25.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 212 / Zusatzpunkt 13

Ulla SchmidtSPD - Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als 2020 zum Jahr der Gleichstellung ausgerufen wurde, haben manche gedacht: „Das ist gut“ und andere gesagt: Es ist beschämend, dass wir im 21. Jahrhundert noch immer um gleiche Rechte für Frauen und Männer ringen müssen. – Ich selber habe das auch gedacht; denn vor über 50 Jahren habe ich damit begonnen und hätte mir nie träumen lassen, dass ich 2021 hier stehe und noch immer dafür streite, dass Männer und Frauen gleiche Rechte haben und die Benachteiligungen endlich aufhören.

(Zuruf des Abg. Uwe Witt [AfD])

– Bis heute kann von Gleichstellung keine Rede sein.

(Beatrix von Storch [AfD]: Gott sei Dank!)

Dass Sie von der AfD damit kein Problem haben, wundert mich nicht. Die Frage der Gleichstellung der Geschlechter ist eine urdemokratische Frage,

(Beifall bei der SPD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Gleichberechtigung, nicht „Gleichstellung“!)

und demokratische Gesellschaft und AfD sind unvereinbar. Deshalb kann das nicht Ihre Aufgabe sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beatrix von Storch [AfD]: Das ist verfassungsfeindlich, was Sie hier reden!)

Erschreckend ist, dass auch im Bereich von Kultur und Medien die Ungleichheiten bestehen. Die Kollegin Motschmann ist ja schon darauf eingegangen. Wir haben eine Studie vom Kulturrat, die wir in Auftrag gegeben haben, und sie zeigt, dass für den Kulturbereich, der ja gerade für die gesellschaftliche Entwicklung wichtig ist, die Daten teilweise noch erschreckender sind als für die Wirtschaft.

(Zuruf von der AfD)

Ich glaube, allein das ist schon ein Grund, warum wir darum streiten müssen, dass wir gleiche Rechte haben und in diesem Bereich vorankommen: Kultur und Medien sind überall in der Welt so wichtig für Demokratisierungsprozesse. Und Demokratie für alle kann doch nur bestehen, wenn die Erfahrungen von beiden Geschlechtern mit einfließen.

(Elisabeth Motschmann [CDU/CSU]: So ist es!)

Deshalb ist der Kampf für Gleichstellung ein Kampf für die Freiheit von Kultur und Medien und für Demokratie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Frau von Storch?

Nein.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ist auch eine Frau! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

– Nur Frau zu sein, bedeutet noch nicht, dass man für Frauenrechte steht.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Bystron von der AfD-Fraktion?

(Katrin Budde [SPD]: Es wird ja immer schlimmer!)

Ich möchte der AfD gar keine Antworten geben;

(Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

denn ich weiß, was das für Fragen sind. Danke schön.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Woher wollen Sie das wissen?)

Im Kulturbereich haben wir viele Baustellen; die Kollegin Motschmann hat es gesagt. Es sind Stipendien, es sind Preise, die überall ungleich vergeben werden, und daraus folgen Honorare und Gehälter. Wir haben im Bereich der Kultur einen Unterschied, einen Gender Pay Gap, von 20 bis zu 60 Prozent.

(Beatrix von Storch [AfD]: Fake News, alles Fake News!)

Und es zeigt sich, dass – gerade da, wo prekäre Arbeitsverhältnisse sind, wo schlechte Honorarbedingungen sind – vor allen Dingen Frauen betroffen sind, auch jetzt in der Coronapandemie und auch im Kulturbereich.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Deshalb wollen wir eine Studie haben, die sich systematisch mit den dortigen Bedingungen auseinandersetzt; wir wollen, dass uns dazu fortlaufend Daten geliefert werden, damit es öffentlich wird. Denn es gibt nicht nur einen Gender Pay Gap, sondern genauso einen Gender Show Gap.

Wenn man sich mal die Bühnen ansieht: Nur ein Drittel der Personen auf den öffentlichen Bühnen sind wirklich Frauen. Sie verdienen weniger. Und wenn sie älter werden, sind sie noch weniger da. Ältere Männer sind auf der Bühne offensichtlich noch immer schön, Frauen scheinbar nicht.

(Uwe Witt [AfD]: Wollen Sie die Theaterstücke umschreiben lassen?)

Genau hier anzusetzen und dafür zu sorgen, dass wir nach vorne kommen, ist wichtig.

Man muss sich einmal anschauen, dass es im Bereich der Dirigenten- und Orchesterausbildung zu 45 Prozent Frauen sind, die hervorragende Abschlüsse machen, und mal überlegen, wann jemand von uns auf großen Konzerten jemals eine Dirigentin gesehen hat. Es zeigt sich: Gerade mal 6 Prozent Dirigentinnen gibt es in diesem Bereich.

(Zuruf von der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben dieses Thema ausführlich im Ausschuss beredet. Die Kollegin Motschmann hat gesagt, was wir wollen: Wir wollen Daten, wir wollen eine Expertinnen-Datenbank, damit es mit dem Argument „Es gibt ja keine Frau, die wir berufen können“ endlich ein Ende hat. Wir wollen auch Berichte über die prekären Arbeitsverhältnisse, die wir in diesem Bereich haben.

Deswegen lassen Sie uns gemeinsam dafür streiten. Denn wer die Freiheit von Kunst und Kultur will, der muss dafür sorgen, dass Teilhabe, Zugang und Sichtbarkeit von Kreativen und Kunstschaffenden für Frauen und Männer gleich sind. Sonst werden wir die Freiheit von Kunst und Kultur nicht verteidigen können. Ich glaube, es lohnt sich, dass wir gemeinsam dafür streiten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Simone Barrientos [DIE LINKE])

Vielen Dank. – Das Wort geht an Katja Suding von der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP – Beatrix von Storch [AfD], an die FDP gewandt: Die Männer scheint das Thema nicht zu interessieren, oder was?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7504437
Wahlperiode 19
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien
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