Michael TheurerFDP - Aktuelle Stunde - Öffnungsperspektiven durch Teststrategie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Bürgerinnen und Bürger! Wieder sitzen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und ‑chefs der Länder hinter verschlossenen Türen am Bildschirm und beraten beim Coronagipfel über die weiteren Maßnahmen des Lockdowns. Wieder verfolgen Millionen von Menschen, aber vor allen Dingen Zigtausend betroffene Unternehmerinnen und Unternehmer des mittelständischen Einzelhandels, der Gastronomie, der Hotellerie, der Veranstaltungswirtschaft dieses Gipfeltreffen mit bangem Hoffen.
Hat nicht jüngst das Robert-Koch-Institut das bestätigt, was dem FDP-Sieben-Stufen-Öffnungsplan zugrunde liegt? Die Infektionsrisiken im Einzelhandel, so das RKI, sind niedrig. Das Infektionsrisiko in den Hotels ist niedrig, selbst in der Gastronomie ist das Infektionsrisiko nur moderat – so das Robert-Koch-Institut. Ist es da nicht endlich an der Zeit für eine Öffnungsperspektive?
(Beifall bei der FDP)
Brauchen wir hier neben der Beschleunigung des Impffortschritts nicht endlich auch eine Teststrategie, vor allem mit Schnell- und Selbsttests?
In Südkorea wird dies seit elf Monaten erfolgreich praktiziert. Auf die Frage der Journalistin Caren Miosga, warum das, was in Deutschland nicht funktioniert, in Südkorea geht, hatte der Gesundheitsminister Jens Spahn keine Antwort. Kein Anschluss unter dieser Nummer! Hallo?
Wollen wir uns in Deutschland als Exportweltmeister und als Industrienation, die wir stolz auf unsere effiziente Verwaltung waren, länger diese Blamage gönnen, dass Südkorea und andere Länder in dieser Welt eine Teststrategie hinbekommen und praktizieren, wir in Deutschland aber nicht? Wir jedenfalls geben uns mit diesem Ergebnis nicht zufrieden.
(Beifall bei der FDP)
Am 19. Januar, also vor gut sechs Wochen, wurde Kanzleramtsminister Helge Braun von der MPK und der Kanzlerin beauftragt, eine gerechte Öffnungsperspektive zu erarbeiten. Am 10. Februar lag nichts vor, was dazu geführt hat, dass wir – wohlgemerkt: als Oppositionsfraktion – einen Sieben-Stufen-Plan hier ins Parlament eingebracht haben. Jetzt sind wir gespannt, ob dieser Gipfel eine Öffnungsperspektive zustande bringt, die mehr ist, als den Lockdown zu verlängern. Wir haben nämlich nach dem, was jetzt schon bekannt geworden ist, den Eindruck, dass alles eher darauf hindeutet, dass der Lockdown verlängert und das Ganze nur mit anderen Argumenten unterlegt wird. Fast hat man den Eindruck, es handelt sich um eine Fata Morgana. Irgendwo am Horizont ist die Öffnung sichtbar, aber man kann sie nicht erreichen. Immer wenn man danach greift, greift man ins Leere.
(Beifall bei der FDP)
Diejenigen, die ihr ganzes Leben lang geschuftet haben, stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand; sie stehen vor dem Scherbenhaufen ihrer Existenzen, wenn es uns nicht bald gelingt, im Zusammenhang mit dem Virus eine Öffnungsperspektive zu erarbeiten, wie es andere Länder in Europa, zum Beispiel Österreich, bereits geschafft haben.
Was machen eigentlich die Minister Spahn und Altmaier die ganze Zeit? Seit Monaten haben wir diese Teststrategie eingefordert. Wir haben nicht den Eindruck, dass mit der notwendigen Nachdrücklichkeit in den Ministerien mit den Unternehmen, die so was anbieten, gearbeitet wurde, damit sie endlich flächendeckend ausgerollt werden kann.
Wenn wir etwa in die USA blicken, dann stellen wir fest: In den USA hat die Regierung das Impfprogramm mit „Operation Warp Speed“ überschrieben; gemeint ist die fiktive Antriebsgeschwindigkeit des Raumschiffs Enterprise. Ich habe den Eindruck, in Deutschland orientiert man sich mehr an Bully Herbigs Komödie „T(R)aumschiff Surprise“.
(Beifall bei der FDP)
Das heißt, während die USA mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sind, sind wir in Deutschland mit Mopsgeschwindigkeit unterwegs.
(Heiterkeit des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])
Das ist nicht länger zu akzeptieren.
Wir sagen: mehr Tempo! Impfen, Testen, Öffnen: Das ist der Dreiklang, der jetzt umgesetzt werden muss. Daran werden wir den Gipfel und seine Ergebnisse messen. Die Bürgerinnen und Bürger haben jedenfalls genau diese Erwartung, und wir brauchen mehr Ehrgeiz bei der Umsetzung der Teststrategie.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie haben die ganze Zeit mitgemacht!)
Das Land will seine Freiheit zurück, und es ist Zeit, dass jetzt nicht nur die Hersteller von Testkitts und die Impfstoffhersteller liefern, die ja plötzlich – die Marktwirtschaft wirkt – ihre Impfdosenproduktion schnell nach oben fahren, da die Anreize und die Bestellungen klar sind, sondern jetzt müssen endlich auch die Regierungen von Bund und Ländern liefern. Das fordern wir von diesem Gipfel ein, und das sind die Kriterien, an denen wir diesen Gipfel messen werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Michael Theurer. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Roy Kühne.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7505904 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 214 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Öffnungsperspektiven durch Teststrategie |