich und bezahlbar sein. Das ist hier und heute ganz sicher weitgehender Konsens in diesem Hause.

Die humanitäre Lage in den Entwicklungsländern hat sich drastisch verschlechtert. Ihre Gesundheitssysteme sind am Limit, ihre Wirtschaften liegen am Boden, und Zigtausende Menschen haben Zukunftsangst. Die Pandemie verstärkt die ohnehin prekäre Lebenssituation dieser Menschen und damit vielleicht auch den Zwang, die Heimat zu verlassen. Fluchtursachen gibt es einfach zu viele. Deshalb müssen wir endlich umfassende Bleibeperspektiven eröffnen.

(Beifall bei der SPD)

Die bereits erwähnten 1,5 Milliarden Euro verteilen sich auf vier Ministerien: das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das Bundesministerium für Gesundheit sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das BMZ zum Beispiel erhält 800 Millionen Euro für die Finanzierung von GAVI, unserer Impfallianz. Weitere 20 Millionen Euro gehen an die UNITAID für die Bereitstellung von Covid-19-Therapeutika. Hinzu kommen 140 Millionen Euro für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria für Tests und Schutzausrüstungen. Im Bereich Gesundheit sollen 260 Millionen Euro zur weiteren Unterstützung an die WHO fließen, die eine ganz entscheidende Rolle bei der Koordinierung der Gesamtarbeit spielt. Das ist ein guter Weg, um die armen Länder bei der Entwicklung und Stabilisierung ihrer Gesundheitssysteme gerade jetzt zu unterstützen.

Auch international gerät vieles in Bewegung. Auf dem schon erwähnten G-7-Gipfel wurde am vergangenen Freitag beschlossen, die ärmeren Länder mit mehr als 4 Milliarden Dollar für die globale Impfkampagne Covax zu unterstützen, also für den Kauf, die Herstellung und die Lieferung von Impfdosen. Bis Ende 2021 sollen rund 2 Milliarden Impfdosen zur Verfügung stehen. Die sieben führenden Industrienationen betonten in ihrer Abschlusserklärung – ich erlaube mir ein Zitat –, entschlossen zusammenzuarbeiten, um die Coronapandemie zu besiegen und eine Erholung der Weltwirtschaft herbeizuführen. Auch die EU-Kommission will ihren Beitrag von 500 Millionen auf 1 Milliarde Euro erhöhen. Sie befasst sich zudem mit Fragen der globalen Solidarität sowie eines möglichen internationalen Pandemieabkommens noch in diesem Monat.

Dies alles bringt uns weiter nach vorn und gibt uns ein Stück Zuversicht; aber es kann eben nicht darüber hinwegtäuschen, dass das nicht ausreichen wird, um allein die für dieses Jahr von der WHO errechneten Mehrkosten für die globale Impfkampagne zu decken. Aber immerhin – wir haben es gehört –, die Einkäufe der Impfstoffe haben begonnen und die ersten Lieferungen an die betroffenen Länder sind erfolgt. Und: Die reichen Staaten, die sich bislang den größten Teil der Impfstoffproduktion gesichert haben, sollten nach Ansicht der WHO überschüssige Dosen an die ärmeren Länder spenden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch 4 bis 5 Prozent der Impfdosen, die für die EU gekauft worden sind, könnten, so beispielsweise Staatspräsident Emmanuel Macron während des Gipfels, gespendet werden.

Allerdings dürfen dadurch nicht die nationalen Impfkampagnen gefährdet werden. Und genau hier liegt das Problem. Statt, wie vor einem Jahr auf einem G-7-Sondergipfel beschlossen, alle Staaten gleichmäßig mit Impfstoffen zu versorgen, heißt es jetzt: Die eigene Bevölkerung zuerst, und spenden erst dann, wenn was übrig bleibt.

Aber es bleibt dabei – das gilt nicht nur jetzt, sondern auch bei allen Plänen und Strategien zum Schutz vor und zur Bekämpfung von künftigen Pandemien –: Unser Ziel muss es sein, allen Menschen weltweit eine Impfung zu ermöglichen, unabhängig davon, ob sie in einem Industriestaat oder einem Entwicklungsland leben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen eine wirksame globale Impfstrategie mit hoher Impfgerechtigkeit, und zwar jetzt. Das ist ein weiterer Lackmustest der Erdbevölkerung, an dem sich zeigt, wie sie mit dem Schutz von Mensch und Natur umgeht.

Unser Ziel ist schlicht zu formulieren: solidarisch einfach menschlich zu sein. So wie wir – ich bin Ostdeutsche – mal für gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West unter dem Motto „Wir sind ein Volk!“ demonstriert haben, sollten wir uns jetzt gemeinsam einsetzen für den Kampf gegen die Pandemie unter dem Motto „Wir sind eine Weltbevölkerung!“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin. – Nächster Redner ist der Kollege Professor Dr. Andrew Ullmann, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7504391
Wahlperiode 19
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Globale Bekämpfung von COVID-19
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