Klaus ErnstDIE LINKE - Pandemiebedingte Wirtschaftshilfen für Unternehmen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Helfrich, ich schätze Sie sehr, aber ich komme nicht umhin, etwas klarzustellen. Sie sagen: Niemand wird wegen Corona entlassen. – Da können Sie auch sagen: Niemand stirbt, wenn er im 10. Stock aus dem Fenster springt;
(Mark Helfrich [CDU/CSU]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)
der stirbt erst, wenn er unten ankommt. – Genau so ist es mit Corona. Da steht in der Kündigung nicht: Ich entlasse Sie wegen Corona. – Da wird man zum Beispiel entlassen trotz wirtschaftlicher Hilfen, die wir geben. Da wird jemand entlassen, obwohl das Unternehmen staatliche Hilfen in Anspruch nimmt und damit seinen Gewinn sogar noch staatlich finanziert bekommt. Insofern war diese Bemerkung meines Erachtens ein bisschen daneben.
Im Übrigen: Sie haben sich wenigstens mit unserem Antrag beschäftigt; andere haben das gar nicht gemacht. Herr Vogel, ich werte die Tatsache, dass Sie kein Wort über unseren Antrag verloren haben, schlichtweg als Zustimmung. Herzlichen Dank!
(Heiterkeit des Abg. Timon Gremmels [SPD] – Beifall bei der LINKEN – Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Wir haben einen eigenen Antrag!)
Meine Damen und Herren, worum geht es? Es geht eigentlich um eine Kernfrage – sie wurde gestern im „Handelsblatt“ aufgeworfen: „Eine Frage der Moral“. Ist es eigentlich moralisch, dass von unserem – auch Ihrem – Steuergeld Milliarden ausgegeben werden, zum Beispiel für die Lufthansa, zum Beispiel für Kurzarbeit bei Daimler oder bei anderen Unternehmen? Es sind ja nun tatsächlich Mittel abgeflossen; es ist ja nicht so, dass nichts passiert wäre. Ist es moralisch, dass ungeachtet dessen, dass wir das alles finanzieren, die Unternehmen Standorte verlagern und Beschäftigte entlassen, obwohl Kurzarbeitergeld gezahlt wird, obwohl wir sie wirtschaftlich stützen?
Der Autor des Beitrags, Dieter Fockenbrock, kommt zu einem Ergebnis und schreibt:
Es weckt aber Zweifel an Beteuerungen des Führungspersonals, ihre Unternehmen in der Mitte der Gesellschaft zu verankern statt allein im Portemonnaie der Investoren.
Das ist das Problem. Allein schon aus diesen moralischen Gründen und mit Blick auf Ihre Verantwortung beim Umgang mit Geld – das ist ja unser Geld – könnten wir den Unternehmen doch mal sagen: Wenn ihr Geld von uns wollt, dann lasst das in der Zeit, in der ihr es kriegt, mal mit den Entlassungen sein!
(Beifall bei der LINKEN)
Das ist doch nicht unredlich. Oder wir könnten sagen: Solange ihr Geld von uns kriegt, seid ein bisschen vorsichtig mit den Dividenden. – Bei Daimler wurden Dividenden von über 1 Milliarde Euro ausgeschüttet, und wir bezahlen für Daimler 700 Millionen Euro Kurzarbeitergeld! Tut mir leid, aber moralisch ist das nicht mehr.
(Beifall bei der LINKEN)
Da habe ich echt meine Zweifel.
Wissen Sie, ich glaube eigentlich auch nicht, dass Sie so darüber hinwegsehen sehen können; denn Sie gehen doch sonst auch nicht so leichtfertig mit dem Geld um. Sie schauen doch auch: Was passiert eigentlich mit dem, dem ich Geld gebe? Jetzt geben wir der Lufthansa Geld in Milliardenhöhe, und wir reden nicht mal mit! Wir müssen klarstellen: Solange wir zahlen, seid bitte schön ein bisschen vorsichtig und schmeißt wenigstens nicht die Flugschüler raus. – Denn selbst die sind bei der Lufthansa negativ betroffen, weil die Schule geschlossen wurde.
Darüber bitte ich Sie nachzudenken.
Danke fürs Zuhören.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Ernst. – Nächster Redner ist der Kollege Bernhard Loos, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7505111 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 213 |
Tagesordnungspunkt | Pandemiebedingte Wirtschaftshilfen für Unternehmen |