03.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 214 / Tagesordnungspunkt 6

Lorenz BeutinDIE LINKE - Ökologische Kraftstoffstrategie

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Label der Technologieoffenheit will uns die FDP heute synthetische Kraftstoffe als die Lösung für den Pkw-Verkehr verkaufen. Aber wie so häufig kann man auch hier davon ausgehen, dass das Gegenteil von dem, was die FDP sagt, tatsächlich richtig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will das an zwei Punkten deutlich machen:

Erstens. Es wurde hier schon erwähnt: Synthetische Kraftstoffe werden am besten hergestellt, indem Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Dabei fällt eine sehr große Menge an Energie an.

(Zurufe der Abg. Oliver Grundmann [CDU/CSU] und Dr. Dirk Spaniel [AfD])

Es gibt aber noch einen zweiten Schritt. In diesem wird der synthetische Kraftstoff mithilfe von CO

Deswegen sagen wir ganz klar: Am besten wäre natürlich der direkte Einsatz von Strom – etwa bei der Bahn, bei Bussen, bei Straßenbahnen oder anderen Verkehrsmitteln – oder der Einsatz von E-Autos. Bei E-Autos haben wir immerhin einen Energieeinsatz von 73 Prozent, das heißt: 73 Prozent der Energie, die man ins E-Auto steckt, kommen da schließlich auch an.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schulze von der CDU/CSU-Fraktion?

Ja.

Schönen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gesagt: Wenn man Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufteilt, wird viel Energie frei. – Das ist falsch. Das ist eine endotherme Reaktion; ich benötige Energie, um Wasserstoff und Sauerstoff zu trennen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis und korrigieren es. – Danke.

Ich hab es doch eben gesagt: Man braucht einen Energieeinsatz, um Wasser aufzuspalten, so ist es.

(Oliver Grundmann [CDU/CSU]: Die ersten zwei Sätze waren vollkommen fehlerhaft!)

Erlauben Sie eine Wortmeldung des Kollegen von der FDP-Fraktion?

Ja, bitte.

Lieber Kollege, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Würden Sie mir zustimmen, dass wir im Moment weltweit circa 1,2 Milliarden Fahrzeuge haben, von denen der größte Teil einen Verbrennungsmotor hat? Wenn Sie wirklich für Klimaschutz eintreten – das haben Sie ja gerade gesagt; das glaube ich Ihnen auch – und wirkliche Klimaneutralität weltweit hinbekommen wollen, wie wollen Sie diese roundabout 1,2 Milliarden Fahrzeuge in Zukunft betreiben, wenn nicht mit E-Fuels?

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien in der Bundesrepublik ist zu beachten, dass Energie eine begrenzte Ressource ist. Das bedeutet, wir haben keine Chance, wenn wir erneuerbare Energien verschwenden. Aber weil ein so hoher Energieeinsatz notwendig ist, um synthetische Kraftstoffe herzustellen, würden bei ihrer Herstellung erneuerbare Energien tatsächlich verschwendet. Das wäre ein Problem; denn wir brauchen sie viel dringender in anderen Bereichen, beispielsweise zur Dekarbonisierung der Industrie, zur Ablösung der Kohlekraft, zur Ablösung der Atomkraft. Wir dürfen erneuerbare Energien nicht verschwenden, indem wir mit ihnen fahrlässig umgehen. Das ist der zentrale Punkt, den ich hier ausgeführt habe.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und womit fahren jetzt diese 1,2 Milliarden Autos?)

Das bedeutet: Wenn wir erneuerbare Energien für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe einsetzen, wobei 90 Prozent der eingesetzten Energie verloren geht, wird tatsächlich Energie verschwendet. Angesichts der Notwendigkeit, den Klimawandel zu stoppen und sparsam mit unseren Ressourcen, mit unseren Lebensgrundlagen umzugehen, ist das für den Pkw-Bereich eben der falsche Weg.

Ein zweiter Punkt. Die reinen Herstellungskosten von synthetischen Kraftstoffen liegen aktuell bei 4,50 Euro. Laut Prognosen werden sie bis 2030 vielleicht auf etwa 2 Euro sinken. Mit Steuern und Abgaben sind wir dann bei einem Preis von etwa 6 Euro an der Tankstelle. 6 Euro pro Liter an der Tankstelle kann sich tatsächlich niemand mit kleinem und mittlerem Einkommen leisten. Für jemanden, der mit dem Auto pendelt, der eine teure Miete zahlt oder der gerade dabei ist, sein Eigenheim abzubezahlen, sind 6 Euro pro Liter einfach unbezahlbar. Hier wird deutlich: Die FDP bedient nur die Klientel, die tatsächlich so reich ist, dass ihr die Treibstoffkosten schlicht egal sein können. Wir als Linke sagen: Klimaschutz geht nur sozial gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die FDP und andere argumentieren hier, der Verbrennungsmotor sei eine großartige deutsche Ingenieursleistung. Man kann Ihnen selbstverständlich nur zustimmen. Aber eine großartige Ingenieursleistung war beispielsweise auch die Rechenmaschine von Konrad Zuse.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotzdem wäre das heutzutage kein Argument, zu sagen: Wir müssen unbedingt die Rechenmaschine von Konrad Zuse nachbauen.

(Judith Skudelny [FDP]: Aber sie ist nie verboten worden, oder?)

Wir müssen mit unserer Energie effizient umgehen, das heißt, wir dürfen synthetische Kraftstoffe nur da einsetzen, wo sie tatsächlich gebraucht werden, beispielsweise bei der Dekarbonisierung des Flugverkehrs. Deshalb sagen wir: Klimaschutz geht nur sozial gerecht,

(Michael Theurer [FDP]: 1,10 Euro der Liter Diesel! 1,10 Euro der Liter Diesel!)

nicht mit Verschwendung erneuerbarer Energien.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7505967
Wahlperiode 19
Sitzung 214
Tagesordnungspunkt Ökologische Kraftstoffstrategie
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