Jens BrandenburgFDP - Hilfe im Corona-Schuljahr durch Studierende
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Lockdown, die monatelangen Schulschließungen sind für die 11 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland zu einer großen Belastung geworden. Jedes dritte Kind zeigt inzwischen psychische Auffälligkeiten. Sie sind aggressiver, depressiver und viel häufiger krank.
Auch die Lernrückstände sind inzwischen riesig. Die Lernzeit hat sich im Lockdown halbiert. Vor allem sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche verlieren im Distanzunterricht oftmals den Anschluss; denn nicht jedes Kind hat ein eigenes Zimmer, einen eigenen Computer, eine eigene Webcam zur Verfügung oder Eltern, die jeden Morgen danach schauen, dass man auch wirklich jedes Aufgabenpaket abarbeitet. Für sie ist Corona zur Chancenbremse geworden. Sie brauchen nicht nur eine schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht, sondern jetzt endlich eine klare Perspektive, wie sie ihre Lernlücken in den kommenden Monaten schließen können.
(Beifall bei der FDP)
Wir müssen alles dafür tun, dass diese Generation ihr Recht auf Bildung endlich wieder wahrnehmen kann.
Gleichzeitig leiden Hunderttausende Studierende unter der sozialen Isolation im Lockdown. Viele von ihnen haben den Nebenjob verloren, fallen beim BAföG durchs Raster, wissen nicht mehr, wie sie ihr Studium noch finanzieren sollen. Bringen wir diese beiden Gruppen doch zusammen: zu einem Bundesprogramm Lern-Buddys, in dem Studierende Schülern und Schülerinnen helfen, ihre Lernlücken wieder zu schließen, indem sie Lehrkräfte unterstützen bei der digitalen Lehre, beim Unterrichten von Teilgruppen oder auch beim Eins-zu-eins-Mentoring besonders bedürftiger Schüler. Dafür sollten dann Studierende Leistungspunkte im Lehramtsstudium bekommen oder auch eine direkte Vergütung, einen Stundenlohn. Auch auf bestehende Initiativen und Nachhilfeinstitute vor Ort sollten Schulen dabei flexibel zugreifen können.
Wir Freie Demokraten fordern, dass die Bundesregierung 1 Milliarde Euro für diesen Zweck zur Verfügung stellt; denn die Verringerung der riesigen Folgeschäden der aktuellen Bildungskrise, die sind uns jede Kraftanstrengung wert.
(Beifall bei der FDP)
Wenn Medizinstudierende – wir sehen das doch jeden Tag – beim Impfen aushelfen, dann können doch wohl auch Lehramts- und Fachstudierende den Schulen unter die Arme greifen. Das entlastet Eltern und Lehrkräfte. Das bietet Studierenden eine frühe Praxiserfahrung, aber auch ein eigenes Einkommen und den vielen Schülern und Schülerinnen vor allen Dingen die individuelle Betreuung, die sie gerade so dringend benötigen. Selbstverständlich ist ein solches Bundesprogramm Lern-Buddys kein Allheilmittel und wahrlich kein Ersatz für eine grundlegende Reform der Studienfinanzierung.
(Zuruf von der AfD)
Aber es wäre eine schnelle, pragmatische Hilfe und Unterstützung für zwei Generationen, die in dieser Krise schon allzu oft vergessen wurden.
Die Unionsfraktion wird Ihnen gleich vermutlich noch erzählen, dass Frau Karliczek ja ein solches Nachholprogramm schon in petto habe. Das ist natürlich Blödsinn. Wir haben von ihr mehrfach schon vage Versprechen gehört, aber ein konkretes Konzept, das bleibt sie uns bis heute schuldig. Ein paar Ferienprogramme oder Stiftungsprojekte irgendwann im kommenden Schuljahr, wie sie es über die Presse hat andeuten lassen, werden hier nicht ausreichen, diese große Aufgabe zu wuppen; das ist einfallslos.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Seit Monaten geben wir uns als Parlament, als Deutscher Bundestag damit zufrieden, dass die Regierungsbank uns immer erst im Nachhinein erklärt, was sie alles wieder nicht geschafft hat.
(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])
Mit ihrer unambitionierten Salamitaktik hat Frau Karliczek schon im letzten Jahr die Studienfinanzierung völlig gegen die Wand gefahren. Das darf ihr mit dem Coronaaufholprogramm kein zweites Mal passieren!
(Beifall bei der FDP)
Deshalb haben wir als gute Serviceopposition – Sie kennen das – heute natürlich ein konkretes Konzept vorgelegt, einen Vorschlag, über den wir gerne im Detail – von der Dauer bis zu den Stundenlöhnen – diskutieren können. Aber wir müssen endlich zu Ergebnissen kommen! Denn Abwarten ist keine Lösung.
Also: Geben doch wir als Parlament der Regierung endlich einen klaren Auftrag, ein solche Bundesprogramm Lern-Buddys noch im Frühjahr auf den Weg zu bringen!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Dr. Dietlind Tiemann das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7504838 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Hilfe im Corona-Schuljahr durch Studierende |