25.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 212 / Tagesordnungspunkt 15

Wilfried OellersCDU/CSU - Wohnungs- und Obdachlosigkeit im Corona-Winter

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte hat mich jetzt schon etwas irritiert, insbesondere nachdem ich den Titel der Debatte gelesen hatte: Man will über Obdachlosigkeit und Mieterschutz in Coronazeiten diskutieren. – Ich stelle allerdings fest, dass wir eine Grundsatzdebatte führen, bei der die wenigsten Redner das Wort „Corona“ in den Mund genommen haben.

(Ulli Nissen [SPD]: Ich habe es gemacht!)

Dabei soll allerdings nicht in Abrede gestellt werden, dass gerade für uns das Thema Obdachlosigkeit ein ganz besonders wichtiges gesellschaftliches, politisches Thema ist. Ich will ganz zu Beginn auch deutlich in Abrede stellen, dass die CDU/CSU-Fraktion dieses Thema nicht beachtet und überhaupt nicht ernst nimmt; genau das Gegenteil ist der Fall. Das möchte ich hier, an dieser Stelle, ausdrücklich betonen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Dann handeln Sie! Was tun Sie?)

Vorweg vielleicht auch noch mal zur Zuständigkeitsfrage, weil auch Frau Bayram diese angesprochen hat. Wir haben es in Deutschland so geregelt, dass die Länder und die Kommunen zuständig sind: die Länder für den sozialen Wohnungsbau, die Kommunen für die Unterbringung der Obdachlosen. Weil Sie behauptet haben, wir müssten es hier im Bund entscheiden, will ich noch mal ganz besonders betonen: Erst 2018 haben wir die Alleinzuständigkeit den Ländern übertragen, und zwar deswegen, weil sie es gewünscht haben.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Zusätzlich haben wir auch noch 2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Damit müssten die Länder eigentlich auskommen und ihre Verantwortung wahrnehmen.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist doch Quatsch!)

Mein Kollege Hoffmann hat ja schon das Beispiel Berlin genannt. Daran sollten Sie sich vielleicht mal ein Beispiel nehmen, wie man es gerade nicht macht. Schauen Sie sich lieber andere Beispiele an, wie man es besser macht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Das ist nicht verkehrt!)

Kollege Oellers, ich habe die Uhr angehalten. Es gibt gleich zwei Wünsche zu Fragen und Bemerkungen: einmal von der Kollegin Bayram und einmal von der Kollegin Lay.

Nein. Danke schön. – Ich will in Bezug auf die Coronapandemie betonen – die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe sind angesprochen worden –, dass diese ausdrücklich noch in die Coronavirus-Testverordnung Ende Januar aufgenommen worden sind. Man hat das Thema Corona gerade bei Obdachlosen und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe eben nicht außer Acht gelassen.

(Mechthild Rawert [SPD]: Das war mein erster Punkt!)

Dann kommen in Form von Anträgen die ganzen Themen zur Sprache, die eine Antwort auf die Frage geben sollen, wie man die Probleme lösen kann. Da sind wir natürlich wieder mal mitten im Sozialismus angekommen. Statt zu sagen, man will an Eigentümer, die leerstehende Wohnungen haben, herantreten und diese Wohnungen beschlagnahmen, wäre es vielleicht mal ein Ansatz, dass die zuständigen Stellen an den Eigentümer herantreten und anfragen, ob man diese anmieten kann. Gleiches gilt entsprechend für den Vorschlag bezüglich der Hotels, nämlich dass man sagt: Die leerstehenden Hotels sollen in Anspruch genommen werden. – Statt immer sofort zu fordern, etwas zu beschlagnahmen, und staatliche Eingriffe vorzunehmen, wäre vielleicht das normale marktwirtschaftliche System richtig: Man fragt einfach mal an. – Das gehört zu einer sozialen Marktwirtschaft genauso dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zur Frage des Wohnraums. Was haben wir nicht alles für Maßnahmen ergriffen, um Wohnraum zu schaffen! Ich habe gerade schon die 2 Milliarden Euro erwähnt, die die Länder zusätzlich haben, um sozialen Wohnraum zu schaffen.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal lieber, wie viel Sie verhindert haben! Das wird interessanter!)

– Ja, Wohnungseigentum schaffen, ist nicht Ihr Thema; das weiß ich. – Das Baukindergeld dient auch dazu, Wohnraum zu schaffen, gerade für Familien mit Kindern. Genauso zielt das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Mietwohnungsneubauten darauf ab, mehr Wohnraum zu schaffen. Deswegen sind das genau die richtigen Instrumente, um im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft anzusetzen.

Zum Kündigungsmoratorium, wie es im letzten Jahr der Fall war – die Grünen haben die Verlängerung dieses Moratoriums beantragt –, muss man ganz deutlich sagen, dass die pandemiebedingten Kündigungen ja gerade nicht vorliegen, so wie es die öffentliche Anhörung bestätigt hat.

Ich möchte noch ein ganz wichtiges Projekt zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ansprechen – Obdachlosigkeit ist oft ein Teufelskreislauf –: das Projekt „Housing First“. Die Obdachlosen haben das Problem, dass sie auf der einen Seite keine Unterkunft haben und damit keine Leistungen bekommen und dass sie auf der anderen Seite keine Leistungen bekommen, weil sie keine Unterkunft haben.

(Mechthild Rawert [SPD]: Ein super Projekt in Berlin!)

So dreht es sich immer wieder im Kreis. Deshalb muss man sagen: Housing First, genau das ist der richtige Ansatz. Das Projekt wird hier in Berlin vorangetrieben, in Nordrhein-Westfalen genauso. Das sind Ansätze, wie wir das Problem angehen müssen. Ich würde mich freuen, wenn dies auf Länderebene weiter unterstützt wird.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu einer Kurzintervention hat die Kollegin Bayram das Wort.

(Christian Dürr [FDP]: Die Kollegin will sich für die Berliner Wohnungspolitik entschuldigen!)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7504640
Wahlperiode 19
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Wohnungs- und Obdachlosigkeit im Corona-Winter
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