Alexander HoffmannCDU/CSU - Wohnungs- und Obdachlosigkeit im Corona-Winter
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einmal eine Vorbemerkung zu der Debatte. Ich möchte eigentlich dem Grunde nach allen Fraktionen – bis auf die AfD und Die Linke – unterstellen, dass wir im Übrigen ein großes Interesse daran haben, sehr gut durch die Krise zu kommen.
(Lachen des Abg. Uwe Witt [AfD] – Dr. Götz Frömming [AfD]: Unverschämtheit!)
Aber ich glaube, dass wir bei der Frage: „Wie sieht unser Weg durch die Krise aus?“, zwei Grundregeln beachten sollten. Grundregel Nummer eins: Wir müssen die Probleme der Krise ehrlich beschreiben. Da will ich Ihnen ein Beispiel nennen: Was die mietrechtlichen Aspekte im Antrag der Linken oder der Grünen angeht, behaupten Sie, dass jetzt durch Corona massenhaft, so wird es formuliert, Kündigungen in die Obdachlosigkeit erfolgen.
Ein Blick in die Realität belehrt einen sehr schnell eines Besseren. Stand heute ist es so, dass es im Wohnbereich kaum Mietrückstände gibt. In Berlin war es so, dass bei dem Mietmoratorium im Frühjahr/Sommer gerade mal 0,3 Prozent der Wohnraummieter das Mietmoratorium in Anspruch genommen haben.
Die zweite Grundregel, die ich für wichtig halte, ist, dass wir die Pandemie eben nicht für die Verbreitung alter Ideologien nutzen sollten.
(Zuruf von der LINKEN: Guter Schlusssatz!)
Aber genau das machen Sie. Sie nutzen die Pandemie wieder für Ihre Schlagwortpolitik. Auch da ein paar Beispiele. Es ist wieder die Rede von „Beschlagnahme“. Eine Beschränkung der Eigenbedarfskündigung wollen Sie.
Sie wollen einen Ausschluss jedweder Zwangsräumung.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist doch alles richtig! Sehr gute Forderung!)
Sie wollen die Auflösung von Flüchtlingsunterkünften, und Sie wollen Mietminderung möglich machen, wenn ein Vermieter nicht energetisch saniert.
Das Problem dabei ist, dass Sie damit immer zu kurz springen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Was sagen Sie denn? Was machen Sie denn eigentlich?)
Ich will Ihnen mal ein Beispiel außerhalb der Mietpolitik nennen, das gerade Sie von den Linken angeht. Ihre Parteivorsitzenden schwadronieren im Moment darüber, dass wir das Problem mit dem Impfstoff in Deutschland lösen könnten, wenn man die Impfstoffhersteller enteignet. – Da sieht man, wie kurzsichtig Ihre Ideologie ist, auch bei der Mietpolitik.
(Widerspruch bei der LINKEN – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ehrlich gesagt haben Sie überhaupt keine Ahnung!)
Was glauben Sie, welcher Forscher, welcher Impfstoffhersteller zukünftig in Deutschland noch nach einem Impfstoff forscht oder ihn hier herstellt, wenn er in der Vergangenheit schon einmal enteignet worden ist?
Ich möchte jetzt noch ein paar inhaltliche Aspekte aufgreifen. Das, was Sie fordern, ist auch verfassungsrechtlich in Deutschland nicht umsetzbar.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Dann erzählen Sie doch mal, was Sie eigentlich machen wollen!)
Manchmal wundert man sich: Der eine oder andere Blick in die Grundrechte würde Ihnen sehr viel Schreibarbeit ersparen. Sie wollen zum Beispiel erleichterte Voraussetzungen für die Beschlagnahme von leerstehenden Wohnungen oder den Ausschluss jedweder Zwangsräumung; das fordern die Grünen wiederholt. Das gilt also auch in dem Fall, wenn ich als Vermieter einem Mieter kündige, der zum Beispiel andere Mieter in einem Mehrfamilienhaus bedroht, der Sachbeschädigungen begeht. Sie wollen, losgelöst von der Pandemie, jedwede Zwangsräumung auch in diesem Fall ausschließen.
Sie wollen dann – ich finde, da wird es besonders perfide – tatsächlich auch Hotels oder Hotelbetriebe an Pandemiehilfen nur teilhaben lassen, partizipieren lassen, wenn sie ihre Zimmer für Obdachlose zur Verfügung stellen. Da will ich Ihnen von den Grünen, weil ich Sie ja vorhin tatsächlich auch in einen anderen Kontext gesetzt habe, mal ganz ehrlich ins Stammbuch schreiben: Beschäftigen Sie sich doch mal intensiv mit Ausmaß und Bedeutung des Grundrechts auf Eigentum in Deutschland! Ich kann es gar nicht anders sagen.
Wieder kleiner Ausflug am Rande: Wenn Ihr Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter in diesen Tagen darüber sinniert, dass wir doch den Menschen in Deutschland untersagen oder verbieten sollen, in einem Einfamilienhaus zu wohnen oder ein solches zu bauen,
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fake News! Sie sollten schon bei der Wahrheit bleiben!)
dann ist das vor allem ein massiver Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum. Die Sorge, die ich habe, ist, dass Sie Bedeutung und Umfang dieses Grundrechts leider bis heute nicht begriffen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Das, was mich vor allem beschwert – da sind wir ein Stück weit wieder bei dieser Impfstoffbeschaffungsdebatte –:
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das steht aber heute gar nicht auf der Tagesordnung!)
Bei all diesen vermeintlich guten Vorschlägen, die Sie unterbreiten, machen Sie genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. Es geht uns in diesem Land darum, Wohnraum zu schaffen. Aber mit diesen irrsinnigen Instrumentarien werden Sie keinen Investor dazu motivieren, noch irgendwo in Deutschland Geld zu investieren.
Wissen Sie, es ist ja jetzt nicht so, dass das von mir einfach eine Behauptung ist, die ich mal raushaue, ins Blaue spreche.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)
Sie wissen, was jetzt kommt: Man muss ja nur nach Berlin gucken. Da kriegt man mittlerweile ein super Gefühl dafür, was man nicht machen darf, weil man sonst einen Wohnungsmarkt komplett kaputtmacht. Sie verschrecken dort alle Investoren. Da sind Sie in Verantwortung: SPD, Grüne und Linke.
(Mechthild Rawert [SPD]: Ich würde ja sagen, die Investoren!)
Man muss mal sagen: Es ist ein totales Desaster.
Deswegen am Schluss wieder der Werbeblock. Frau Präsidentin, Sie gestatten: die neuesten Schlagzeilen aus Berlin. Hier zum Beispiel: „Wirtschaft befürchtet neue Hürden beim Bauen“ in der „Berliner Morgenpost“, „Mietendeckel sorgt für Verluste“ und im „Tagesspiegel“ zum Mietendeckel: „Angebot an Wohnungen hat sich halbiert“. Die Folgen des Gesetzes belasten laut einer Studie vor allem Familien. Das ist Ihre Wohnraumpolitik. Und weiter: „Mietendeckel: 30 Prozent weniger Wohnungsangebote“ und „Mietendeckel: Profitieren die Reichen?“.
Kollege Hoffmann, ich bitte, die Zitate in die Redezeit einzubeziehen und zum Schluss zu kommen.
Deswegen: Kehren Sie zurück auf die Ebene der Sachlichkeit!
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt der Richtige!)
Da sind Sie bei uns jederzeit willkommen, aber mit solchen Ideen nicht.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Willkomm für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7504635 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Wohnungs- und Obdachlosigkeit im Corona-Winter |