03.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 214 / Zusatzpunkt 1

Katrin Helling-PlahrFDP - Aktuelle Stunde - Öffnungsperspektiven durch Teststrategie

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Guten Tag, ich will mein Leben zurück! – Seit über einem Jahr verlangt die Pandemie uns allen – den Selbstständigen, den Unternehmern, den Angestellten, den Vorerkrankten, den Alten, den Jungen, den Kindern, den Eltern – verdammt viel ab. Nur die Pandemie – wirklich?

Es ist auch die Bundesregierung, die den Bürgern mit ihrer Zauderhaftigkeit mehr abverlangt, als verhältnismäßig ist.

(Beifall bei der FDP)

Diese mangelnde Entschlossenheit zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Pandemie. Erst bei der Maskenpflicht, dann beim Impfstoff und nun bei den Schnelltests: Immer zeigen uns andere, wie es geht. Immer hinken wir hinterher,

(Heike Baehrens [SPD]: Quatsch!)

weil sich die Bundesregierung immer erst Dutzende Male um sich selbst drehen muss, ehe sie etwas auf die Reihe bekommt.

(Beifall bei der FDP)

Immer: Bedenken first! Mit den Masken – da kann man vielleicht in der Anwendung, ja, irgendwie was falsch machen. Oha! – So auch mit den Schnelltests: Nur in geschulte Hände, sonst viel zu gefährlich! – Mann, Mann, Mann! Trauen wir den Leuten doch mal etwas zu! Glauben wir an Wissenschaft und Fortschritt!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit Verstand und Entschlossenheit aus der Pandemie, das wäre mal ein Plan.

Noch letzte Woche haben wir Sie, werte Bundesregierung, aufgefordert, mit den Ländern einen Stufenplan zur Öffnung zu erarbeiten und dabei die Chancen, die Schnelltests zur Selbstanwendung bieten, miteinzubeziehen. Schritte im Bildungsbereich, weniger Einsamkeit, Öffnungen im Einzelhandel, der Gastronomie und Kulturangebote, Angebote im Sport: Unsere Fantasie und unser Ehrgeiz reichen nicht nur von hier bis zum Friseur an der nächsten Straßenecke.

(Beifall bei der FDP)

Wir glauben, dass es für alle Branchen, für jeden klare Perspektiven braucht, dass es Planbarkeit braucht, genau genommen sogar Berechenbarkeit, klare Wenn-dann-Regeln, unter welchen Voraussetzungen bei welchem regionalen Infektionsgeschehen was möglich ist. Aber leider, wie man hört, wird da heute wieder eine Chance verpasst, den Menschen eine klare Perspektive zu geben.

Es ist gut und richtig, wenn es ein kostenloses Schnelltestangebot in Schulen, aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger gibt. Das deckt Infektionen auf, die sonst unentdeckt blieben. Das hätte mit Blick zum Beispiel nach Österreich schneller kommen müssen; aber nun ist es, wie es ist. Ich hoffe sehr, dass man in den Details der praktischen Umsetzung die eigentlich gute Idee nicht wieder durch Dilettantismus und Bürokratismus an die Wand fahren lässt.

(Beifall bei der FDP)

Konkret besorgt bin ich in der Frage, wie denn das Testangebot auszusehen hat, das Unternehmen ihren Mitarbeitern künftig machen sollen. Ich denke mit Schrecken an die Ausgabe der kostenlosen FFP2-Masken zurück.

Wenn man nun also ein Testangebot macht, dann muss man schon auch die Frage ehrlich beantworten, welches Ziel man verfolgt. Will man den Menschen auf sichere Art und Weise ein Stück ihrer Freiheit zurückgeben, oder will man schlicht mehr Tests als bisher? Wir haben immer gesagt, dass wir das Erstere wollen: mehr Freiheit in Sicherheit, weniger Eingriffe in unser aller Grundrechte und mehr Eigenverantwortung.

(Beifall bei der FDP)

Und die Bundesregierung? Sie redet von Öffnungsperspektiven und Stufen, meint aber die Verlängerung des Lockdowns. Der Kollege Theurer hat das eben eine Öffnungs-Fata-Morgana – sichtbar, aber unerreichbar – genannt. Aber ich glaube, dass selbst das noch beschönigend ist. Denn hinter einer Fata Morgana steckt ja zumindest ein echtes physikalisches Phänomen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Wir haben es hier eher mit einer gewollten optischen Täuschung zu tun, mit Show. Auch der Bundesregierung muss klar sein, dass es bei breit angelegten Schnelltests zu höheren Inzidenzen kommt. Man darf sich deshalb nicht an starre Inzidenzzahlen klammern, sondern muss – so haben wir es in unserem Sieben-Stufen-Plan gefordert – unter anderem auch die Testhäufigkeit berücksichtigen. Wir halten fest: Wieder gibt es keine glaubhafte Perspektive. Wieder vertun wir eine Chance.

(Beifall bei der FDP)

Was mich außerdem wirklich aufregt: Das hier sind die wichtigsten Debatten unserer Zeit. Die gehören hierher, nicht in irgendwelche Hinterzimmer. Statt sich hier zu erklären, –

Letzter Satz, bitte.

(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])

– hat die Große Koalition heute mit Unterstützung der AfD einen Corona-Unterausschuss im Gesundheitsausschuss installiert, ein neues Hinterzimmer eines Hinterzimmers. Werte Bundesregierung, schaffen Sie endlich Transparenz, entwickeln Sie ein Fünkchen Ehrgeiz, nutzen Sie die Chance, die die Tests bieten, und geben Sie den Menschen eine klare Perspektive!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Michael Theurer [FDP]: Starke Rede!)

Danke. – Die nächste Rednerin: für die CDU/CSU Bettina Wiesmann.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7505914
Wahlperiode 19
Sitzung 214
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Öffnungsperspektiven durch Teststrategie
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