26.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 213 / Tagesordnungspunkt 22

Falko MohrsSPD - Pandemiebedingte Wirtschaftshilfen für Unternehmen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mitte März dieses Jahres ist es in der Tat fast zwölf Monate, fast ein Jahr, her, dass der erste Lockdown beschlossen wurde. An dem Freitag davor haben wir hier in dieser Runde das erste Mal über Wirtschaftshilfen debattiert. Man muss fast am Ende dieses Coronajahres mit Blick auf einige hier in der AfD ja sagen: Bei einigen liegt der Verstand echt blank. Bei anderen – das gilt natürlich vor allem für viele in diesem Land, die von den Maßnahmen betroffen sind – liegen natürlich die Nerven bzw. bei vielen eben auch die finanzielle Existenz blank. Das ist in der Tat, nachdem wir uns fast ein Jahr mit dem Coronavirus auseinandersetzen, die Realität, der wir uns stellen müssen.

Meine Damen und Herren, das Kurzarbeitergeld war im letzten Jahr für viele Millionen Beschäftigte der allerbeste Kündigungsschutz.

(Beifall bei der SPD)

Denn die immer wieder erfolgte Verlängerung des Kurzarbeitergeldes hat in der Spitze wirklich fast 10 Millionen Menschen aufgefangen, die sonst in die Arbeitslosigkeit gerutscht wären.

Meine Damen und Herren, wenn man sich jetzt die Zahlen anschaut, auch die der letzten Überbrückungshilfeprogramme oder der „Neustart“-Hilfe, dann muss man sagen, dass alleine von den Novemberhilfen bis heute ungefähr 8 Milliarden Euro an Hilfen ausgezahlt wurden. Wenn man sich die Zahlen genauer anguckt, dann sieht man: Ja, von den Novemberhilfen wurden ungefähr 80 Prozent der Hilfen ausgezahlt. Von den beantragten Geldern der Dezemberhilfen sind gut 63 Prozent ausgezahlt worden. Bei den Überbrückungshilfen sind es mit knapp 30 Prozent schon deutlich weniger, und bei den „Neustart“-Hilfen für die Soloselbstständigen sind um die 90 Prozent ausgezahlt worden.

Was zeigt das? Auf der einen Seite macht das deutlich, dass wir natürlich nicht zufrieden sein können, wenn bei der Auszahlung der Novemberhilfe noch nicht annähernd 100 Prozent stehen. Das kann uns, meine Damen und Herren, nicht zufriedenstellen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Claudia Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage mal wirklich diplomatisch: Meine Geduld, aber vor allem die Geduld und das Verständnis von vielen, die auf diese Hilfe wirklich dringend warten, sind schon – na ja, diplomatisch formuliert – sehr arg strapaziert. Das ist etwas, wofür wir uns – ich habe das an anderer Stelle gesagt, ich sage das auch hier – wirklich entschuldigen müssen.

Meine Damen und Herren, bei den Wirtschaftshilfen wird von manchen von Chaos geredet. Es kann aber zum Beispiel bei den „Neustart“-Hilfen für die Soloselbstständigen, die erst seit Kurzem beantragt werden können und bei denen bereits 90 Prozent ausgezahlt sind, von Chaos seriös keine Rede sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, dass in dieser Zeit, in der die Verzweiflung von vielen wirklich mit Händen zu greifen ist, eine wirklich unseriöse Panikmache durch Anträge, durch Überschriften, durch Debatten, durch Wortbeiträge betrieben wird. Bei manchen sind wir es gewohnt; mit denen auf der rechten Seite finden wir uns ab. Dass bei vielem anderen, etwa da, wo wir nachbessern müssen, nachgebessert haben und auch weiter besser werden müssen, Panik verbreitet wird, ist auch nicht seriös.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir natürlich, auch wenn wir jetzt nach vorne auf die nächste Woche schauen, für die Runde der Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen mit der Bundesregierung die klare Erwartung, dass es eben Perspektiven und Stufenpläne gibt, dass es darum gehen muss, nicht nach einem bestimmtem Datum, aber nach Daten, nach der Entwicklung der Pandemie hier vorzulegen, wie eine Öffnungsperspektive, ein Weg zur Normalität aussehen kann.

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?

Ja, gerne.

Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Mohrs, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich habe nur einen kleinen Punkt. Sie haben ja gerade indirekt auch mir, der ich von Chaos bei der Umsetzung der Wirtschaftshilfen gesprochen habe, Panikmache unterstellt. Ich möchte Ihnen jetzt gerne etwas vorlesen. Ich zitiere:

Dass es fast drei Monate gedauert hat, bis das Bundeswirtschaftsministerium das Chaos einigermaßen im Griff hatte, ist Verwaltungsversagen erster Güte.

Wissen Sie, wer das gesagt hat? Ihr Kollege, Herr Sören Bartol. Er ist, glaube ich, Fraktionsvize. Wissen Sie, wo er es gesagt hat? Im „Vorwärts“. Das ist, glaube ich, Ihr Parteiblatt. Würden Sie dann auch Ihrer Partei an dieser Stelle Panikmache vorwerfen? Da bitte ich doch um etwas mehr Redlichkeit im Umgang mit unseren Argumenten, statt hier solche Sachen in die Luft zu blasen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Pascal Meiser, ich halte Sie ja für einen durchaus vernünftigen Kollegen, was ich auch noch mal unterstreiche, weil Sie den „Vorwärts“ lesen. Insofern: Herzlichen Glückwunsch auch dazu!

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber gucken Sie sich mal genau an, was ich eben gesagt habe. Ich habe doch darauf hingewiesen, dass es zwei Seiten gibt. Es gibt diejenigen, die wirklich verzweifelt darauf warten, und zwar aus meiner Sicht eine viel zu lange Zeit, dass die Hilfen endlich ausgezahlt werden. Und ja, meine Damen und Herren, es ist doch völlig klar, gerade für die Betroffenen, dass das Verfahren für sie an vielen Stellen völlig intransparent und chaotisch gelaufen ist. Ich glaube, daraus hat hier keiner einen Hehl gemacht.

Das war schwierig. Das ist mit 16 Bundesländern komplex. Wenn man sich allein die Länge der FAQ anguckt, sieht man, wie komplex die Hilfsprogramme sind. Aber ich finde, es gehört eben auch dazu, deutlich zu machen, wo die Herausforderungen sind, und nicht nur hier so zu tun, als ob gar nichts funktionieren oder nichts ankommen würde. Denn das wäre nicht redlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Genau darauf war mein Bezug und auch auf das,

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Was Ihr Kollege Bartol sagte!)

was Sören Bartol gesagt hat. Insofern, glaube ich, ist hier die Redlichkeit hoffentlich wieder hergestellt und für alle transparent, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir also jetzt mit der Erwartung in die nächste Woche gehen, dass wir Perspektiven haben, die klar und verlässlich sind, die gerade auch den vielen betroffenen Unternehmen – wie gesagt, nicht nach einem bestimmten Datum, aber nach der Entwicklung des Infektionsgeschehens – wieder Perspektiven eröffnen, dann ist das der Weg, den wir wirklich brauchen, begleitet von Tests, begleitet von Impfen, begleitet von Transparenz, möglichst auch begleitet durch Apps auf den Handys, die eben deutlich machen: „Wer ist hier eigentlich negativ getestet? Wer ist geimpft?“, um wieder einen Schritt zurück in die Normalität zu gehen. Also, Geschwindigkeit, Perspektiven, Klarheit und Redlichkeit: Das, glaube ich, ist das Gebot der Stunde.

Dabei alles Gute für uns alle! Bleiben Sie gesund!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Damit schließe ich die Aussprache.

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