Achim KesslerDIE LINKE - Aktuelle Stunde - Öffnungsperspektiven durch Teststrategie
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren hier heute erneut über die Maßnahmen gegen die Pandemie. Aber unsere Debatte wird keine Wirkung haben; denn zeitgleich trifft sich die Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, um über die Maßnahmen zu entscheiden. Wir werden noch nicht einmal mehr nachträglich in einer Regierungserklärung über die Beschlüsse informiert. Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU/CSU und von der SPD, indem Sie dieses Vorgehen der Bundesregierung ermöglichen, haben Sie den Bundestag und de facto auch sich selbst entmachtet. Sie missachten damit zugleich die Bürgerinnen und Bürger, nach deren Willen und in deren Auftrag Sie hier sitzen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Michael Theurer [FDP])
Dass Sie nun auch noch gemeinsam mit den Coronaleugnern der AfD einen Unterausschuss eingesetzt haben, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit hinter verschlossenen Türen über die Pandemie berät, schlägt dem Fass den Boden aus. Haben Sie wirklich überhaupt keine Schamgrenze mehr?
(Beifall bei der LINKEN)
Die Linke protestiert in aller Form gegen diese Missachtung des Parlaments und der Wählerinnen und Wähler.
Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind uns einig, dass die Freiheitseinschränkungen so schnell wie möglich beendet werden müssen. Aber die derzeitige Diskussion über Öffnungsszenarien ohne einen breiten Zugang zu Impfstoffen und zu kostenlosen Schnelltests gefährdet die mühsam erkämpften Erfolge der vergangenen Monate. Hier offenbart sich das volle Ausmaß des Versagens dieser Bundesregierung: Weder haben Sie durch die Freigabe der Lizenzen für ausreichend Impfstoffe gesorgt, noch haben Sie rechtzeitig kostenlose Schnelltests zur Verfügung gestellt. Hören Sie endlich auf, immer nur auf Sicht zu fahren!
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt neue Virusvarianten, die ansteckender sind, und vermutlich auch welche, die gefährlicher sind. Und leider ist nach wie vor nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung geimpft. Öffnungen ohne Begleitmaßnahmen können so leider in kürzester Zeit zu sehr hohen Todeszahlen führen. Das würde zunichtemachen, was die Bürgerinnen und Bürger durch ein hohes Maß an Selbstdisziplin und gegenseitiger Solidarität bislang erreicht haben. Die Menschen nehmen täglich massive Freiheitseinschränkungen in Kauf. Dafür muss die Bundesregierung ihnen endlich und umfassend Anerkennung zollen.
(Beifall bei der LINKEN)
Mit einer breiten und regelmäßigen Anwendung von Schnelltests können Infektionsketten wirkungsvoll unterbrochen werden. Inzwischen gibt es auch Tests, die zu Hause angewendet werden können. So können Menschen in eigener Verantwortung feststellen, ob sie infiziert sind und möglicherweise andere gefährden. Das gibt ihnen mehr Kontrolle über ihren eigenen Alltag zurück, und sie können andere besser schützen. Ich fordere die Bundesregierung auf, das endlich zu ermöglichen.
(Beifall bei der LINKEN)
Schnelltests müssen leicht und kostenlos für alle zugänglich sein. Dazu bedarf es einer Klärung der finanziellen, organisatorischen und rechtlichen Aspekte. Und die Produktionskapazitäten müssen gesichert werden. Das Desaster, dass Sie sich weigern, die Lizenzen freizugeben, damit mehr Impfstoffe hergestellt werden können, darf sich nicht wiederholen.
(Beifall bei der LINKEN)
Auf dieser Basis sind dann tatsächlich Öffnungen in Schulen, in Kitas, aber auch in sozialen, Kultur- und Sporteinrichtungen möglich, ohne eine erneute Eskalation der Pandemie zu provozieren. Meine Damen und Herren, dafür ist es jetzt wirklich höchste Zeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Spahn hat kostenlose Schnelltests ab dem 1. März angekündigt; aber er hat wieder einmal nicht geliefert. Wenn die FDP jetzt vorschlägt, über weitere Öffnungsperspektiven zu reden, weckt sie ähnliche Hoffnungen wie Herr Spahn. Doch diese Hoffnungen sind aufgrund der Untätigkeit der Bundesregierung nicht realistisch. Sie spielen mit den Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger in einer unerträglichen Art und Weise.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer undemokratischen Versammlung mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten eine Öffnung der Schulen beschlossen, ohne sich vorher um ausreichend Testkapazitäten für alle zu kümmern. Parallel spricht die Kanzlerin von der dritten Welle aufgrund der sich schneller verbreitenden Virusmutation. Hier widersprechen die Handlungen den Botschaften. Legen Sie endlich dem Bundestag eine langfristige Strategie zur Bekämpfung der Pandemie vor, damit die Menschen bald wieder ein normales Leben führen können.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank, Dr. Achim Kessler. – Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Janosch Dahmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7505908 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 214 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Öffnungsperspektiven durch Teststrategie |