26.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 19

Benjamin StrasserFDP - Perspektive für Grenzkontrollen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In unbekannten Situationen wie einer Pandemie Fehler zu machen, ist menschlich. Nur: Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes erwarten auch, dass die Regierung aus Fehlern lernt.

Was sich die Bundesregierung beim Thema Grenzkontrollen im vergangenen Jahr geleistet hat, ist aus verschiedenen Perspektiven bemerkenswert. Im Frühjahr 2020 haben Sie die Grenzen zu vielen Nachbarländern Deutschlands de facto geschlossen. Das hat zu unbilligen Härten geführt: Unternehmen, die nur mit Mühe und Not ihren Betrieb aufrechterhalten konnten, binationale Paare, die sich über Monate entweder gar nicht oder, wie beispielsweise in Konstanz, nur durch einen Bauzaun an der Grenze überhaupt sehen konnten. Man hätte eigentlich denken können, das wäre ein heilsamer Schock für die Bundesregierung gewesen. Nicht ohne Grund haben wir Freie Demokraten Sie im Innenausschuss im Juni 2020 aufgefordert, jetzt das Gespräch zu suchen, um eine europaweite Strategie zu erarbeiten, wie wir mit grenzüberschreitenden Hotspots ohne Grenzkontrollen umgehen. Passiert ist nichts. Sie haben die deutsche EU-Ratspräsidentschaft eben nicht für solche Gespräche genutzt.

Als Ende Dezember 2020 wegen einer britischen Virusmutation kilometerlange Lkw-Staus in Dover, in Großbritannien, entstanden sind, hat diese Bundesregierung nichts gemacht. Als im Januar 2021 die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident Söder gesagt haben, sie schließen wegen der Virusmutation Grenzkontrollen nicht aus, hat diese Bundesregierung nichts gemacht. Am 10. Februar 2021 hat Ihr Staatssekretär Mayer im Innenausschuss gesagt, dass Grenzkontrollen zu Tschechien nicht zur Debatte stünden. Zwei Tage später hat Innenminister Horst Seehofer Grenzkontrollen zu Tschechien und zu Tirol veranlasst. Das zeigt die ganze Planlosigkeit dieser Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie regieren eben nicht, sondern Sie reagieren. Sie lassen sich von dieser Pandemie treiben und richten sich in einem Dauer-Lockdown ein, anstatt mal Alternativen und vor allem eine Perspektive zu entwickeln.

Bemerkenswert finde ich auch den Umgang mit unseren europäischen Nachbarn. Staatssekretär Mayer hat im Innenausschuss vor zwei Tagen gesagt, es sei doch alles abgestimmt und es sei überhaupt kein isoliertes Vorgehen gewesen. Schauen wir mal, was die österreichischen Nachbarn dazu sagen. Der eigentlich für seine Diplomatie bekannte österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sprach von – Zitat – „überschießenden Schritten, die mehr schaden als nützen“. Noch deutlicher wurde der österreichische Innenminister Karl Nehammer, mit dem laut Staatssekretär Mayer alles ganz eng von Herrn Innenminister Seehofer abgestimmt worden ist. Er bezeichnete die Grenzkontrollen als – Zitat – „inakzeptabel. Diese Maßnahme von Bayern ist unausgegoren und löst nur Chaos aus.“

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sieht für Sie so eine professionelle Abstimmung und eine gute Nachbarschaft aus? Für uns ist das definitiv nicht der Fall. Was wir ausdrücklich begrüßen, ist das, was Sie jetzt mit Frankreich machen: die gemeinsame Taskforce, um trotz einer hohen Inzidenzzahl auf französischer Seite Grenzkontrollen zu vermeiden. Aber, Herr Staatssekretär, mit den einen eine Arbeitsgruppe zu machen und bei den anderen ohne Ankündigung einfach den Schlagbaum herunterzumachen, das ist eine Zweiklassengesellschaft von Partnern.

(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! -Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig richtig!)

So geht man mit Nachbarn einfach nicht um.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erwarten jetzt Taten von dieser Bundesregierung. Wir erwarten eine erweiterte Teststrategie für Pendler und die Logistik. Wir erwarten, dass binationale Paare nicht erneut monatelang im Regen stehen gelassen werden, sondern dass sie die Grenze unbürokratisch überqueren können. Und wir erwarten vor allem keine monatelangen Grenzkontrollen, sondern dass Sie endlich eine europaweite Strategie auf den Weg bringen und diese Grenzkontrollen schleunigst beenden. Sie sind jetzt am Zug, endlich etwas zu tun.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Strasser. – Nächster Redner ist der Kollege Alexander Krauß, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7505129
Wahlperiode 19
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Perspektive für Grenzkontrollen
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